Versorgungsprobleme

BfArM: 226 Mal eingeschränkte Verfügbarkeit oder Engpass

Stuttgart - 11.06.2019, 11:35 Uhr

Die Apotheker wissen in vielen Fällen nicht mehr, wie sie verordnete Mittel beschaffen sollen. (c / Foto: Nestor /stock.adobe.com)                                                                                             

Die Apotheker wissen in vielen Fällen nicht mehr, wie sie verordnete Mittel beschaffen sollen. (c / Foto: Nestor /stock.adobe.com)                                                                                             


Lieferengpässe sind ein Dauerthema in Apotheken. Viele Pharmazeuten plagen derzeit mehr als 100 Dauerdefekte. Jeder Apotheker in Europa verbringt laut ABDA 5,6 Stunden pro Woche damit, sich um Lieferengpässe zu kümmern. Beim BfArM liegen derzeit sogar mehr als 220 Meldungen vor, bei denen eine eingeschränkte Verfügbarkeit oder ein Lieferengpass mitgeteilt wurde. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 wurden dem Bundesinstitut nur 40 Mittel mit Lieferproblemen neu gemeldet.

„Früher gab es vereinzelt Engpässe, heute haben Apotheken im Schnitt deutlich mehr als 100 Positionen, die nicht lieferbar sind – mal fehlt eine bestimmte Dosierung, mal eine bestimmte Darreichungsform, mal der Wirkstoff ganz.“  Mit diesen Worten wird Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, in der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vom vergangenen Wochenende zitiert. Diese Dimension der Engpässe bestätigen die Teilnehmer einer vor kurzem auf DAZ.online durchgeführten Umfrage, bei der mehr als 70 Prozent der Teilnehmer Angaben über 75 Dauerdefekte gemacht haben. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer ärgert sich derzeit mit mehr als 100 nicht-lieferbaren Positionen herum und bei einem Fünftel sind es sogar 150 oder mehr.

Wirkstoffe aller Therapierichtungen

Eine Sprecherin des BfArM erklärte gegenüber der „Rheinischen Post“, dass derzeit 226 Meldungen vorlägen, bei denen eine eingeschränkte Verfügbarkeit oder ein Lieferengpass mitgeteilt wurde. Im Jahr 2013 wurden demnach nur 40 Mittel mit Lieferproblemen neu gemeldet, 2018 waren es 264. Darunter befinden sich Wirkstoffe aller Therapierichtungen, zum Beispiel das Parkinsonmittel Madopar®, Morphin, Piperacillin, Eremfat und reihenweise Arzneimittel mit dem Wirkstoff Valsartan.

Dazu kommen zahlreiche Engpässe bei Impfstoffen, die nicht beim BfArM, sondern beim Paul-Ehrlich-Institut erfasst werden. Die jüngsten Meldungen hier sind der Rotavirus-Impfstoff Synflorix® und der Varizellen-Lebendvirusimpfstoff Varivax®.

ABDA: Lieferengpässe bescheren 5,6 Stunden Extraarbeit

Und das Problem beschränkt sich nicht auf Deutschland. Laut einer aktuellen Pressemitteilung der ABDA verbringt jeder Apotheker in Europa 5,6 Stunden pro Woche damit, sich um Lieferengpässe zu kümmern. In den „Kernpositionen der ABDA zur Europawahl 2019“ war der Kampf gegen Lieferengpässe bereits eine der wichtigsten Forderungen der deutschen Apothekerschaft auf europäischer Bühne. Laut Apothekenklima-Index 2018, einer repräsentativen Umfrage unter Apothekeninhabern in Deutschland, gehören Lieferengpässe zu den drei größten Ärgernissen des pharmazeutischen Arbeitsalltags – Tendenz seit Jahren steigend.

Mit der im Jahr 2017 veröffentlichten Studie „Arzneimittelengpässe – Gefahr für die Patientensicherheit“ hatte die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) auf Basis einer Umfrage unter Referenzapotheken schon wertvolle empirische Arbeit zur Beschreibung dieses Problems geleistet. In dem aktuellen ZAEU-Papier geben acht der befragten 21 Länder an, dass sich die Liefersituation in den vergangenen zwölf Monaten verschlechtert hat, während elf sie für unverändert erachten. Nur in zwei Ländern hat sich die Liefersituation verbessert.

Aktuelles Positionspapier EU-Apotheker

Ein aktuelles Positionspapier des Zusammenschlusses der Apotheker in der Europäischen Union (ZAEU) fordert nun mehr Transparenz und Kommunikation von Behörden und Herstellern bei akuten Lieferengpässen, aber auch mehr langfristige Steuerung und Überwachung von Produktionsprozessen und Lieferketten durch die Regierungen und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Nicht zuletzt soll die Fachkompetenz der Apotheker anerkannt und erweitert werden, um die Patientenversorgung bei auftretenden Problemen besser steuern und kontinuierlich gewährleisten zu können. Lieferengpässe sind auch ein Diskussionsthema auf dem morgigen ZAEU-Symposium in Krakau (Polen). Heute findet dort bereits die ZAEU-Generalversammlung statt. Die deutsche Delegation wird angeführt von Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und Mitglied des ZAEU-Exekutivkomitees.



jb / DAZ.online
redaktion@daz.online


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