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Bundesregierung: Arzneimittel via Internet: Kontrolle ist Ländersache
Ausmaß unklar Nach wie vor liegen der Regierung keine Erkenntnisse darüber vor, wieviele Medikamente hier in Deutschland über das Internet bestellt werden, ist der Antwort des zuständigen Bundesgesundheitsministeriums zu entnehmen. Die Gefahr möglicher Arzneimittelfälschungen könne nicht ausgeschlossen werden und erhöhe sich mit der Ausweitung eines Direktbezugs über das weltweite Computernetz, heißt es dort weiter.
SPD: Gesundheitliche Gefahren Die Sozialdemokraten hatten in ihrer Anfrage auf die möglichen Gefahren durch Angebot und Direktvertrieb von Medikamenten im Internet hingewiesen. Beworben werden demnach auch Präparate, die in Deutschland nicht zugelassen sowie apotheken- oder verschreibungspflichtig sind, wie zum Beispiel Retin-A, Deprenyl, Phenytoin oder Tetracyclin. Regelmäßig werde dabei unzulässige Werbung betrieben. Die Sozialdemokraten heben vor allem irreführende Angaben wie Falschaussagen über Wirkung und Anwendungsgebiete oder unzureichende Warnhinweise zu Risiken und Nebenwirkungen hervor, die die Gefahren einer Anwendung für die Verbraucher verschleierten. Die Schwierigkeit bei der Verfolgung dieser Angebote bestehe darin, daß die Anbieter der Produkte ihren Sitz außerhalb von Deutschland bezögen. Werde ein Konsument geschädigt, sei sein Hauptproblem, den Verursacher ausfindig zu machen und seine Ansprüche in absehbarer Zeit einklagen zu können. Die präventiven Maßnahmen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union seien nicht ausreichend, zudem gibt es laut SPD Koordinationsprobleme zwischen den Ländern.
Kommen Folgekosten? Die SPD hatte darüber hinaus gefragt, ob Folgekosten für die Krankenkassen zu befürchten seien, wenn Präparate ohne Einschaltung von Arzt oder Apotheker bestellt werden. Daß dadurch erhebliche Kosten entstehen, glaubt die Regierung nicht. Dagegen spreche die zur Zeit noch zu geringe Zahl von Internetanschlüssen in den Privathaushalten. Es sei jedoch nicht auszuschließen, daß im Einzelfall den Kassen Folgekosten entstünden.
Wer ermittelt Verstöße? In der Antwort verweisen die Mitarbeiter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf die Zuständigkeit der Bundesländer bei rechtswidrigen Werbemaßnahmen und unzulässigem Direktvertrieb von Arzneimitteln. Bei konkreten Anhaltspunkten für Verstöße wendeten sich die Länder an das BMG mit der Bitte, bei den zuständigen Behörden im Ausland auf ein Stoppen der unzulässigen Werbung hinzuwirken. Die sozialdemokratischen Parlamentarier hatten wissen wollen, inwieweit die Regierung auf andere EU-Staaten einwirkt, um das in zwei Richtlinien festgelegte Verbot öffentlicher Werbung für nicht zugelassene Medikamente oder irreführender Werbung mittels Internet durchzusetzen. Die betreffenden Richtlinien sind die RI 92 / 26 / EWG und RI 92 / 28 / EWG. Die Bundesregierung hält in diesem Zusammenhang eine internationale Zusammenarbeit für nötig. Daher werden auf der Ebene der Europäischen Union zur Zeit Fragen der Selbstkontrolle der Internet-Zugangsanbieter und Dienstanbieter, die Entfernung von Dateien durch Dienstanbieter und eine Zugangssperre bei den Zugangsanbietern in Betracht gezogen. Zur Frage der SPD, ob die Regierung eine weitere europäische Harmonisierung der Verschreibungspflicht von Arzneimitteln für notwendig hält, gibt es noch keine konkrete Antwort. Das BMG verweist auf einen Bericht der Europäischen Kommission vom 25. November 1997 über die Richtlinie 92 / 26 EWG, die die Verschreibungspraxis regele. Die Bundesregierung müsse jedoch erst diesen Bericht prüfen und werde dann eine Stellungnahme an den Bundestag weiterleiten.
Noch mehr Behörden? Die SPD-Fraktion thematisiert darüber hinaus, ob eine europäische Behörde mit der Bekämpfung rechtswidriger Inhalte im Internet beauftragt werden kann oder die nationalen Behörden zumindest besser vernetzt werden. Die Regierung bezweifelt, daß auf diese Weise solche Aktionen gestoppt werden können. Die Kommunikation privater Internetbenutzer lasse sich kaum über vermehrte Verwaltungszuständigkeiten überprüfen und steuern. Die Bundesregierung hält darüber hinaus multilaterale Abkommen zur Abwehr unzulässiger Internetangebote zwar für wünschenswert, angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten bei der Arzneidistribution in den einzelnen Staaten jedoch für unrealistisch. Da zudem das Heilmittelwerberecht in der EU harmonisiert sei, sei eine vertragliche Initiative der Europäischen Kommission Voraussetzung für solche Abkommen mit Drittstaaten.
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