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BAH-Regionalkonferenz
Wo die Arzneimittel-Hersteller auf dem Land der Schuh drückt
Pharmaunternehmen, die nicht in urbanen Ballungsräumen angesiedelt sind, brauchen eine bessere Infrastruktur und mehr Förderung der Forschung und für den Nachwuchs an Fachkräften. Dies hat eine Diskussion bei der gestrigen Regionalkonferenz des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) in Rheinland-Pfalz ergeben.
Im Rahmen seiner Regionalkonferenzen tauscht sich der BAH regelmäßig mit Bundes- und Landespolitikern sowie mit Vertretern aus Wissenschaft und Selbstverwaltung aus, um die Bedeutung der Arzneimittel-Hersteller und ihrer Produkte für die jeweilige Region hervorzuheben. Dabei stehen wirtschaftspolitische Themen im Mittelpunkt.
Dieses Mal fand das Treffen am Hauptsitz des naturheilkundlich orientierten Pharmaunternehmens Hevert Arzneimittel statt. Dieser liegt unweit des Rhein-Main-Gebietes und Mainz in der Ortschaft Nussbaum bei Bad Sobernheim, eingebettet in ein idyllisches Seitental des Nahe-Flusses.
Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen müssen stimmen
Zusammen mit dem Geschäftsführer von Hevert-Arzneimittel Mathias Hevert, der CDU-Bundestagsabgeordneten Antje Lezius aus dem Wahlkreis Kreuznach und Simon Tetzner vom Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR in Darmstadt diskutierte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des BAH Hermann Kortland über die Bedeutung mittelständischer Arzneimittel-Hersteller für die Regionen und ihre speziellen Herausforderungen. Kortland ist überzeugt: „Nur, wenn die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stimmen, können deutsche Arzneimittel-Hersteller im internationalen Wettbewerb bestehen, und nur so bleibt der Wirtschaftsstandort Deutschland für die Industrie attraktiv.“ Dies gilt seiner Meinung nach besonders für den Mittelstand und für Unternehmen, deren Firmensitz in ländlichen Regionen angesiedelt ist.
Bessere Infrastruktur und Steuererleichterungen
Dass er damit richtig liegt, ergab die Diskussion einmal mehr. „Für uns als mittelständisches Unternehmen in einer ländlichen Region sind gerade Infrastruktur-Themen von besonderer Bedeutung, sei es die Verkehrsanbindung oder ein schneller Internet-Zugang“, sagte Hevert, der das Familienunternehmen in der dritten Generation zusammen mit seinen beiden Geschwistern leitet. „Wenn das nicht gewährleistet wird, wirkt sich das negativ auf den Standort aus, der für die Region ja von besonderer Bedeutung ist“, Außerdem wünscht er sich Steuererleichterungen und reklamiert überdies mehr Forschungs-Förderung im Bereich der besonderen Therapierichtungen. Wenn, so wie in den letzten Jahren zunehmend externe Evidenz in Form von modernen klinischen Studien gefordert werde, brauchten die Unternehmen hierfür Unterstützung, betonte Hevert. Die meisten Präparate ließen entsprechende Studien bei einer kompletten Eigenfinanzierung wegen ihres geringen Umsatzes gar nicht zu.
„Made in Germany“ statt „German quality“
Simon Tetzner vom WifOR stellte bei der BAH- Regionalkonferenz die Ergebnisse einer Studie seines Hauses zum ökonomischen Fußabdruck der Unternehmen der besonderen Therapierichtungen in Deutschland vor. Diese hat unter anderem ergeben, dass die Fertigungstiefe bei der Produktion von Arzneimitteln in diesem Sektor besonders hoch ist. Die Unternehmen seien deshalb besonders stark vom inländischen Umfeld und dessen Rahmenbedingungen abhängig. Außerdem sichere der Sektor im Vergleich zur gesamten Pharmabranche auch indirekt überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze am Standort Deutschland, stellte Tetzner heraus.
„Die Automobilindustrie bietet German quality“, merkte Hevert hierzu an. Hiermit meinte er die Produktion nach deutschen Qualitätsstandards, häufig im Ausland. Die Pharmafirmen der besonderen Therapierichtungen böten jedoch „Made in Germany“, nämlich einheimische Produktion. Der Unterschied zwischen beiden sei in der öffentlichen Wahrnehmung wahrscheinlich gar nicht so klar.
Exportpotenzial lange nicht ausgeschöpft
Die WifOR-Studie hat laut Tetzner auch gezeigt, dass deutsche Mittelständler im internationalen Wettbewerb standortbedingte Nachteile haben. Hevert macht mit seinem Unternehmen laut eigenem Bekunden einen Großteil seines Umsatzes in Deutschland. Er glaubt, dass das enorme Absatzpotenzial für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen im Ausland noch viel besser ausgeschöpft werden könnte. Leider würden für die Unternehmen im Heimatmarkt jedoch zu große Hürden aufgebaut, die entsprechende Ressourcen binden und die Firmen damit für den Export behinderten.
Unternehmen sollen mehr Fördergelder abrufen
Eine der größten Herausforderungen, die in Zukunft auf die Branche wie auch auf viele andere zukommen wird, ist der Fachkräftemangel. Lezius verwies in diesem Zusammenhang auf das große Potenzial aus staatlichen Fördermitteln für die Aus- und Weiterbildung. Das Geld sei da, sagte Lezius, aber es werde von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) viel zu wenig abgerufen. Ihre Partei wolle im Übrigen den Fokus in Zukunft mehr auf die Gesundheitsprävention im Arbeitsleben legen und dabei näher an die Unternehmen heranrücken, um dort mehr Anreize zu setzen. Aber auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten ihren Teil dazu beitragen, so ihre Vorstellung.
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