England

Wie ein Apotheker den Terror-Opfern von Manchester half

Berlin - 29.05.2017, 10:05 Uhr

Bis um 4 Uhr morgens half Apotheker Khalid Ahmed aus Manchester den Opfern des Terror-Attentats in der Manchester Arena. Gegenüber DAZ.online berichtet Ahmed von seinen Erlebnissen. (Foto: dpa)

Bis um 4 Uhr morgens half Apotheker Khalid Ahmed aus Manchester den Opfern des Terror-Attentats in der Manchester Arena. Gegenüber DAZ.online berichtet Ahmed von seinen Erlebnissen. (Foto: dpa)


Am vergangenen Montag sind im nordenglischen Manchester 22 Menschen bei einer Terror-Attacke ums Leben gekommen. Ein Selbstmordattentäter hatte sich im Vorraum einer großen Konzerthalle in die Luft gesprengt. Als er von dem Anschlag hörte, raste der Apotheker Khalid Ahmed mit seinem Auto zur „Manchester Arena“, um den Verletzten zu helfen.

Khalid Ahmed ist ein in England geborener Pakistani. Er hat in England Pharmazie studiert und sein Studium 2002 erfolgreich als Apotheker abgeschlossen. In seinen ersten Berufsjahren arbeitete er hauptsächlich als Pharmazeut in mehreren Supermarkt-Apotheken. 2015 machte er sich dann mit ein paar Freunden selbstständig und gründete die Versandapotheke „YouUKPharmacy“. Ahmed ist dort leitender Apotheker. Ehrenamtlich ist er außerdem Präsident der Pakistan-stämmigen Apotheker in Großbritannien.

(Foto: privat)

Den Abend des 22. Mai verbrachte Khalid Ahmed mit seiner Familie in seiner Wohnung im südlichen Manchester. „Meine Tochter geht in die Grundschule. Sie wollte eigentlich auch zu dem Pop-Konzert von Ariana Grande gehen. Weil es mitten in der Woche war, entschieden wir uns aber dagegen“, erklärt der Pharmazeut gegenüber DAZ.online. Gegen 23 Uhr bekam Ahmed mit, was nur etwa 7 Kilometer von ihm entfernt in der Manchester Arena passiert war. Ein Selbstmordattentäter hatte sich mittels einer selbst konstruierten Nagelbombe in die Luft gejagt. Inzwischen ist klar: 22 Menschen ließen im Vorraum der Konzerthalle ihr Leben, darunter viele Kinder. Hinzu kommen fast 60 verletzte Menschen.

Apotheker Khalid Ahmed fühlte sich sofort zum Handeln aufgefordert. „Apotheker sein heißt für mich, nicht nur während der Bürozeiten anderen Menschen zu helfen“, erklärt Ahmed. Schnell durchstöberte er seinen Hausvorrat an Schmerzmitteln und Bandagen und raste los. An der Arena angekommen, wollten ihn die Sicherheitskräfte nicht hinter die Absperrungslinien lassen. „Mir war klar, dass ich das Gebäude nicht betreten konnte. Es handelte sich ja schließlich um einen Tatort.“

„Wir Mancunians halten zusammen“

Trotzdem blieb der Apotheker vor Ort und begann, die zahlreichen Teenager in Empfang zu nehmen, die aus der Halle strömten. „Ich stellte mich einfach vor die Halle und versuchte, die Menschen zu beruhigen. Kindern ohne Eltern brachte ich zu den anwesenden Polizisten.“ Seine mitgebrachten Schmerzmittel war er schnell los. „Ich hatte einiges an Paracetamol und Ibuprofen eingesteckt. Es waren viele Menschen vor Ort, die entweder Kopfschmerzen hatten oder sich beim Flüchten aus der Halle gestoßen hatten oder umgeknickt waren.“

Einem Mädchen rettete Ahmed vielleicht sogar das Leben. „Das Mädchen stürmte aus dem Gebäude und war völlig in Panik. Sie bekam keine Luft und teilte mir mit, dass sie Asthmatikerin sei und nicht wisse, wo ihr Inhalator sei. Ich rannte mit ihr zu meinem Auto und fuhr zur nächsten Notdienstapotheke, dort wurde ihr geholfen.“

Insgesamt spricht Ahmed von „chaotischen Zuständen“ vor der Halle. „Die Menschen kreischten, rannten in alle Himmelsrichtungen und standen unter Schock.“ Bis kurz vor vier blieb Ahmed an der Halle, um Menschen zu unterstützen. Dass seine Stadt Manchester eine gefährliche Stadt sei, in der Terroristen wohnten, davon will Ahmed nichts wissen. „Schauen Sie sich die Reaktion der Mancunians in diesen Tagen an: Wir stehen alle zusammen und zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen werden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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