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Zwei Apotheken, einen Mann und eine einjährige Tochter sowie den Deutschen Apotheken-Award in der Kategorie „Moderne Apotheke“ kann die Berlinerin Ina Lucas ihr Eigen nennen. Dazu engagiert sie sich noch im Apothekerverband. Wie sie den Spagat zwischen Beruf und Familie schafft und dazu noch eine der modernsten 365-Tage im Jahr geöffneten Apotheken führt, hat sie DAZ.online-Autor Volker Budinger verraten.
„Jeden Tag für Sie da!“, so steht es im Webauftritt der Berliner Lichtenberg Apotheke ganz oben. Ein Motto, das man wohl ebenso auf die Apotheke wie auch auf Ina Lucas, eine ihrer Besitzerinnen, anwenden kann. An 365 Tagen im Jahr ist die Apotheke im Bahnhof Lichtenberg geöffnet, auch an Feiertagen, und das meist zwölf Stunden am Tag – von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Lediglich sonntags sind es „nur“ sechs Stunden von 10 bis 16 Uhr. Das macht die Apotheke an sich eigentlich schon zu etwas Besonderem. Rund 85.000 Menschen strömen heute noch täglich durch den ehemals wichtigsten Fernbahnhof der ehemaligen DDR, der in der 3,5-Millionen-Stadt Berlin immer noch eine wichtige Rolle im Regionalverkehr spielt. „Da sind wir nicht nur Apotheke, sondern sehr oft auch erste Anlaufstation für alle möglichen kleinen und größeren Notfälle“, erzählt Lucas aus dem Apotheken-Alltag. Dass nahe ihrer Offizin auch etwa ein Defibrillator hängt, sei dabei ohnehin klar.
Um es noch etwas „besonderer“ zu machen: „Wir sind eine der wenigen Apotheken in Deutschland, die als OHG (Offene Handelsgesellschaft) betrieben wird“, erklärt Lucas. Sie und ihre Mitgesellschafterin, die Apothekerin Maria Zoschke, tragen die Lichtenberg Apotheke und seit Februar dieses Jahres auch die Kaufpark Apotheke im 12.000-Einwohner-Ort Ahrensfelde vor den Grenzen der Hauptstadt im Nachbar-Bundesland Brandenburg. Dabei teile man sich ein wenig die Fachkompetenzen, sagt sie. Sie habe mehr ein Faible für den pharmazeutischen Teil des Berufs und den direkten Kontakt zum Patienten, während Zoschke auch sehr gerne den betriebswirtschaftlichen Teil mit seinen Zahlen und der Schreibtischarbeit bearbeite, sagt sie. „Insofern ergänzen wir uns da sehr gut“, sagt Lucas.
Ein modernes Verständnis von Apotheke
Außerdem ist die Lichtenberg-Apotheke verbrieft eine der modernsten Apotheken Deutschlands. Im Jahr 2015 gewannen Lucas und Zoschke mit ihrem Projekt „Ein neues Verständnis von Apotheke“ den Deutschen Apotheken-Award in der Kategorie „Moderne Apotheke“. „Wir haben auch ein sehr modernes Verständnis von Apotheke“, sagt Lucas. Das bezieht sie aber dabei nicht nur auf den hohen Grad an Technisierung in und hinter der Offizin, wo sie alles befürwortet, was für die Abläufe in der Apotheke nützlich sei. „Das gilt zum Beispiel auch für die Art, wie wir unser Personal führen“, sagt die 34 Jahre alte promovierte Apothekerin.
Teambesprechungen, Schulungen und Fortbildungen sind fester Bestandteil des Arbeitsalltags der neun Mitarbeiter in der Lichtenberg Apotheke. Dabei hat von den Inhaberinnen über die angestellten Apotheker bis hin zur Auszubildenden jeder seine besonderen Fachgebiete, in denen den Kunden Expertenwissen angeboten werden kann. „Für mich gehört auch dazu, immer für meine Mitarbeiter ansprechbar zu sein – und selbst Feedback von ihnen zu bekommen“, sagt Lucas – und dabei muss sie sich neben den zwei Apotheken mit ihren Mitarbeitern und Kunden auch noch um ihre Familie kümmern. Seit etwas über einem Jahr ist die 34-Jährige Mutter einer kleinen Tochter. „Zusätzlich mit der neuen Kaufpark-Apotheke war es dann nicht immer ganz leicht, Baby und Baustelle unter einen Hut zu bekommen“, sagt sie. „Meine Geschäftspartnerin, mein Mann und meine Mitarbeiter haben mir dann sehr geholfen, das abzufedern“, erzählt sie.
Mit Fachwissen etwas bewirken
Mit ihrem Ehemann, ebenfalls Apotheker, teilte sie sich die Elternzeit. Jetzt nach deren Ablauf teilt sie sich weiter die Zeit für Kind und Apotheke mit ihrem Mann, der inzwischen aus seiner vorherigen Anstellung in die Apotheken von Lucas und Zoschke gewechselt ist. „Es ist in Berlin leider nicht so leicht, einen Kindergartenplatz oder eine Tagesmutter zu bekommen“, sagt Lucas. Die Zeit zu überbrücken, bis ihre Tochter im Kindergarten sei, sei nun noch ein gewisser Spagat, sagt sie.
Dabei ist das „Füreinander da sein“ etwas, das Lucas in ihrem Leben sehr wichtig ist – für ihre Familie, ihre Mitarbeiter, ihre Patienten, Kollegen und wohl überhaupt für ihre Mitmenschen. „Vielleicht habe ich einen kleinen Helferkomplex. Mein Mann sagt das zumindest oft“, sagt sie lachend. Aber sie habe ein gutes Gespür dafür, wann ihre Hilfe gebraucht würde und wann man sie wohl eher versuche auszunutzen. Der Kontakt aber zu den Menschen, und mit ihrem Wissen auch etwas bewirken zu können, war dann mit ein Grund, warum sie nach ihrer Promotion der Forschung nach vier Jahren in der Pharmazeutischen Biologie den Rücken gekehrt hat und seit dem Jahr 2014 selbstständige Apothekerin mit Leib und Seele ist.
Dass sie sich für die Pharmazie ursprünglich begeistert habe, hatte allerdings mehr mit der Faszination für Heilmittel zu tun. „Ich habe als Kind stark unter Neurodermitis gelitten. Als meine Hautärztin mir dann schließlich eine Salbe verschrieb, die auch wirklich half, gab es die Faszination dafür, was Arzneimittel bewirken können“, sagt sie. So sei sie zunächst nach Ende des Studiums 2008 in die Forschung gegangen.
Apotheker sind keine Schubladenzieher
Im Labor aber, wo sie an Resveratrol, dem „Wundermittel aus dem Rotwein“ geforscht hat, habe ihr der Kontakt mit den Menschen einfach gefehlt, sagt sie. In der Apotheke könne sie nun mit ihrem Wissen den Menschen helfen, etwa das richtige Medikament zu bekommen. „Natürlich ohne Diagnosen zu stellen. Aber mit jedem Patienten, der hereinkommt, muss man sich ja im Grunde auf ein ganz neues Problem einstellen und eine Lösung finden“, sagt sie. Der Mensch-zu-Mensch-Kontakt sei dabei gut und wichtig – weshalb an der Stelle in ihrer Offizin die Technik auch ein Stück in den Hintergrund rückt. „Da gibt es keinen Touchscreen zum Selberdurchklicken am HV-Tresen. An der Stelle ist die Beratung durch die Fachleute wichtiger“, sagt Lucas.
„Wir sind ja keine Schubladenzieher“, erklärt sie ihre Berufsauffassung. Man müsse vielmehr auf jeden Menschen eingehen, ihn ernst nehmen und helfen, seine Probleme etwa durch die richtigen Medikamente zu lösen. Dieses besondere Mensch-zu-Mensch-Vertrauensverhältnis sei auch das, was die Vor-Ort-Apotheke von Online-Apotheken unterscheide. Dass sie sich auch für ihren Stand im Apotheker-Verband Berlin engagiert, klingt dabei durch. „Ich versuche, in der Zeit, die mir noch so als Freizeit bleibt, mich in der Standespolitik zu engagieren“, sagt sie. Derzeit zwar schon zeitbedingt ohne ein Amt, aber sie unterstützt ihre Partnerin, die auch Delegierte im Verband ist. „Und ich arbeite an der Homepage des Verbandes mit“, sagt Lucas.
Dankbar für ein gutes Netzwerk
Alleine, sagt sie, wäre das alles wohl nicht zu schaffen, und ist dankbar für das Netzwerk aus Partnerin, Familie und Mitarbeitern. „Ich sage ja manchmal, ich bin eigentlich mindestens zweimal verheiratet. Mit meinem Mann und mit meiner Geschäftspartnerin“, sagt sie lachend. Und auch wenn es nicht ganz leicht sei, immer Beruf, Familie und politisches Engagement unter einen Hut zu bekommen – und auch manchmal ein Bereich etwas zu kurz komme, sagt sie: „Ich würde alles genau so wieder machen“.
Dieser Artikel ist ursprünglich erschienen am 3. Mai 2017.
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von Heiko Barz am 03.05.2017 um 17:22 Uhr
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