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Bericht
Morbus Parkinson: Wenn Dopamin fehlt
Dopaminmangel durch Neuronendegeneration
Die zahlreichen Symptome des Parkinson lassen sich vereinfachend in drei Gruppen einteilen: * motorische Störungen wie Tremor, Rigor und Akinese, * vegetative Störungen wie vermehrter Speichelfluß und gestörte Wärme- und Scheißsekretion und * psychische Störungen wie depressive Verstimmungen und verlangsamte Denkabläufe. Diese Symptome sind Ausdruck eines gestörten Gleichgewichts zwischen den Neurotransmittern Dopamin, Acetylcholin und Glutaminsäure im Gehirn, das durch die Degeneration von dopaminergen Neuronen im Striatums entsteht. Inzwischen ist bekannt, daß diese degenerativen Vorgänge an den präsynaptischen Nervenendigungen stattfindet, wohingegen die postsynaptischen Neuronen davon nicht betroffen sind. Warum die Neuronen jedoch zugrunde gehen, weiß man bis heute noch nicht. Eine der zahlreichen Hypothesen für die Zerstörung der dopaminergen Neuronen geht von oxidativem Streß aus, das heißt einer Belastung mit reaktiven Sauerstoffspezies, die Membranen angreifen.
Goldstandard ist die Substitution mit Levodopa
Bei der medikamentösen Therapie des Morbus Parkinson gilt als Goldstandard nach wie vor die Substitution des Dopaminmangels durch die Dopaminvorstufe Levodopa, die im Gegensatz zu Dopamin selbst die Blut-Hirn-Schranke durchdringen kann. Levodopa wird in den noch funktionstüchtigen Neuronen des Striatums mittels der Decarboxylase zu Dopamin umgewandelt. Um zu verhindern, daß ein Großteil des verabreichten Levodopas bereits in der Peripherie decarboxyliert wird, kombiniert man Levodopa in der Regel mit Decarboxylasehemmern wie Carbidopa oder Benserazid, die die Blut-Hirn-Schranke nicht durchdringen können. Als Spätkomplikationen der Behandlung mit Levodopa treten bei der Mehrzahl der Patienten motorische Störungen wie L-Dopa-induzierte Dyskinesien und Bewegungsfluktuationen auf. Das therapeutische Management dieser Komplikationen ist schwierig, in der Regel versucht man ihnen durch Änderungen der L-Dopadosierung sowie einer generellen Niedrigdosierung von L-Dopa im Anfangsstadium des Morbus Parkinson Herr zu werden. Daneben werden auch D2-Rezeptorantagonisten wie Tiaprid angewendet.
MAO-B-Hemmer, Dopaminerge Agonisten und NMDA-Antagonisten
Eine weitere Möglichkeit, die Dopamin-Konzentration an den zentralen dopaminergen Rezeptoren zu erhöhen, besteht darin, den Dopamin-Abbau durch Hemmung der Monoaminooxidase zu unterdrücken. Da Dopamin im Gehirn durch die Monoaminooxydase B abgebaut wird, kommen hierbei Substanzen zu Einsatz, die dieses Enzym selektiv hemmen. Eine solche Substanz ist Selegilin, das außer seiner MAO-B-blockierenden Wirkung auch die Wiederaufnahme von Dopamin unterdrückt. Da die Substitution von Dopamin nur solange sinnvoll ist, wie noch funktionsfähige Dopamin-Neuronen im Striatum vorhanden sind, zeigt die Behandlung mit L-Dopa im fortgeschrittenen Krankheitsstadium miet keinen ausreichenden Erfolg mehr. In diesen Fällen erfolgt dann der Einsatz von dopaminergen Agonisten, die Dopamin an den postsynaptischen Dopaminrezeptoren ersetzen sollen. Zu dieser Substanzgruppe gehören u.a. Bromocriptin, Lisurid, Pergolid und seit neuestem auch Ropinirol. Aus Experimenten weiß man, daß neben dem dopaminergen System auch das glutaminerge System betroffen ist. Die Therapie mit Glutamat-Antagonisten wie z.B. Amantadin, die zu einer Erhöhung des dopaminergen Tonus im Gehirn führen, ist daher auch eine weitere Therapiemöglichkeit des Morbus Parkinson.
Neue Strategien
Ein neuer, erfolgversprechender Ansatz in der Parkinson-Therapie besteht in der Hemmung der Catecholamin-O-Methyl-Transferase (COMT). Die COMT ist neben der Decarboxylase maßgeblich am peripheren Abbau von L-Dopa beteiligt. Durch ihre Hemmung erhofft man sich noch eine bessere Ausnutzung des zugeführten Levodopas. Derzeit befinden sich zwei Substanzen in der klinischen Entwicklung, die in der Lage sind, die COMT zu hemmen: Tolcapone und Entacapone. Mit der Zulassung von Tolcapone wird noch in diesem Jahr gerechnet. Da als Hypothese für die Parkinson-Entstehung auch die Belastung mit reaktiven Sauerstoffspezies diskutiert wird, werden derzeit die Effekte von Antioxidanzien und Eisen-Chelatoren untersucht. Ob sich mit diesen neuroprotektive Wirkungen erzielen lassen, ist bisher jedoch noch unklar. Das klinische Bild des Morbus Parkinson manifestiert sich erst, wenn bereits etwa 60 Prozent der Dopamin-Neuronen degeneriert sind. Da die Behandlung von Parkinson jedoch möglichst in einem frühen Stadium einsetzen sollte, wird auch eine Vorsorgeuntersuchung in Erwägung gezogen, um die Krankheit bereits in ihrer Latenzphase, also noch symptomfreien Phase zu erfassen und therapieren zu können.
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