DAZ aktuell

Versicherte brauchen mehr Wahlrechte

BONN (im). Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) hat für eine prozentuale Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln sowie für mehr Wahl-möglichkeiten für GKV-Versicherte plädiert. Darüber hinaus lehnte der Vorsitzende Johannes Burges Preisverhandlungen mit Krankenkassen im Nichtfestbetragsmarkt auf der diesjährigen BAH-Jahresversammlung am 24. September in Bonn ab. Dort äußerte der Gesundheitsökonom Professor Peter Oberender die Einschätzung, in den nächsten Jahren komme eine weitgehende Liberalisierung auf das Gesundheitswesen zu, die Arzneimittelpreisverordnung werde "zusammenbrechen".


Wie der BAH-Vorsitzende Burges sagte, sollten gesetzlich Versicherte durch Beitragsrückerstattung oder Beitragsvorteilen bei Selbstbehalten mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Der jetzige Leistungsumfang der GKV solle als hundertprozentige Versorgung definiert werden. Wer bereit sei, einen Teil aus der eigenen Tasche zu bezahlen, sollte entsprechend weniger Beiträge zahlen. In einem solchen System sei dann auch die Selbstmedikation sinnvoll eingebunden.
Burges hat sich erneut für den Erhalt der Arzneimittelpreisverordnung ausgesprochen. Es müsse beim freien Herstellerpreis und beim einheitlichen Abgabepreis in Apotheken bleiben.

"Dispensierrecht für Ärzte kommt"


Andere Szenarien erwartet der Gesundheitsökonom Professor Peter Oberender von der Universität Bayreuth. Seiner Meinung nach werden die bestehenden Reglementierungen auf dem deutschen Arzneimittelmarkt zunehmend unter Druck geraten. Das Verbot von Fremd- und Mehrbesitz werde im Rahmen der europäischen Integration ausgehöhlt und dann aufgegeben werden, schätzt der Volkswirt, der für seine rein marktwirtschaftliche Betrachtung des Gesundheitswesens bekannt ist. Die Arzneimittelpreisverordnung werde angesichts des zunehmenden internationalen Wettbewerbs der Vertriebswege zusammenbrechen, glaubt Oberender. Dann würde sich die Apothekenvertriebsbindung nur auf verschreibungspflichtige Medikamente reduzieren. Aufflammen werde auch wieder die Diskussion um das Dispensierrecht für Ärzte. Die Zulassungspflicht für Arzneimittel werde vermutlich als wichtiges Instrument bleiben, obwohl der Markt freier und sich von Oberkontrollinstanzen lösen werde und dem Bürger mehr in dessen Eigenverantwortung überlasse.

Nur unverzichtbare Arznei erstatten


Insgesamt hält der Bayreuther den Gesundheitsmarkt und auch den Arzneisektor zwar für einen Wachstumsmarkt. Allerdings werde der Wettbewerb um die knappen finanziellen Ressourcen in Zukunft steigen. Er erwartet, daß beispielsweise nur noch "unverzichtbare Arzneimittel" von den Krankenkassen bezahlt werden. Die Selbstbeteiligung der Patienten werde zunehmen, daher werde auch der Preis- und Qualitätswettbewerb im Arzneibereich stärker. Letztlich müßten im Rahmen einer ökonomischen Evaluation alle direkten und indirekten Kosten von Arzneimitteltherapien sowie deren Nutzen oder Auswirkung auf die Lebensqualität erfaßt werden. Trotz steigender Arzneimittelkosten könne es aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein, verstärkt Medikamente einzusetzen.l

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