Optimierung der Herstellung und Lieferkette

Novartis kooperiert mit Amazon Web Services

Remagen - 06.01.2020, 14:45 Uhr

Der Pharmakonzern Novartis will mithilfe des US-Konzerns Amazon die Produktionsprozesse in seinen Werken effizienter gestalten. (s / Foto: imago images / Geisser)

Der Pharmakonzern Novartis will mithilfe des US-Konzerns Amazon die Produktionsprozesse in seinen Werken effizienter gestalten. (s / Foto: imago images / Geisser)


Novartis und Amazon haben sich zusammengetan, um die Fertigungs- und Lieferkette des Schweizer Pharmagiganten zu transformieren. Kern einer mehrjährigen Vereinbarung sind Cloud-basierte „Insight Centers“, mit denen das weltweite Netzwerk der Produktionsbetriebe und Vertriebszentren von Novartis für die Beteiligten in Echtzeit sichtbar gemacht werden soll. Hiermit sollen sämtliche Vorgänge besser überwacht, schneller auf Störungen reagiert und auf einen erhöhten Bedarf reagiert werden können.

Amazon Web Services (AMS) hat mit Novartis eine auf mehrere Jahre angelegte strategische Zusammenarbeit vereinbart. Ziel ist die Transformation und Optimierung der Fertigungs- und Lieferprozesse des multinationalen Pharmaunternehmens. In einer Pressemitteilung beschreibt Amazon konkreter, worum es dabei geht. Hiernach betreibt Novartis mehr als 60 Produktionsstätten, in denen jährlich Therapeutika für fast eine Milliarde Patienten in 155 Ländern hergestellt werden. Es gebe zwar Standortsteuerungssysteme, aber bislang sei es schwierig und kostenintensiv, Standardmessdaten für die globale Standorteffizienz zu entwickeln, die globale Betriebsleistung in einer einzigen Ansicht anzuzeigen und die Leistung eines Standortes vorherzusagen.

Cloud-basierte „Insight Centers“ als gemeinsame Plattform

Im Rahmen der Vereinbarung mit Amazon Web Services sollen nun Cloud-basierte „Insight Centers“ eingerichtet werden, mit denen das Netzwerk der Produktionsbetriebe und Vertriebszentren des Unternehmens in Echtzeit sichtbar gemacht werden soll. Die Zentren sollen Fertigungs- und Planungsteams dabei helfen, Produktionslinien besser zu prognostizieren und zu verfolgen, mögliche Engpässe zu erkennen und anschließend Empfehlungen zur Verbesserung der Genauigkeit abzugeben. 

Hierzu sollen visuelle Inspektionen der Standorte Bilder generieren, die mithilfe von Computer-Vision-Algorithmen analysiert werden können, um Produktionsrisiken wie ungeplante Ausfallzeiten oder Verzögerungen zu überwachen. Mit Hilfe der Dienste für maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz von AWS sollen auch Prognosemodelle für die Nachfrage erstellt werden können. Jedes Insight Center an einem Standort soll einen globalen Überblick über die Produktionskapazität für jede Therapie bieten. Durch die Verbesserung der „Agilität“ des Herstellungsprozesses soll letztendlich die Produktionsqualität verbessert werden, während gleichzeitig Kosten, unnötige Lagerbestände und Maschinenstillstandszeiten vermindert werden sollen.

Neue biologische Therapien sollen schneller hergestellt werden

Damit sollen Pharmaunternehmen wie Novartis in Zukunft die Kosten für die Herstellung ihrer „niedermolekularen" Therapien senken und die Produktion erhöhen, um der wachsenden Nachfrage aus aufstrebenden Märkten wie China gerecht zu werden. Die Transformation soll aber auch dazu beitragen, dass Kleinserien- und personalisierte Behandlungen in Zukunft schneller entwickelt und hergestellt werden können, mit höherer Qualität, geringeren Kosten und termingerechter Lieferung. Neue biologische Therapien, die auch zum Novartis-Portfolio gehören und große Fortschritte in Bereichen wie Asthma, Psoriasis und verschiedenen Krebsarten erzielt haben, sind oft für kleinere Kohorten konzipiert und müssen teilweise sogar individuell angepasst werden. Sie sind komplex in der Herstellung und bringen große logistische Herausforderungen mit sich. Auch dabei sollen die Amazon Web Services unterstützend wirken.

Basis für Management-Entscheidungen

Das Endziel, ein automatisiertes System, das in Echtzeit auf alle relevanten Informationen reagiert, sei nicht nur für die Fabrikation-, sondern auch für die Unternehmensebene interessant, betont Amazon. Manager wollten die Durchsatzdaten für alle Fabriken weltweit sehen, um bestimmte Produktionslinien hoch- oder runterzufahren, um so Arzneimittelverknappungen zu minimieren und die Kapazität zu optimieren.

„Wir können von dem AWS-Team eine Menge lernen“, sagt Bertrand Bodson, Chief Digital Officer bei Novartis. „Die Herstellung ist ein hervorragender Ausgangspunkt, aber wir möchten auch untersuchen, wo wir diese Technologien sonst noch anwenden können. Der Einsatz von Data Science und digitalen Technologien zur Neugestaltung der Art und Weise, wie wir Medikamente herstellen, ist nicht nur der Kern unserer Transformation, sondern auch Kern unseres Bestrebens, Patienten schneller mit innovativen Medikamenten zu versorgen. “

Weiterer Fußabdruck von Amazon bei Life Sciences

Amazon Web Services ist nach eigenen Angaben die umfassendste und am weitesten verbreitete Cloud-Plattform der Welt. Sie bietet unter anderem Services für die Datenverarbeitung und Speicherung, Datenbanken, Networking, Analytics, Robotik, Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KI), Internet of Things (IoT), Virtual und Augmented Reality (VR und AR), Medien und Services für die Anwendungsentwicklung, -bereitstellung und -verwaltung mit 69 Availability Zones (AZs) in 22 geografischen Regionen auf allen fünf Kontinenten. Diese Expertise will nach Angaben der Unternehmensgruppe auch Pharma seit einiger Zeit effizienter erschließen. Der Novartis-Deal darf als ein weiteres Zeichen für die Beschleunigung der gezielten Investitionstätigkeit von AWS im Bereich Life Sciences gewertet werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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