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Kommentar
Niedergelassene Ärzte bieten heute Leistungen, die früher in Krankenhäusern vorgenommen wurden. Ambulante Operationen sind ein Stichwort, onkologische oder ambulante Dialyse-Behandlungen zwei weitere. Dies hat Auswirkungen auf die Offizin. Ich erinnere etwa an die spannende Diskussion auf dem vorletzten Apothekertag in Leipzig, auf dem es um die Zytostatikaversorgung ging und um die Frage, ob alle öffentlichen Apotheken solche Rezepte annehmen dürfen oder nur die, die Zytostatika selbst herstellen.
Bisher ist immer nur spekuliert worden, in welchem Ausmaß und mit welchen Folgen Leistungen aus den Kliniken in die Arzt-Praxen verlagert wurden. Wenn Patienten früher aus Krankenhäusern entlassen werden, oder erst gar nicht dorthin überwiesen werden müssen, steigt zwangsläufig der Bedarf an Medikamenten und Heilleistungen. Kürzere Klinikaufenthalte bedeuten eben auch, daß niedergelassene Ärzte Arzneimittel für das Grundleiden und die Nachsorge nach dem Krankenhausbesuch verschreiben.
Das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung hat jetzt in einer Studie erstmals den Umfang der Verlagerungen quantifiziert. Allein in 1996 im Vergleich zu 1991 sind demnach die Arznei- und Heilmittelbudgets mit 1,05 Milliarden Mark belastet worden. Eine Summe, die bisher nicht in den Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Ärzten über die Budgethöhen berücksichtigt wurden. Die Kassen hatten Hinweise darauf bisher mit Verweis auf andere Wirtschaftlichkeitsreserven vom Tisch gewischt, sagen die Vertreter der Ärzteverbände. Sie heben hervor, daß erstmals die Verlagerungseffekte dokumentiert werden.
Schwierig ist allerdings, entsprechende Einsparungen in den Kliniken zu belegen. Zahlen dafür gibt die Studie nicht, sie erhebt auch nicht diesen Anspruch. Das Problem ist die bisherige strikte Trennung in ambulante Medizin hier und Krankenhäuser da.
Bemerkenswert: Zwar sinkt die Zahl der Pflegetage in den Kliniken, aber statt dessen steigt die der behandelten Fälle. Das relativ neue Finanzierungssystem in Kliniken mit Fallpauschalen und Sonderentgelten, die im Gegensatz zu früher unabhängig von den Liegezeiten gezahlt werden, zeigt offensichtlich Wirkung, die Kliniken schrauben die Verweildauern herunter. Ob sie das womöglich überkompensieren durch die Mehrbehandlungen von Patienten, dazu fehlen noch Fakten. Indizien dafür gibt es allerdings durch die insgesamt steigenden Aufwendungen der Kassen für die Kliniken.
Welche Brisanz die Verlagerungen im übrigen haben, zeigt folgendes Beispiel der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Demnach gibt es Klinikverwalter, die ihren Chefärzten mitteilen, daß Chemotherapien in geeigneten Fällen nur noch ambulant und nicht mehr stationär vorgenommen werden dürfen. Mit der bisherigen strikten Trennung beider Sektoren kommt man da nicht weiter.
Susanne Imhoff-Hasse
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