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- DAZ 23/1997
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Bericht
AIDS: Neue Therapieansätze
Das Aids-Virus gehört zu den Retroviren. Eine Infektion mit diesem Virus führt in der Regel zu einer chronisch fortschreitenden Krankheit, an deren Ende nach einer mehr oder weniger langen Latenzzeit der Zusammenbruch des Immunsystems und damit die eigentliche Immunschwächekrankheit Aids steht. War man bis vor kurzem noch der Meinung, daß während der Latenzzeit die Viren ruhen, so ist man sich heute darüber im Klaren, daß auch während dieser Phase eine sehr aktive Virusreplikation stattfindet. Da jedoch zu Beginn der Krankheit das Immunsystem noch einigermaßen intakt ist und somit eine sehr effiziente Immunantwort (aktivierte CD4-Zellen) gegen das Virus richten kann, stellt sich anfangs ein Gleichgewicht zwischen Virusvermehrung und Virusvernichtung ein, das von außen betrachtet wie eine ≥Ruhephase" erscheint. Dennoch werden auch in dieser Krankheitsphase täglich Milliarden neuer Viruspartikel gebildet. Die Erkenntnis, daß bereits in diesem frühen Stadium der HIV-Infektion eine hohe Virusbelastung vorliegt, führte zu einem neuen Konzept der Therapie. Heute wird bereits bei einem Meßwert von ca. 10000 Virus-RNA-Molekülen pro ml Blutplasma der Beginn der antiviralen Therapie initiiert.
Bei der Therapie von HIV gilt heute weniger die sehr hohe Zahl an täglich produzierten Viren als Problem als vielmehr die damit verbundene Entstehung von Virusvarianten mit neuen genetischen, biologischen und immunologischen Eigenschaften, die sich häufig als resistent gegen die Therapie erweisen. Um dieser Resistenzentwicklung entgegenzuwirken, wird in der modernen HIV-Therapie eine Kombination aus verschiedenen HIV-Therapeutika eingesetzt. In der Regel arbeitet man mit einer Dreifachkombination aus einem Proteaseinhibitor und zwei Reverse Transkriptase-Inhibitoren (meist AZT und Lamivudin). Mit dieser Kombination versucht man den Vermehrungszyklus des Virus an verschiedenen Stellen anzugreifen. Die Viren werden dadurch praktisch vollständig in ihrer Replikation gehemmt, wodurch auch die Wahrscheinlich der Entstehung von Resistenzmutationen minimiert wird. Obwohl es mit dieser neuartigen Therapiemethode bereits gelungen ist, das Virus im Blut von therapierten Patienten über mehrere Monate völlig unter der Nachweisgrenze der viral-load-Meßsysteme zu halten, ist die Dreifachkombination dennoch nicht lange genug im Einsatz, um Aussagen über die langfristige Wirksamkeit machen zu können. So könne sich mögliche Probleme der ≥Triple-Therapie" zum einen aus einer mangelnden Compliance der Patienten ergeben. Da die Dreifachkombination aus Proteaseinhibitor und Reverse Transkriptase-Inhibitoren eine sehr harte Therapie darstellt, bei der die Patienten über lange Zeit täglich mehr als 20 Tabletten einnehmen müssen, ist es sehr schwierig, eine konsequente Durchführung zu garantieren. Werden die Medikamente jedoch nicht regelmäßig eingenommen, ist die Gefahr der Resistenzbildungen sofort wieder gegeben. Ein weiteres Problem bei der Triple-Therapie ist auch die zum Teil große Divergenz zwischen den verschiedenen HIV-Typen und Subtypen. Von den meisten dieser Virusvarianten ist bisher nicht bekannt, inwieweit sie auf eine Therapie mit Hemmstoffen der Reverse Transkriptase und Proteasehemmern tatsächlich ansprechen. Dennoch, auch wenn man heute von einer endgültigen Bekämpfung des HI-Virus mit den neuen Therapieansätzen sicher noch weit entfernt ist, so ist die Tatsache, daß HIV-Infizierte mit gesichertem Testresultat inzwischen über viele Jahre stabil bleiben können bereits ein großer Fortschritt.
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