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Reaktion auf Niedrigzinsen
Versorgungswerk in Westfalen-Lippe passt das Leistungsrecht an
Mit drei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen wurden am gestrigen Mittwoch bei der Vertreterversammlung des Versorgungswerkes der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (VAWL) Satzungsänderungen beschlossen. Mit einer Modifizierung des Leistungsrechts reagiert nun auch das VAWL auf die dauerhaft niedrigen Zinsen und die schwierige Situation an den Kapitalmärkten.
Das am gestrigen Mittwoch beschlossene Maßnahmenpaket des Versorgungswerkes der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (VAWL) setzt sowohl auf der Aktivseite als auch auf der Passivseite an. So wolle man mit einer offensiveren, chancenorientierten Strategie in der Kapitalanlage die Fähigkeit erhalten, Rücklagen zu bilden und weiter aufzubauen, heißt es seitens des VAWL. Und dabei aber gleichzeitig in der Kapitalanlage, unter Beachtung der Risiken, die Renditechancen erhöhen.
Dabei werde die offensivere Anlagestrategie des VAWL mit einem stärkeren Fokus auf Sachwerte fortgesetzt und von der nötigen Risikovorsorge flankiert. „Im Wesentlichen geht es um eine sukzessive Umschichtung von zinstragenden Anlagen hin zu Sachwerten wie Aktien, Immobilien, Infrastruktur und Private Equity“, erläutert der Vorstandsvorsitzende Dr. Mathias Flume. Denn das VAWL erzielt, wie andere Versorgungswerke auch, derzeit noch große Teile seiner Rendite aus festverzinsten Wertpapieren, die aber sukzessive auslaufen: Eine Neuanlage wäre nur zu deutlich schlechteren Bedingungen möglich.
Rechnungszins wird abgesenkt
Wesentlicher Bestandteil des von der Vertreterversammlung beschlossenen Maßnahmenpaketes sei auf der Passivseite die Verlässlichkeit der vom VAWL zugesagten Versorgungsleistungen, heißt es weiter. „Wir vermeiden Eingriffe in bereits laufende Rentenleistungen ebenso wie wir einen weitgehenden Vertrauensschutz für Anwartschaften aus Beiträgen bis zum 31. Dezember 2017 gewährleisten“, so der Vorstandsvorsitzende des VAWL. Dieser Vertrauensschutz wirke umso stärker, je rentennäher das einzelne Mitglied ist.
Soweit es Anwartschaften (Grundversorgung und zusätzliche Höherversicherung) betrifft, die aus Beitragszahlungen bis zum 31. Dezember 2013 erworben wurden, ist in den Leistungstabellen eine Verzinsung von jährlich vier Prozent einkalkuliert worden. Mit der vorgelegten Satzungsänderung wird diese Hürde dauerhaft auf 3,5 Prozent gesenkt. Der Rechnungszins für Anwartschaften, die in den Jahren 2014 bis 2017 erworben worden sind beziehungsweise noch werden, wird von 3 Prozent auf 2,75 Prozent gesenkt. Um diese Maßnahmen einmalig zu finanzieren, werden unter anderem Generationen- und Renditefaktoren eingeführt, Teile der Zinsschwankungsreserve aufgelöst sowie das Element des zukünftigen Neuzugangs genutzt.
Konkretes Beispiel für ein heute 50-jähriges Mitglied
Für alle Beiträge ab dem Jahr 2018 gilt ein Rechnungszins in Höhe von 2,75 Prozent. Darüber hinaus wird eine jährliche Entlastung durch die Einführung von Elementen aus dem offenen Deckungsplanverfahren erzielt. Im Ergebnis gilt somit: „Für die Rentner ändert sich nichts, für alle anderen Mitglieder gilt die Faustformel: Je näher sie vor dem Renteneintritt stehen, desto geringer sind die Auswirkungen. Die ‚rentenferneren Jahrgänge‘ hätten noch ausreichend Zeit, um gegenzusteuern, beispielsweise durch Einzahlungen in eine freiwillige Höherversicherung im Versorgungswerk“, erklärt Flume den Ansatz. Gleichwohl bliebe das Niveau im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung attraktiv. Ein Punkt, auf den man laut VAWL großen Wert legt.
Ein konkretes Beispiel: Für ein heute 50-jähriges Mitglied, das mit 25 Jahren ins Versorgungswerk eingetreten ist und 50 Prozent des GRV-Höchstbeitrags geleistet hat, ergeben sich folgende Auswirkungen: Die Altersrente mit 67 Jahren würde sich um 12,4 Prozent verringern, sollte es keinerlei Dynamisierungen geben. Sie liegt immer noch deutlich über der gesetzlichen Rente. Bei einer Dynamisierung um 0,9 Prozent pro Jahr halbiert sich die „Rentenkürzung“. Bei einer jährlichen Dynamisierung von 1,4 Prozent ergibt sich eine „Rentenlücke“ von fünf Prozent. Nach Ansicht der Verantwortlichen der VAWL sind das angesichts der radikalen Veränderungen auf dem Kapitalmarkt vergleichsweise milde und schonende Eingriffe. Nach längerer Diskussion stimmten die Delegierten mit drei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen dem Maßnahmenpaket schließlich zu.
So reagieren andere Versorgunsgwerke
Auch andere Versorgungswerke haben bereits auf das schwierige Umfeld reagiert. So hat das Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein (VANR) auf einer Sonder-Delegiertenversammlung im März beschlossen, das bisherige geschlossene Kapitaldeckungsverfahren in ein modifiziertes offenes Deckungsplanverfahren zu überführen. Beim Versorgungswerk der Apothekerkammer Hessen hingegen will man vorerst nicht aktiv werden. Man werde alle Optionen, mit den Niedrigzinsen umzugehen, prüfen und frühestens 2018/2019 handeln. 2017 werde es definitiv keinen Beschluss geben. Das erklärte der Vorsitzende des Leitenden Ausschusses, Dr. Reinhard Hoferichter, auf der Delegiertenversammlung im März.
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