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Interview apoBank-Chef Ulrich Sommer
„Apotheker müssen kreative und zukunftsfähige Ideen vorlegen“
Die apoBank hat seit der vergangenen Woche einen neuen Chef. Ulrich Sommer übernahm das Amt des Vorstandsvorsitzenden von Herbert Pfennig. Zur Amtseinführung sprach DAZ.online mit Sommer darüber, was die Bank von Nachwuchsapothekern erwartet, in welche Apothekenkonzepte die apoBank investiert und warum das Institut kürzlich mit einer Umfrage den Apothekenmarkt in Unruhe versetzte.
Ulrich Sommer ist seit Anfang September neuer Chef der apoBank. Der Manager gehört dem Unternehmen bereits seit 1986 an. In den 1990er-Jahren wechselte Sommer kurzzeitig zur IKB, um dann nur ein Jahr später wieder zur apoBank zurückzukehren. Mit den Eigenheiten des Apothekenmarktes kennt Sommer sich bestens aus: Seit Dezember 2010 leitete er die Ressorts Standesorganisationen, Großkunden und Märkte.
Zuletzt hatte die Bank mit einer Umfrage für Ärger bei den Apothekern gesorgt. Die apoBank hatte Jungapotheker nach deren Meinung zur Zukunft ihres Berufes befragt. Ein Großteil hatte beispielsweise das Modell der inhabergeführten Apotheke vor Ort infrage gestellt. In einem Interview mit DAZ.online hatte sich daraufhin auch Max Willie Georgie, Präsident des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden, zu Wort gemeldet und der apoBank-Umfrage widersprochen.
DAZ.online: Doppelten Glückwunsch, Herr Sommer! Einerseits zum neuen Posten und andererseits zu den Halbjahreszahlen. Gesteigerte Kundenzahlen, mehr Genossenschaftsmitglieder und mehr vergebene Kredite – und das alles im Zinstief. Woher kommt der Erfolg?
Sommer: Danke! Der Anstieg bei den Provisionen und die gesteigerten Neukundenzahlen sind sehr erfreulich. Insbesondere als Ausgleich für die niedrigmargige Baufinanzierung sind Existenzgründungen und damit verbundene Kreditvergaben an Apotheker und Ärzte für uns sehr wichtig.
DAZ.online: Wie lange hält der Bankenmarkt die Niedrigzins-Phase Ihrer Meinung nach noch aus?
Sommer: Das betrifft ja insbesondere die Baufinanzierung. Auch wir merken, dass die Zinsen derzeit der Bautreiber Nummer eins sind. Was die Zinsen betrifft, verweise ich gerne an EZB-Chef Mario Draghi, der schon mehrfach gesagt hat, dass der Niedrigzins in Deutschland eigentlich gar nicht nötig wäre. Aber wir brauchen ihn eben, damit in anderen, schwächeren Ländern wie Griechenland, Spanien oder Italien gebaut und gekauft wird. Bislang ist auch wenigen bekannt, dass die EZB maximal 30 Prozent der Staatsanleihen eines EU-Staates kaufen darf. In Italien und Griechenland ist diese Grenze jetzt schon fast überschritten, über die Staatsanleihen sind dort keine Impulse mehr möglich. Es bleibt also der Zins als letzte Impulsmöglichkeit. Deswegen gehen wir davon aus, dass das Niveau sich noch einige Jahre halten wird.
DAZ.online: Bauen Apotheker und Ärzte denn so viel? Oder finanzieren Sie auch die Mitglieder anderer Berufsgruppen?
Sommer: Laut unserer Satzung ist es unser Auftrag, Ärzte, Zahnärzte und Apotheker zu unterstützen. Das ist unser Kerngeschäft, darin kennen wir uns aus. Natürlich gibt es auch andere Heilberufsgruppen, die wir unterstützen, Psychotherapeuten beispielsweise.
Sommer: Wir wissen mehr über den Apothekenmarkt als andere Banken
DAZ.online: Was macht denn die apoBank für einen jungen Apotheker, der eine Apotheke eröffnen möchte, aus Ihrer Sicht attraktiv?
Sommer: Natürlich liegt das einerseits an unserem Namen und der Historie der apoBank. Wir können auf einen Erfahrungsfundus von 115 Jahren mit Heilberuflern zurückgreifen – das hebt uns ab von allen anderen Konkurrenten. Durch diese Erfahrung können wir auch praktisch viel besser beurteilen, was Apotheker und Ärzte beachten müssen. Durch unseren Kundenstamm wissen wir beispielsweise sehr genau, wie sich die Einnahmen- und Ausgabenstrukturen für Apotheken in den einzelnen Bundesländern unterscheiden, können den Jungapothekern daher Tipps und Hinweise geben, welche Investitionen und Erträge wahrscheinlich sind. Hinzu kommt auch die lokale Marktkenntnis, über die nur wir verfügen, also beispielsweise die Frage, welche Umsatzstrukturen und -höhe in verschiedenen Regionen anzutreffen sind. Wenn man 50 Prozent des Apothekenmarktes bedient, hat man Signifikanz. Wir sind signifikant.
„Wir wollen den Apotheker durch mehrere Lebensphasen begleiten“
DAZ.online: Und wie stellen Sie den Kontakt zu Jungapothekern her?
Sommer: Das beginnt schon weit vor der eigentlichen Existenzgründung, eigentlich noch während des Studiums. Wir haben Büros an vielen Pharmazie-Unis, laden die angehenden Pharmazeuten zu Gesprächen ein. Wir bieten ihnen ein Studentenpaket an, u.a. mit einer Giro-Karte, mit der sie weltweit kostenfrei Bargeld abheben können. Wir bieten den Pharmaziestudierenden Apps an, mit denen sie für Prüfungen lernen können. Kurz gesagt, wir wollen den Apotheker durch mehrere Lebensphasen begleiten – vom Studium, über die Existenzgründung bis hin zur erfolgreichen Leitung einer Apotheke.
DAZ.online: Das hört sich sehr altruistisch an. Sie leiten eine Bank, Sie wollen Geld verdienen.
Sommer: Ja, aber wir sind nicht wie andere Banken nur auf Gewinnmaximierung aus. Wir sind eine Standesbank, eine Genossenschaftsbank und somit unseren Mitgliedern verpflichtet.
DAZ.online: Heißt das auch, dass Sie jeden Existenzgründungs-Antrag von Apothekern annehmen?
Sommer: Nein, aber wir gehen bei der Bewertung anders vor als unsere Mitbewerber. Im Gegensatz zu anderen Banken schauen wir eben nicht nur auf Sicherheiten bei der Kreditvergabe. Wir schauen uns in erster Linie den Cashflow an und fragen uns: Hat der Apotheker ein gutes Unternehmenskonzept, kann das eine erfolgreiche Apotheke werden? Deswegen muss ich mich vor den Verbands- oder Kammerchefs der Apotheker auch häufiger dafür erklären, dass wir einen Antrag abgelehnt haben, obwohl es gute Sicherheiten gab.
„Dass junge Apotheker in die Industrie wollen, ist verständlich“
DAZ.online: Sie haben ja sicherlich die Diskussionen um das wettbewerbsökonomische Gutachten vom DAV und der Noweda mitbekommen. Können Sie denn bestätigen, dass es viele Apotheken gibt, die so wenig verdienen?
Sommer: Auch ich kenne Apotheker, die im Jahr mit unter 50.000 Euro nach Hause gehen. Und da ist ja noch nicht einmal der Aufwand für die Altersvorsorge eingerechnet. Im Grunde ist das nichts anderes als Selbstausbeutung. Oft sind das dann auch Apotheken, bei denen größere Investitionen nötig wären, die dann aber nicht getätigt werden. Und natürlich ist das auch ein Grund für die abnehmende Apothekenzahl. Weil gerade solche Apotheken natürlich nicht übernommen werden.
DAZ.online: Welche Rolle spielen denn Nachwuchsprobleme mit Blick auf die Apothekenzahl aus Ihrer Sicht?
Sommer: Eine große. Es ist doch verständlich, wenn insbesondere junge Apothekerinnen erkennen: ‚In der Industrie gibt es eine gute, stabile Vergütung und vernünftige Urlaubszeiten.‘ Uns ist es aber wichtig, diesen Apothekern zu zeigen, dass auch die Apotheke vor Ort ein ordentliches Einkommen realisieren kann. Und was Urlaub und Arbeitszeiten betrifft, müssen viele Nachwuchsapotheker verstehen, dass ein Unternehmer hierüber flexibel entscheiden kann. Es ist seine oder ihre eigene Entscheidung, zum Beispiel mit kleinen Kindern beruflich vorübergehend mal etwas kürzer zu treten.
Die apoBank schaut sich insbesondere Unternehmenskonzepte an
DAZ.online: Was ist denn für Sie ein gutes Unternehmenskonzept?
Sommer: Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab, insbesondere vom individuellen Standort und den dortigen Marktgegebenheiten. Wenn man sich manche Apotheken anschaut, dann weiß man schon beim Vorbeigehen, warum dort kein Geld verdient wird. Es geht also auch um das Marketingkonzept einer Apotheke. Aber auch durch spezifische Gesundheitsangebote müssen Apotheker sich voneinander abheben. Es gilt, kreative, gute und zukunftsfähige Ideen vorlegen, die zeigen, dass ihre Apotheke eine besondere werden kann.
DAZ.online: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Sommer: Apotheker sollten zeigen, dass sie in der digitalen Welt angekommen sind und beispielsweise Konzepte vorlegen, wie sie Menschen mit besonders vielen körperlichen Einschränkungen oder mit Demenz besser versorgen können. Eine andere Idee wäre es beispielsweise, digitale Möglichkeiten zu entwickeln, die dabei helfen, die Compliance von Patienten im Auge zu behalten. Grundsätzlich sollten die Apotheker aktiv ihre unternehmerischen Chancen identifizieren und innovativ in die Zukunft blicken.
DAZ.online: Wollten Sie genau das auch mit ihrer Umfrage zur Zukunft des Apothekerberufes aussagen?
Sommer: Für diese Umfrage wurden wir von den Apothekern heftig kritisiert. Es ist mir aber wichtig festzustellen, dass wir diese Aussagen nicht selbst getroffen haben, sondern dass sie von den jungen, kurativ tätigen Apothekern selbst gekommen sind. Wir haben den Apothekern gewissermaßen einen Spiegel vorgehalten und wollten sie auch ein Stück weit aufwecken mit der Umfrage. Wir glauben nicht, dass die Apotheke stirbt, auch nicht wegen der Versandhandelsdebatte.
DAZ.online: Sie meinen, wenn die Apotheker genügend innovative Leistungen und Modelle entwickeln, werden sie die Konkurrenz mit dem Versandhandel unbeschadet überleben?
Sommer: Auch hier kommt es wieder auf das Gedankengut an. Natürlich wird der Versandhandel immer eine Rolle spielen und wenn die Apotheker ein tolles neues Konzept entwickeln, wird es der Versandhandel ein paar Jahre später kopiert haben. Den Apothekern geht es ähnlich wie den Bankern mit den FinTechs. Es hilft nicht zu jammern, vielmehr müssen wir anfangen, neue Konzepte zu entwickeln.
2 Kommentare
Kreditvergabe
von Peter Bauer am 06.09.2017 um 8:43 Uhr
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AW: Kreditvergabe durch APOBANK
von Dr. Schweikert-Wehner am 06.09.2017 um 11:41 Uhr
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