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Arzneimittel und Therapie
BSE: Hat der Rinderwahnsinn den Menschen erfaßt?
Handelt es sich bei der neuen CJD-Variante um eine auf den Menschen übertragene BSE? Folgende Beobachtungen und Untersuchungsergebnisse sprechen dafür:
• Der räumliche und zeitliche Zusammenhang zur BSE-Epidemie.
• Injiziert man Makaken (einer Affenart) BSE-infiziertes Hirngewebe, so entwickeln diese eine spongiforme Enzephalopathie mit den für die neue CJD-Variante typischen Blütenplaques.
• Die Amyloidplaques aus dem Hirngewebe von Patienten mit der neuen CJD-Variante ergeben in der Elektrophorese ein ähnliches Muster wie die Plaques von BSE-infizierten Tieren (Rindern, Mäusen, Katzen) und ein ganz anderes als die Plaques bei sporadischer CJD.
Zwei neue Studien liefern noch überzeugenderes Beweismaterial dafür, daß die neue CJD-Variante durch denselben Erreger verursacht ist wie BSE. Zwei britische Forschergruppen haben den Erregerstamm der neuen CJD-Variante durch Übertragung auf Mäusestämme näher charakterisiert und mit den Erregerstämmen der sporadischen CJD und der BSE verglichen. Während die Forschergruppe aus Edinburgh sich auf die Inkubationszeiten und die organisch-anatomischen Veränderungen im Gehirn der Mäuse konzentrierte, beschäftigte sich die Gruppe aus London insbesondere mit der Fragmentgröße und dem Verhältnis von doppelt, einfach oder gar nicht glykosylierten krankheitsspezifischen Prionen nach Behandlung mit einer Protease - dem sog. Glykoformprofil.
Die schottische Arbeitsgruppe verwendete vier verschiedene Mäusestämme. Sie injizierte den Tieren Hirnhomogenate von Patienten, die an der sporadischen CJD (n =6) oder der neuen Variante (n = 3) verstorben waren. Daraufhin bestimmten sie die Zeit bis zum Ausbruch der Krankheit und beurteilten die Hirnschäden anhand der Vakuolenbildung in neun Hirnregionen. Dieses Läsionsprofil unterscheidet verläßlich zwischen verschiedenen Erregerstämmen übertragbarer spongiformer Enzephalopathien. In früheren Übertragungsversuchen hatten die Forscher bereits die Inkubationszeit und das Läsionsprofil von BSE bestimmt.
Aus den ersten Ergebnissen der Übertragungsversuche schließen die Forscher:
• Der Erregerstamm der neuen CJD-Variante ist bei allen drei Patienten derselbe.
• Die Eigenschaften des neuen Erregerstamms unterscheiden sich deutlich von denen anderer CJD-Stämme, sind dagegen mit denen von BSE (von Rindern oder experimentell infizierten anderen Tieren) identisch.
• Beim Mäusestamm RIII ist die Inkubationszeit der neuen CJD-Variante genauso wie die von BSE relativ kurz.
Die endgültigen Ergebnisse müssen allerdings noch abgewartet werden; bislang kam es erst bei zwei Mäusestämmen zum Krankheitsausbruch.
Die Londoner Arbeitsgruppe verglich ebenfalls die biologischen Eigenschaften der Prionenstämme durch Übertragung auf Mäuse. Sie verwendeten einerseits transgene Mäuse, die nur menschliches Prionprotein bilden (und daher wohl keine Speziesbarriere für menschliche Prionen haben), und nichttransgene Mäuse. In den meisten Kriterien stimmten die neue CJD-Variante und BSE überein: die Glykoformprofile waren nicht unterscheidbar; ein Teil der Mäuse wies das ungewöhnliche Symptom Rückwärtsgehen auf, und die Prionenablagerungsmuster glichen sich verblüffend. Von allen Formen der sporadischen oder erworbenen CJD unterschied sich die neue Variante dagegen erheblich.
Der Verdacht, daß die neue CJD-Variante eigentlich BSE-Fälle beim Menschen sind, erhärtet sich also weiter. Der Übertragungsweg ist zwar noch nicht bewiesen, doch ist die wahrscheinlichste Exposition der Verzehr infizierter Rinderprodukte.
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