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Gegen Pfeiffer´sches Drüsenfieber, Tumore und ME/CFS
Epstein-Barr-Virus: Moderna tritt mit mRNA-Impfstoff in klinische Phase ein
Wird die mRNA-Technologie unsere Impstoffentwicklung revolutionieren? Nicht nur im Bereich Corona wird fleißig geforscht. So meldete Biontech erst kürzlich einen mRNA-Impfstoff gegen Herpes Zoster zu entwickeln. Moderna hat nun bereits mit der klinischen Phase eines mRNA-Impfstoffs gegen das Epstein-Barr-Virus (EBV) begonnen. Noch ist niemandem die Entwicklung eines Impfstoffs gegen EBV gelungen.
Zu den gefürchteten Folgen von COVID-19 gehört das Chronische Fatigue Syndrom (ME/CFS, synonym Myalgische Encephalomyelitis, ME). Diese besonders schwere Form einer Fatigue* kennt man nicht nur als Folge von COVID-19, sondern auch beispielsweise von der infektiösen Mononukleose (Pfeiffer´sches Drüsenfieber), ausgelöst durch das Epstein-Barr-Virus (EBV). (*Auf dem Internetauftritt des Fatigue Centrums der Charité können Sie den Unterschied zwischen dem häufigen Symptom einer „Fatigue“ und dem seltenen „Chronischen Fatigue Syndrom (CFS)“ nachlesen.)
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EBV gehört zur Familie der Herpesviren (Humanes-Herpes-Virus 4). Fast alle Menschen seien oft unbemerkt infiziert, schreibt das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung auf seiner Seite. „Indem EBV die Teilung der befallenen Zellen stört, trägt es zur Entstehung von Krebs bei“, heißt es außerdem.
Laut dem „Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V.“ wird das Pfeiffer’sche Drüsenfieber hauptsächlich über den Speichel übertragen und tritt bevorzugt bei jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren auf (umgangssprachlich auch Kuss-Krankheit oder Studentenfieber). Typische Symptome sind Fieber, Lymphknotenschwellung und Entzündungen im Rachenbereich. Außerdem sollen Betroffene während der zweiten und dritten Woche der Erkrankung am stärksten unter Müdigkeit leiden, wobei das Fieber immer wieder sinken und ansteigen kann. Im Normalfall sei die Infektion nach ca. drei Wochen überstanden. Jedoch können weitere Wochen bis Monate vergehen, bis der Patient seine volle Leistungsfähigkeit wieder erlangt hat – wie bei COVID-19. „In sehr seltenen Fällen geht die Infektion in eine chronische Form über“, heißt es – also ME/CFS.
Zusätzlich steht die Hypothese im Raum, dass „das Epstein-Barr-Virus andere Krankheiten verstärken kann“. Gründe für einen Impfstoff gegen EBV gibt es also eigentlich genügend.
Herausforderung Impfstoffentwicklung
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Prof. Dr. Dr. Henri-Jaques Delecluse vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg erklärte 2020 aber auf der Interpharm, dass – obwohl weltweit mehrere Labore an einem Impfstoff gegen EBV arbeiten – bisher alle Versuche, der Entwicklung gescheitert sind. Priv.-Doz. Dr. Stefan Oswald erklärte 2019 in der DAZ zudem, dass das Problem die Lebenszyklen der Epstein-Barr-Viren seien. In der latenten Phase würden nur sehr wenige Virusproteine gebildet und die Infektion für das Immunsystem dadurch quasi unsichtbar. „Gerade die latente Phase wird aber für die onkogene Wirkung der Epstein-Barr-Viren verantwortlich gemacht“, heißt es.
Schafft Moderna, was bisher niemand geschafft hat?
Nun hat Moderna im Januar bekannt gegeben, dass der erste Teilnehmer einer Phase-1-Studie mit einem mRNA-Impfstoff gegen das EBV geimpft wurde. Man wolle etwa 270 Teilnehmer:innen in den USA in die Studie einschließen. Neben EBV befinde man sich auch mit einem Impfstoff gegen das latente CMV (Zytomegalie-Virus, (mRNA-1647)) in der klinischen Phase von Studien. Die EBV-Studie trägt den Namen „Eclipse“, der Impfstoffkandidat heißt mRNA-1189.
„Der Beginn dieser Phase-1-Studie ist ein bedeutender Meilenstein bei der weiteren Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen latente Viren, die nach einer Infektion lebenslang im Körper verbleiben und zu chronischen Erkrankungen führen können. Moderna hat sich der Entwicklung eines Portfolios von Impfstoffen gegen latente Viren verschrieben, für die es heute keine zugelassenen Impfstoffe gibt, einschließlich Impfstoffen gegen CMV, EBV und HIV. Unser Forschungsteam arbeitet daran, noch mehr Impfstoffe gegen latente Viren in die Klinik zu bringen“ so wird Stéphane Bancel, Vorstandsvorsitzender von Moderna in der Pressemitteilung des Unternehmens zitiert. EBV werde mit einem 4- bis 10-fachen Risiko für die Entwicklung von Multipler Sklerose, bestimmten lymphoproliferativen Erkrankungen, Krebs und Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, heißt es in der Mitteilung zur Begründung, warum die Impfstoffentwicklung wichtig ist.
Vier mRNAs als Antigene
Ähnlich wie der Cytomegalovirus(CMV)-Impfstoffkandidat von Moderna (mRNA-1647) enthalte auch mRNA-1189 gegen EBV vier mRNAs, die für EBV-Hüll-Glykoproteine (gH, gL, gp42, gp220) kodieren, die den Eintritt des Virus in B-Zellen und epitheliale Oberflächenzellen vermitteln. Ob das nun den großen Durchbruch bringt? In einer Übersichtsarbeit aus „frontiers in immunology“ von Juni 2021 mit dem Titel „Stand und Aussichten der Entwicklung eines prophylaktischen Impfstoffs gegen das Epstein-Barr-Virus“ heißt es, man erwarte, dass neuartige Impfstoffe gegen EBV einen doppelten Schutz gegen die Infektion sowohl von B-Lymphozyten als auch von Epithelzellen bewirken. Dies würde eine nachhaltige Immunität gegen EBV-assoziierte Malignome bieten und schließlich die Kontrolle der weltweiten EBV-Infektion und die Behandlung EBV-assoziierter Krankheiten ermöglichen.
So heißt es dort konkret, dass der gH/gL-Komplex eine entscheidende Rolle bei der Infektion von B-Zellen und insbesondere Epithelzellen spiele, er rücke als Antigen für neue Impfstoffkandidaten zunehmend in den Mittelpunkt. Eine Untereinheit des gH/gL/gp42-Heterotrimers auf der EBV-Virenmembran ist wiederum gp42. Zunächst galt gp42 vor allem als Faktor bei der B-Zell-Infektion, kürzlich sei aber auch seine Rolle bei der Infektion von Epithelzellen festgestellt worden, gp42 könnte den Tropismus der EBV-Infektion steuern, heißt es. Eine aktuelle Hypothese ist, dass die Kombination von gH/gL/gp42 als komplexes Antigen wirksamer sein könnte als gp42 allein.
In einer weiteren Übersichtsarbeit von November 2021 der „Open-Access-Plattform“ MDPI heißt es, dass EBV-Membranantigene häufig als Immunogene verwendet werden, wovon gp350 aufgrund seiner Häufigkeit das Kernantigen der EBV-Impfstoffe sei, die derzeit entwickelt werden. In einer Abschlussarbeit von 2021 heißt es wiederum, dass die Anheftung von EBV an B-Zellen auf den Glykoproteinkomplex gp350/gp220 zurückzuführen ist. Glykoprotein gp350 helfe dem Virus, sich zu binden, was gp220 verändere, wodurch sich das Virus näher an die Zellmembran bewege.
Die klinischen Studien müssen nun abgewartet werden, doch der Ansatz macht Hoffnung.
2 Kommentare
ME/CFS ist nicht eine bzw. „diese Fatigue“
von Sonja Kohl am 14.01.2022 um 19:53 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: ME/CFS ist nicht eine bzw. „diese
von Redaktion DAZ am 17.01.2022 um 10:52 Uhr
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