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Dreßler: Die Positivliste kommt
-Bündnis für Gesundheit
- Mit der Erstellung einer Gesundheitsreform 2000 habe sich die Bundesregierung selbst einen zeitlich engen Rahmen gesetzt. Wichtig sei es daher, so Dreßler, die Reform im Dialog mit den beteiligten Gruppen durchzuführen. Er könne sich hier ein -Bündnis für Gesundheit vorstellen. Dies bedeute nicht, dass alle Maßnahmen, die den Gruppierungen im Gesundheitswesen vorschwebten, verwirklicht werden könnten. Er erwarte jedoch, dass die Diskussion mit allen Beteiligten zu gemeinsamen Lösungen führten. Als Grundsätze der Reform nannte der gesundheitspolitische Sprecher
- die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung - sie steht nicht zur Disposition;
- eine qualitativ hochwertige und zweckmäßige Gesundheitsversorgung für jeden Versicherten;
- der Ausbau der Gesundheitsförderung, -vorsorge und -rehabilitation als zentrale Aufgabe des Gesundheitswesens;
- sinnvoller Einsatz der begrenzten finanziellen Mittel im Gesundheitswesen (Rationalisierung).
Verständnis für diese Vorhaben solle bei den Versicherten allerdings nicht über Bonussysteme geweckt werden. Denn wer erwünschte Verhaltensweisen bei Versicherten durch eine Bonusregelung fördern wolle, lande, so Dreßler, bei gespaltenen Beiträgen - -aber das ist ein anderes Krankenversicherungssystem, bei dem der Solidargedanke in den Hintergrund tritt. Gespaltene Krankenversicherungsbeiträge seien mit der SPD nicht zu machen.
Überkapazitäten müssen abgebaut werden
Im Mittelpunkt der Reform stehe die Krankenhausfinanzierung und -bedarfsplanung sowie die Gestaltung der Preise im Krankenhaus. Der Hausarzt solle eine Lotsenfunktion für den Versicherten übernehmen, der Arzneimittelmarkt werde durch eine Positivliste neu geordnet und ein Globalbudget solle die Ausgaben im Krankenversicherungssystem steuern. Leitziel der Reform sei, die hohe Versorgungsqualität und Effizienz in unserem Gesundheitswesen zu erhalten.
Bei einer Reform des Gesundheitswesens dürfe man die Kapazitätsfrage nicht außer acht lassen, so der gesundheitspolitische Sprecher der SPD: -Wir haben Überkapazitäten, hier schafft sich das Angebot die Nachfrage, mehr Ärzte bedeuten mehr Kosten. Nach Dreßler müssten 40000 Krankenhausbetten abgebaut werden, die Zahl der Vertragsärzte sei durch eine Regulierung der Neuzulassung zu stabilisieren und die Zahl der erstattungsfähigen Arzneimittel müsste reduziert werden; Dreßler stellt sich etwa eine Halbierung der Präparatezahl vor.
Mit der Einführung eines Globalbudgets für die gesetzliche Krankenversicherung könnten die Krankenkassen die finanziellen Mittel ausgabenbezogen zuordnen und steuern. Denkbar wäre zum Beispiel, die Ausgaben für Hausärzte und Arzneimittel miteinander zu kombinieren, Details könnten von der Selbstverwaltung geregelt werden.
Positivliste: der therapeutische Nutzen muss bewiesen sein
Klares Wort von Dreßler: Die Positivliste kommt - offen sei lediglich, wie sie ausgestaltet wird. Eine Positivliste könne sich eventuell an der bereits im Jahr 1993 erarbeiteten Positivliste orientieren. Ein unabhängiges Arzneimittelinstitut solle einen Vorschlag unterbreiten, der nach rechtsförmlicher Prüfung in Kraft gesetzt werden könnte. Als Kriterien für die Arzneimittelaufnahme in die Positivliste gelten Wirksamkeit und ein nachgewiesener therapeutischer Nutzen. Dabei müsste sich die Positivliste nicht gegen Naturheilmittel richten, auch sie könnten durchaus hier vertreten sein. An den Festbeträgen wolle man festhalten, allerdings seien sie rechtssicher zu machen, eventuell durch eine Rechtsverordnung. Für Arzneimittel ohne Festbeträge stellt sich Dreßler Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Herstellern vor.
Denkbar sei natürlich auch eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel, allerdings glaube er nicht, dass eine Mehrwertsteuersenkung von der Industrie weitergegeben würde, außerdem müsse ganz klar gesehen werden, dass der Finanzminister kein Interesse an einer Senkung der Mehrwertsteuer in diesem Bereich habe.
Die Niederlassungsfreiheit - das selbst geschaffene Problem
Überkapazitäten seien auch bei den Apotheken festzustellen, was allerdings keine Bedeutung für die Krankenversicherung habe, lediglich für den einzelnen Apothekenbetrieb und seine Rentabilität. Dreßler merkte jedoch kritisch an, dass sich die Apotheker die Niederlassungsfreiheit selbst erkämpft und damit dieses Problem selbst geschaffen hätten. Insofern hätten sich die Apotheker hier selbst zur Marktwirtschaft bekannt. Die Politik werde hier nicht eingreifen, es sei denn, die regionale Versorgungsqualität und -dichte, insbesondere in Randgebieten sei gefährdet.
Die Arzneimittelpreisverordnung sei Ausfluss des Versorgungsauftrags. Auch die SPD wolle keinen Preiswettbewerb der Apotheken untereinander. Möglicherweise werde die Frage zu lösen sein, wie die Arzneimittelpreisverordnung auszugestalten sei, ob Zuschläge fix, degressiv oder proportional erhoben werden sollten.
Nicht im Interesse der SPD sei es, Versandapotheken zuzulassen und sie, ebenso wie Krankenhausapotheken, in den Wettbewerb mit den öffentlichen Apotheke zu schicken. Die Zulassung von Versandapotheken und die Öffnung der Krankenhausapotheken für die ambulante Versorgung müsse allein unter dem Blickwinkel des Versorgungsauftrages gesehen werden. Nur wenn dieser gefährdet sei, werde darüber nachgedacht.
Arzneimittel nur aus der Apotheke
Dreßler bekannte sich zur Apothekenpflicht und zum Grundsatz, Arzneimittel nur über die Apotheke zu vertreiben. Die Apothekenpflicht solle rigide und vernünftig gehandhabt werden. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sich die Apotheke selbst nicht zum Drugstore wandele. Wenn die Apotheke allerdings in Richtung Drugstore marschiere, dann sehe er kaum eine Möglichkeit, die Apothekenpflicht in vollem Umfang zu halten.
Wie Dreßler in der Diskussion anmerkte, sehe er in der Zulassung von Apothekenketten keine Qualitätsverbesserung für die Arzneimittelversorgung: -Wer Qualität will, aber empirisch nachweisbar schlechte Wege gehen will, darf nicht mit der SPD rechnen.
Unter marktwirtschaftlichem Blickwinkel betrachtete Dreßler die Frage der Importarzneimittel: Wenn man sich zu Wettbewerb und Markt bekenne, müsse man auch dazu stehen, selbst wenn er unangenehm werde. l
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