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Nach Bundestagswahl
Pharmaverbände fordern Fokus auf Gesundheitsthemen
Nachdem viele wichtige Gesundheitsfragen im Wahlkampf untergegangen sind, fordern die größten deutschen Pharmaverbände nun, dass die Qualität der Gesundheitsversorgung bald wieder diskutiert wird – auch als Beitrag zum inneren Frieden, wie der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen erklärt. Während VW-Chef Matthias Müller den Einzug der AfD in den Bundestag scharf kritisiert, ist dies für die Pharmaverbände kein Thema.
Am Tag nach der Bundestagswahl, die die politische Landschaft in Deutschland einschneidend verändert hat, wollen die deutschen Pharmaverbände Gesundheitsfragen wieder auf den Tisch bringen. „Im Wahlkampf hat die Gesundheitspolitik keine große Rolle gespielt“, erklärt Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa), auf Nachfrage. Im Leben der Menschen sei sie aber unverzichtbar. „Und die Qualität der Gesundheitsversorgung ist auch ein Beitrag zum inneren Frieden“, betont Fischer.
Nachdem der Bundestag in der letzten Legislaturperiode mehr als zwei Dutzend Gesetze hierzu verabschiedet hat, würden es in den kommenden vier Jahren wohl kaum weniger, erklärt die vfa-Geschäftsführerin. „Ein Gesundheitssystem mit vielen Akteuren braucht eine starke Politik, die Gesundheitsziele vorgibt und die Umsetzung mit allen gemeinsam organisiert“, sagt Fischer – und kritisiert die Selbstverwaltung: „Es darf nicht mehr allein darum gehen, ob man sich einigen kann oder nicht“, erklärt sie. Die Politik müsse ihre Regelungskompetenz zurückgewinnen – und moderierte Prozesse sollten helfen, „alle vorhandenen Potenziale“ auszuschöpfen. „Insbesondere die Krankenkassen haben in den vergangenen Jahren immer mehr Macht erhalten“, sagt Fischer. „Damit muss endlich Schluss sein, damit nicht zu Lasten der Patienten an medizinischen Innovationen gespart wird.“
„Wir halten es für dringend notwendig, dass sich – trotz schwieriger Bedingungen – zügig eine neue Bundesregierung konstituiert und die Arzneimittelversorgung endlich zukunftsfähig macht“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hermann Kortland, gegenüber DAZ.online. Dies gelte beispielsweise in Bezug auf die Berücksichtigung patientenrelevanter Weiterentwicklungen von Arzneimitteln im Festbetragssystem. „Zudem sollte die neue Regierung die Selbstmedikation als wichtige Säule der Gesundheitsversorgung weiter stärken“, betont er. Dazu gehöre es auch, „endlich Gas zu geben bei der Digitalisierung“. Er wiederholt den BAH-Vorschlag, ein Bundesministerium für Digitales zu schaffen. „Das Thema ist zu wichtig, um weiter auf die lange Bank geschoben zu werden.“
BPI fordert angemessene Vergütung – AfD bleibt unerwähnt
„Auch wenn nach dem Wahlergebnis schwierige Koalitionsverhandlungen zu erwarten sind, gilt es, zügig eine stabile Regierung zu bilden, die sich den gravierenden gesundheitspolitischen Fragestellungen widmet“, erklärt Martin Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Die neue Regierung dürfe die Herausforderungen der Arzneimittelversorgung nicht unterschätzen: „Die Sicherstellung einer verlässlichen und hochwertigen Arzneimittelversorgung ist auch in Zukunft kein Selbstläufer“, sagt Zentgraf.
Der „enorme Kostendruck“, den Instrumente wie Festbeträge, Rabattverträge und Preismoratorien ausübten, würde die internationale Konsolidierung auf dem Pharmamarkt noch verstärken – und erzeuge Lieferprobleme. „Hier muss nachgesteuert werden, um auch in Zukunft eine verlässliche Arzneimittelversorgung sicherzustellen“, betont Zentgraf. Insbesondere bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen träten zunehmend Verfügbarkeitslücken ein. „Akut muss die neue Regierung dafür Sorge tragen, dass als Mischpreise verhandelte Erstattungspreise über alle Subgruppen hinweg als wirtschaftlich gelten“, sagt der BPI-Vorstand. „Und sie muss ihr politisches Versprechen bei den Patienten einlösen, ihnen Arzneimittelinnovationen schnell zur Verfügung zu stellen. Hierzu bräuchten Pharmafirmen eine „angemessene Vergütung“.
BPI erinnert an die Kassenreserven
In Hinblick auf die Kassenreserven erklärt der BPI, die Große Koalition habe ein finanzielles Polster für notwendige Reformen hinterlassen. „Für die gesamte ambulante Arzneimittelversorgung liegt der Anteil der pharmazeutischen Industrie an den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung seit Jahrzehnten konstant bei unter zehn Prozent und das mit rückläufiger Tendenz“, erklärt Zentgraf – dies müsse sich nun ändern.
Das Erstarken der AfD und der erstmalige Einzug einer nationalistischen Fraktion in den Deutschen Bundestag erwähnten die Pharmaverbände in ihren Stellungnahmen nicht. Deutlich Position bezog am Montag hingegen der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Matthias Müller, der die Partei rechtsextrem und ausländerfeindlich nannte. Das Wahlergebnis der Protestpartei sei „schockierend“, betonte Müller.
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