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- DAZ 48/2000
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Berichte
AK Hamburg: Ja zum QMS
Die Versammlung begann mit dem Bericht des Kammerpräsidenten Dr. Hans-Jochen Gelberg, der zunächst auf die allgemeine gesundheitspolitische Lage einging. Er konstatierte, dass mittlerweile auch Vertreter der beiden großen Volksparteien mit dem Internet-Handel von Arzneimitteln sympathisieren.
Immer wieder Thema: Internet
Gelberg bezeichnete das Internet als gutes Informationsmedium, doch werde die Information für den Verbraucher dadurch immer unübersichtlicher. So sei die Apothekerschaft gerade wegen des Internets gefordert, die Verbraucher zu informieren - auch durch ein sachgerechtes eigenes Internetangebot. Die Grundpfeiler des Apothekenwesens - Versandhandelsverbot, Arzneimittelpreisverordnung, Apothekenpflicht und Fremd- und Mehrbesitzverbot - seien in dieser Situation nicht überholt, vielmehr gelte: "Nie waren sie so wertvoll wie heute." Gerade jetzt sei der Schutz des Verbrauchers vor Fälschung, Irreführung und nicht sachgerechter Verwendung von Arzneimitteln gefordert. Doch nutzten Gegner der Apotheken die Popularität des Internets als günstige Gelegenheit. So sollte gerade das Engagement der BKK Post für die Erstattung von Arzneimitteln aus Internet-Apotheken ganz besonders kritisch gesehen werden. Denn die Post profitiere als Logistikunternehmen - Stichwort: Aktie gelb - von einem wachsenden Internethandel. Doch dürfe der Verbraucherschutz nicht den Aktionärsinteressen untergeordnet werden. Die Apotheker müssten hier standhaft bleiben, aber auch ein eigenes Informationsportal im Internet aufbauen. Darüber hinaus werde das Hamburger Apothekerhaus, d.h. Kammer und Verein, Anfang 2001 gemeinsam im Internet auftreten. Dabei diene das Angebot der Apothekerkammer Baden-Württemberg als Orientierung, weshalb sich Gelberg ausdrücklich für die Offenheit und Großzügigkeit dieser Kammer bedankte. Viele Inhalte könnten übernommen werden, da sie allgemein gültig sind. Dazu komme in Hamburg beispielsweise noch eine Stellenbörse und ein Notdienstkalender.
Kooperation von Offizin und Krankenhaus
Aus Hamburg berichtete Gelberg auch über das inzwischen eingerichtete Arzneimittelinformationszentrum. Dies stelle eine funktionierende Kooperation zwischen Krankenhaus- und Offizinapotheken dar, wie sie in Hamburg auch an anderer Stelle gepflegt werde, z.B. in der Onkologie. Eine Zersplitterung könne sich der kleine Berufsstand dagegen nicht leisten.
QMS-Zertifikate für zehn Pilotapotheken
Weiterhin berichtete Gelberg über den Fortgang des QMS-Projektes. Durch die Änderung des Hamburger Kammergesetzes ist die Kammer ausdrücklich mit diesem Aufgabenbereich betraut. Um die Zertifizierung ordnungsgemäß durchführen zu können, soll demnächst die Kammergeschäftsstelle ein eigenes QMS installieren und zertifizieren lassen. Hiervon wird auch eine bessere interne Kommunikation und ein besserer Service für die Mitglieder erwartet. Ein vergleichsweise günstiges Zertifizierungsangebot wurde bereits ausgewählt. Der Aufbau von QMS in Apotheken wurde von einer Pilotgruppe mit 25 Apotheken getestet. Dabei wurde auch auf die Erfahrungen der Apothekerkammer Westfalen-Lippe zurückgegriffen. Die Teilnehmer aus den Pilotapotheken haben die erforderlichen Schulungen und sechs Qualitätszirkel absolviert, interne Handbücher erarbeitet und diese zum Teil schon eingereicht. In zehn Apotheken haben bereits externe Audits erfolgreich stattgefunden. Daraufhin wurden im Rahmen der Kammerversammlung die ersten QMS-Zertifikate der Apothekerkammer Hamburg an diese zehn Apotheken, darunter eine Krankenhausapotheke, vergeben. Die designierte Qualitätsmanagementbeauftragte der Kammer, Dr.Christina Bischof-Deichnik, übergab die Zertifikate an die Apothekenleiter(innen) und Qualitätsmanagementbeauftragten der Apotheken.
Kontroverse Diskussion über QMS
Mit besonderer Spannung wurden Diskussion und Abstimmung zur QMS-Satzung der Apothekerkammer Hamburg erwartet. Denn im Stadtstaat Hamburg gibt es keine Delegierten zur Kammerversammlung. Stattdessen sind alle Kammerangehörigen stimmberechtigt. Die Mehrheitsverhältnisse sind damit nicht vorhersehbar. Für die QMS-Abstimmung hatten QMS-Gegner im Vorfeld zur Teilnahme an der Versammlung und zur Ablehnung des Satzungsentwurfes aufgerufen. Kammergeschäftsführer Dr. Reinhardt Hanpft stellte den Satzungsentwurf vor und ging dabei besonders auf die Rolle der Qualitätsleitlinien der Bundesapothekerkammer ein. Diese seien als Richtschnur zu sehen, die in Deutschland für vergleichbare Maßstäbe sorgen soll, doch die verbindlichen Qualitätsstandards müssten vom Kammervorstand auf Landesebene definiert werden. Anschließend folgte eine ausgiebige und teilweise emotional geprägte Diskussion über das Für und Wider von QMS in Apotheken. QMS-Gegner sprachen sich gegen eine zusätzliche Reglementierung durch ein weiteres "Regelwerk" aus. Auch die Zuständigkeit der Kammer wurde bezweifelt, da das QMS eine Marketingmaßnahme darstelle. Die Vergabe von Zertifikaten wurde als Spaltung der Apothekerschaft interpretiert. Daher wurde vorgeschlagen, das Aushängen der Zertifikate nicht zuzulassen. Weiterhin wurde die praktische Durchführbarkeit der Arbeit im Sinne eines QMS im Zusammenhang mit Beratungsleistungen in Frage gestellt. Die Befürworter erläuterten das Wesen eines QMS als apothekeninternes System, das vom Team erarbeitet wird und nicht "von außen" vorgegeben ist. So stellen auch die BAK-Leitlinien nur Empfehlungen dar. Zur Zuständigkeit wurde auf den gesetzlichen Auftrag verwiesen. Das Führen des Zertifikates zu untersagen, erscheine kaum sinnvoll, wenn dies in benachbarten Bundesländern ausdrücklich vorgesehen ist. Sitzungsteilnehmer aus Pilotapotheken räumten Vorurteile über vermeintliche Hindernisse bei der praktischen Durchführung aus. Apothekenleiter/-innen und approbierte Mitarbeiter/-innen lobten die deutlich verbesserte innerbetriebliche Zusammenarbeit und die bessere Mitarbeiterzufriedenheit durch das QMS. Das QMS zwinge nur zum Nachdenken über die Arbeitsabläufe, aber nicht zu Veränderungen. Viele andere Apotheken arbeiteten unbewusst bereits nach Methoden des Qualitätsmanagements und hätten viele interne Regelungen, doch würde man sich vor dem Begriff des QMS scheuen. Befürworter appellierten an die Kollegen, die Installation von QMS als Berufsstand selbst zu organisieren. Es solle weder auf erheblich teurere Angebote von berufsfremden Zertifizierern zurückgegriffen noch auf verpflichtende Regelungen durch den Gesetzgeber gewartet werden. Zur Finanzierung des QMS-Projektes erklärte Gelberg, dies belaste nicht den Kammerhaushalt. Die Aufwendungen für das Projekt ließen sich allein aus den Gebühren finanzieren und stellten daher keine Belastung für nicht-teilnehmende Apotheken dar.
Basisdemokratisches Votum für QMS
Nach langer Diskussion wurde die Abstimmung durch einen Antrag zur Geschäftsordnung herbeigeführt. Daraufhin kam es nicht mehr zu einer umfassenden Aussprache über inhaltliche Details des Satzungsentwurfes, d.h. über den Hamburger Weg zum apothekenspezifischen QMS. Die Abstimmung ergab 56 Stimmen für und 45 Stimmen gegen die QMS-Satzung bei acht Enthaltungen. Damit wurde der Satzungsentwurf angenommen.
Finanzplanung
Anschließend wurde der Jahresabschluss 1999 einstimmig genehmigt und der Vorstand einstimmig entlastet. Der Haushaltsplan 2001 wurde mit großer Mehrheit angenommen. Das Haushaltsvolumen steigt, insbesondere durch wachsende Beiträge zur ABDA, den geplanten Internetauftritt und die Zertifizierung der Geschäftsstelle. Um die Finanzierung zu verbessern, wurde erstmals seit 1992 eine veränderte Beitragsstaffel für Apotheken beschlossen. Die Staffel endet nun bei 2,4 Mio. DM Jahresumsatz anstatt bei 2,0 Mio DM. Daraus ergeben sich für umsatzstarke Apotheken im ungünstigsten Fall Beitragserhöhungen von knapp über 20%. Doch haben gerade diese Apotheken seit 1992 keine Beitragserhöhungen hinnehmen müssen, während kleinere, aber wachsende Apotheken innerhalb der Staffel bisher stärker belastet wurden.
Kastentext
Kommentar: Basisdemokratisches Ja zu QMS
Die jüngste Sitzung der Hamburger Kammerversammlung wurde mit Spannung erwartet. Denn in Hamburg ist dies eine Vollversammlung, in der alle Kammermitglieder Stimmrecht haben. Auf der Tagesordnung stand die QMS-Satzung der Kammer. So hatten QMS-Gegner zu reger Teilnahme aufgerufen. Das Ergebnis war eine intensive, zum Teil emotionsgeladene Diskussion. Sie zeigte, dass noch immer viele Ängste und Vorurteile gegenüber QMS in Apotheken bestehen. So wurde QMS als zusätzliches "Regelwerk" in Konkurrenz zur Apothekenbetriebsordnung angesehen, das "von außen" eine neue "Gängelung" herbeiführe. Teilnehmer des Pilotprojektes klärten auf, dass QMS statt dessen ein System interner und individueller Regelungen "von innen" ist. So wurden gerade die besonders großen Befürchtungen durch Hintergrundinformationen über die wirklichen Inhalte und Ziele von QMS entkräftet. Dabei blieb leider keine Zeit mehr für eine umfassende Diskussion über die Inhalte der Hamburger Satzung. Der Hamburger Weg zum apothekenspezifischen QMS unterscheidet sich recht erheblich vom Vorgehen in den beiden Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Ebenso unterscheiden sich diese beiden voneinander. So hätten Alternativen in Hamburg buchstäblich nahe gelegen. Eine Diskussion hierüber wäre wohl genauso spannend gewesen. Doch so wurde die Abstimmung nicht zur Entscheidung über den Hamburger Weg, sondern zum ersten basisdemokratischen Votum der Apothekerschaft über das Ja oder Nein zu QMS. Die Zustimmung mit 56 gegen 45 Stimmen wirkt überzeugend, muss aber nicht repräsentativ für den ganzen Berufsstand sein. Doch zumindest können die QMS-Befürworter ihre Anhänger wohl eher mobilisieren als die Gegner. Das klarste Ergebnis dieses Abends war für mich, dass noch immer große Ängste und viele Irrtümer und Vorurteile zu QMS bestehen. Dies ist ein deutlicher Auftrag an die Kammern zu mehr sorgfältiger Hintergrundinformation über Inhalte und Ziele von QMS. Doch richtet sich das auch an die eigene Adresse. Die Fachpresse ist ebenso aufgefordert, weiter über QMS zu informieren. Thomas Müller-Bohn
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