Digitalisierung des Gesundheitswesens

„Weder Digitalisierung an sich noch die Modernisierung der Telematikinfrastruktur lassen sich staatlich orchestrieren“

Dillingen/Stuttgart - 04.01.2021, 13:45 Uhr

Gematikchef Markus Leyck Dieken über den Start der elektronischen Patientenakte im Interview. (Foto: Marc-Steffen Unger)

Gematikchef Markus Leyck Dieken über den Start der elektronischen Patientenakte im Interview. (Foto: Marc-Steffen Unger)


Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen setzen die Akteure besonders auf die elektronische Patientenakte (ePA). Mit dem Start am 1. Januar 2021 soll sie allen Versicherten zur Verfügung stehen. Auch wenn sich die ePa bisher noch in der Startphase nur ausgewählter Testregionen befindet, sieht der Gematikchef Markus Leyck Dieken bereits einen Mehrwert der ePa, wie er im Interview mit dem Handelsblatt äußerte. 

Dem Start der elektronischen Patientenakte zum 1. Januar wird große Aufmerksamkeit geschenkt, gilt sie doch als ein zentrales Element auf dem Weg zur digitalen Transformation des Gesundheitswesens. Dabei erscheint der Start zum 1. Januar in den Augen von Kritikern etwas holprig, zumal die ePa nur in den Testregionen Berlin und Westfalen genutzt werden kann. Denn der Mehrwert durch die Anwendungen, die man mit der ePa in die Versorgung bringen möchte, ist zurzeit eben nur auf diese Gebiete beschränkt. Ärzte außerhalb der Testregionen können sie nicht nutzen. Der eigentliche Beginn der ePA ist allerdings erst am 1. Juli. Bis dahin müssen alle Ärzte in der Lage sein, die ePA zu lesen und zu befüllen. Falls nicht, drohen Sanktionen.

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Gematik-Chef Markus Leyck Dieken sieht das anders. „Schon die Daten, die der Patient selbst einstellen kann, können einen Mehrwert bringen, weil sie erstmals zusammengeführt werden“, sagte er dem „Handelsblatt“ im Interview. „Außerdem können Nutzer ihre Patientenverfügung und Kontaktdaten digitalisieren. Es geht auch darum, sich mit dem System vertraut zu machen. Die elektronische Patientenakte bietet schließlich einen Mehrwert, der sich mit jedem Tag der Nutzung mehr steigert.“

Keine ausreichende Kommunikation der ePa

Der Kritik, dass der Start der ePA 2021 nicht ausreichend kommuniziert worden sei, entgegnet Leyck Dieken im Interview, dass eine frühere Thematisierung überhaupt keinen Sinn ergeben hätte. „Im Bewusstsein der Patienten war dieses Thema noch zu weit weg, sodass der Effekt einer solchen Kommunikation schnell wieder verpufft wäre. Beim E-Rezept wäre die Herangehensweise eine andere, denn damit werden die Bürger von Anfang an automatisch in Kontakt kommen.“

Überzeugt von einem rechtssicheren Projekt

Leyck Dieken hofft, dass der Akzeptanz der ePa keine europarechtlichen Bedenken gegenüberstehen. „Der Zeitplan für die Einführung der ePA ist eng mit dem Datenschutzbeauftragten abgestimmt und vom Parlament verabschiedet worden“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Wir sind überzeugt davon, dass das Projekt rechtssicher ist. Das hat nun auch das vom Health Innovation Hub veranlasste Rechtsgutachten deutlich bestätigt“, so Leyck Dieken. „Natürlich dürfen Datenschützer wie auch Patienten skeptisch sein. Aber zur Wahrheit, die dann mit betrachtet werden muss, gehört auch die Information, dass die ePA – um es bildlich zu erklären – Bremsen und Airbags genug hat.“

Gematik als künftiger App-Entwickler?

Im geplanten Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) soll die Gematik die Erlaubnis erhalten, eigene Anwendungen zu entwickeln. Die Gematik habe nicht die Absicht, Anwendungen regelhaft selbst anzubieten, erklärte dazu Leyck Dieken. Man sehe die Gematik im Gegenteil nicht als führende Kraft. Als Ausnahme nannte er einzelne Anwendungen aus Vertrauensgründen zu entwickeln, wie zum Beispiel die E-Rezept-App oder das Implantatregister. 

Zum geplanten TI-Software-Zugang als Nachfolger des Konnektors erklärte Leyck Dieken weiter im „Handelsblatt“, dass ein Zeitplan noch nicht fest stehe. Er könne aber eine Sorge in diesem Zusammenhang nehmen: „Unsere bisherige Vorstellung ist ganz klar, dass die Industrie massiv an diesem Projekt mitarbeiten soll und auch muss. Weder Digitalisierung an sich noch die Modernisierung der Telematikinfrastruktur lassen sich staatlich orchestrieren.“ 



Robert Hoffmann, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Wer vertraut denn diesem sympathischen und vertrauenswürdigem Spahn Intimus

von CS am 04.01.2021 um 23:48 Uhr

Nicht Gerne seine Patientendaten an oder in der Bildersrache von Herrn Leyck Dieken zu bleiben: Bremsen und Airbags der ePa sollten dringend nochmal überprüfet werden.

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Vision oder Habgier?

von Dr. House am 04.01.2021 um 14:51 Uhr

Wir lesen hier von einem Mann, der Spahn eine Wohnung verkauft hat, im Gegesatz einen Posten als Gematik Chef bekam und eine unverhältnismäßig hohe Gehaltsaufstockung. Wenn wir schon so korrupt in die Digitalisierung reingehen, was kann da noch schiefgehen, wenn es nachher um richtig viele Patientendaten und richtig viel Kohle geht?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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