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Marktanalyse
Kosmetik in Apotheken läuft nicht wie geschmiert
Warum kaufen die Kunden ihre Kosmetika häufiger bei Parfümerien und Drogerien? Welche Rolle spielen die Preise beim Kaufverhalten? Und welchen Ruf hat die Apothekenkosmetik? Diesen und weiteren Fragen haben sich der Kosmetika-Hersteller Nuxe und die Hochschule Pforzheim gewidmet und nun eine umfassende Studie zum Kosmetikmarkt vorgelegt.
Drogerien und Parfümerien – hier kaufen Kunden hauptsächlich ihre Kosmetik. Apotheken rangieren auf Platz drei. Immerhin, doch es könnte besser sein. Aber warum bevorzugen die Kunden Drogerien und Parfümerien vor der Apothekenkosmetik? Diese Frage hat sich Nuxe gestellt. Das französische Kosmetik-Unternehmen ist in seiner Heimat bereits sehr etabliert. In Deutschland sieht Nuxe ein riesiges – allerdings brachliegendes – Potenzial. Doch wie nutzen?
Marktforschungsdaten zum Kosmetikmarkt gibt es bislang wenige. Klar ist auch: Apotheken brauchen beim Know-how zu diesem Markt wohl Hilfestellung, schließlich „kämpfen“ sie jeweils allein gegen Kosmetik-Riesen wie Douglas oder Discount-Drogerien. Was erschwerend hinzukommt? Apotheker haben ursprünglich etwas anderes gelernt.
Marktforschungsstudie zu Apothekenkosmetik
Gemeinsam mit der Hochschule Pforzheim (HS Pforzheim) ist Nuxe dem Kosmetikphänomen in Apotheken auf den Grund gegangen. Produktunabhängig haben Studenten der HS Pforzheim das Kaufverhalten von Apothekenkunden analysiert und hinterfragt, warum Apotheken für viele Kunden wohl nicht die erste Anlaufstelle bei den Pflegeprodukten sind. Die Hochschule Pforzheim bildet als einzige Hochschule Marktforscher aus. Insgesamt hat die Hochschule 215 Interviews geführt, sechs kosmetikstarke Apotheken in Baden-Württemberg beteiligten sich. Die befragten Kunden waren ausschließlich weiblich ab einem Alter von 20 Jahren.
Wo kaufen die Deutschen ihre Kosmetik?
Apotheken haben im Kosmetiksegment tatsächlich nur einen überschaubaren Markanteil von 11 Prozent. Den Löwenanteil der Kosmetikkunden greifen Drogerien und Parfümerien ab; sie teilen das Gros des Kosmetikmarktes unter sich auf. 90 Prozent der befragten Kunden kaufen ihre Kosmetik in der Drogerie und nur 33 Prozent in Apotheken. Kaufen Kunden ihre Kosmetik nicht in Apotheken, weil sie ihnen dort zu teuer ist? Wäre allein die Preisfrage der ausschlaggebende Faktor, dürften Parfümerien, deren Sortiment deutlich exklusivere und hochpreisigere Produkte umfasst, den Apothekern den Rang aber nicht ablaufen. 42 Prozent der Kunden decken sich immerhin dort mit ihren Pflegeserien ein. Die Preise können es alleine dann wohl nicht sein.
Nehmen Kunden die Apotheke nicht als Kosmetik-Kompetenz wahr?
6 Prozent der Apothekenkunden sehen die Kosmetik in der Apotheke gar nicht. Ihnen ist noch nicht einmal aufgefallen, dass Apotheken Kosmetikregale haben. 17 Prozent „schauen sich um“ – und immerhin je knapp 40 Prozent nehmen das Kosmetikangebot wahr und kaufen dann entweder dennoch nichts, oder sie packen die ein oder andere Creme dann doch noch in ihren Einkaufswagen.
Welche Kosmetik kaufen Kunden in der Apotheke?
Die meisten Menschen gehen in die Apotheke, weil sie Arzneimittel benötigen. Doch hin und wieder nehmen sie auch andere Artikel mit: Rund ein Drittel greift zu Gesichtspflegeprodukten – genau so viel wie zu Pflastern und Wundversorgung, und 25 Prozent kaufen Sonnenschutz- und Körperpflegeprodukte in der Apotheke. Und die Kosmetik? Die Auswertung ergab, dass rund ein Drittel der befragten Kunden auch ihre Gesichtscreme in der Apotheke kauft, immerhin ein Viertel auch ihre Körpercreme – genau so viele wie Sonnenprodukte. Erstaunlich ist, dass Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel offenbar noch weniger nachgefragt werden.
Die Hochschule hat sich auch mit der Frage beschäftigt, was Kunden mit Kosmetik in der Apotheke verbinden. Es zeigt sich: Qualität und Kompetenz prägen offenbar die öffentliche Meinung der Bevölkerung über Apotheken. Das zeigte auch eine jüngst von Stiftung Warentest durchgeführte Online-Befragung an 15.000 Bundesbürgern. Erfreulich: Denn dieses Vertrauen in Apotheker beschränkt sich nicht auf Arzneimittel. Mehr als die Hälfte der Befragten stimmen zu, dass
- Apotheken gut zu Kosmetik beraten
- Kosmetische Pflegeprodukte aus der Apotheke von guter Qualität sind
- Der Apotheker ein für den individuellen Hauttyp geeignetes Produkt wählt.
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Wohlfühlatmosphäre Apotheke
Beim Einkaufen ist das „Wohlfühlen“ ein nicht zu unterschätzender Faktor. Hier sind die Auswertungen spannend. Denn die Untersuchung zeigt: Eine große, helle und übersichtliche Offizin mit strukturiertem Aufbau und ansprechender Produktpräsentation hilft. Ein zu vielfältiges Angebot kann sich hingegen negativ auswirken. Die meisten Kunden fühlen sich überfordert, wenn sie vor meterlangen Regalen mit Avene, Bioderma, Eucerin, Hauschka, Lierac, Nuxe, Roche Posay, Weleda stehen. Jeder Kosmetikhersteller hat ein Sortiment gegen unreine Haut, fürs Anti-ageing, eine spezielle Pflege für trockene oder Mischhaut, gegen Rosacea und Pigmentflecken. Wer soll da den Überblick behalten? Umso wichtiger ist die Beratung in der Apotheke auch bei Kosmetikprodukten. Laut Untersuchung der Hochschule wünschen sich die Kunden diese Unterstützung auch.
Kunden am Kosmetikregal ansprechen: Ja oder nein?
Gewinnen Apotheker oder PTA zwar teilweise den Eindruck, ein „lästiger“ Störfaktor am Kosmetikregal zu sein, wünschen tatsächlich nur 5 Prozent der Kunden vollständig in Ruhe gelassen zu werden. Die meisten schätzen allerdings eine kurze Zeit der Selbstorientierung, um dann gern fachliche Unterstützung zu bekommen. Zu gleichen Teilen möchten die Kunden aktiv und persönlich angesprochen werden oder selbst die Initiative ergreifen und auf den Apotheker zugehen. Im Zweifel gilt daher wohl: Eher einmal zu viel Aktivität zeigen und auf den Kunden zugehen.
Haben Apothekenkunden Angst vor hochwirksamen Inhaltsstoffen?
Haben Sie schon einmal daran gedacht, dass Kunden in der Apotheke die Apothekenkosmetik mit Wirkstoffen assoziieren? Dem ist wohl so – laut den Ergebnissen der Hochschule Pforzheim hat rund ein Drittel der Kunden (Antwortkategorie 4 trifft zu plus 5 trifft voll und ganz zu) Angst vor Nebenwirkungen durch hochwirksame Inhaltsstoffe in der Apothekenkosmetik. Genauso viele Befragte (Antwortkategorie 4 = trifft zu plus 5 = trifft voll und ganz zu) gehen davon aus, dass das Kosmetikangebot ausschließlich medizinische Pflegeprodukte umfasst. Die Konsequenz, die Apotheker hier vielleicht ziehen können: Es ist ein einfaches Kommunikationsproblem. Diese Kaufbarriere kann durch persönliche Aufklärung durch den Apotheker, Produktproben und Informationsbroschüren gezielt abgebaut werden.
Vorurteile bei den Apothekenpreisen
„Das Wort Apothekenpreise kommt nicht von Ungefähr“, erklärt eine befragte Kundin in der Studie. Auch wenn Kosmetikserien namhafter Designer häufig ein Vielfaches teurer als die Pflegeserien der Apotheke liegen, kämpft die Apotheke gegen dieses Argument. Nicht nur bei Arzneimitteln, auch bei der Kosmetik. Dabei ordnen sich die Pflegeprodukte aus der Apotheke eher im mittleren Preissegment ein. Knapp 80 Prozent der befragten Kundinnen finden die Produkte trotzdem teuer, 35 Prozent bewerten das Preis-Leistungs-Verhältnis als fair und ausgewogen. Eine enorme Kaufbarriere für die Kunden ist allerdings, wenn keine Preise an den Produkten sind. Viele scheuen sich nach den Preisen zu fragen, auch in der Apotheke, und bevor sie beim Bezahlen an der Kasse aus allen Wolken fallen, stellen sie die Creme offenbar lieber wieder ins Regal zurück.
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