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Berichte
Arzneitherapie: Neues aus Pharmakologie und Technologie
Unzulänglichkeiten der Asthmatherapie
In Deutschland leiden schätzungsweise 5 bis 6% aller Erwachsenen an Asthma bronchiale. Trotz einer Vielzahl von Präparaten ist die Mehrheit der Asthmatiker medikamentös unzureichend versorgt, oder die verordneten Medikamente werden nicht eingenommen. Gründe dafür sind: die symptomatische Wirkung der beta-2-Sympathomimetika, die Nebenwirkungen der Arzneimittel, die nächtlichen Asthmaanfälle, Fehler bei der Anwendung von Dosieraerosolen und Pulverinhalatoren und die schlechte Compliance.
Zahlreiche Studien belegen, dass die Compliance umso besser ist, je weniger und je seltener Medikamente eingenommen werden müssen. Deshalb ist eine Optimierung und Vereinfachung der Therapie dringend erforderlich. Fortschritte konnten durch die Einführung der langwirksamen beta-2-Sympathomimetika erzielt werden. Auch die Kombinationspräparate (z.B. Salbutamol + Fluticason), die erstmals die kausale und symptomatische Kontrolle asthmatischer Erkrankungen miteinander verbinden, dienen diesem Ziel. Ihr Einsatz ist aber nur bei Patienten gerechtfertigt, die überzeugend auf die Therapie mit den Einzelsubstanzen ansprechen. Auch die Einführung von technologisch verbesserten Hilfsmitteln für inhalative Asthmatherapeutika vereinfacht die Therapie.
Monoklonale Antikörper, PDE4-Hemmer und andere Rezeptorliganden
Wissenschaftler aus der Pharmaindustrie und von Universitäten bemühen sich intensiv, neue Therapiekonzepte für die Behandlung des Asthma bronchiale zu entwickeln. Innovative Grundlagenforschung sowie klinische Studien lassen Alternativen zu den bekannten Medikamenten erkennen.
Mit der Entwicklung des monoklonalen Anti-IgE-Antikörpers Omalizumab (Xolair) scheint sich ein neuer Weg in der Behandlung von allergischem Asthma und saisonaler Rhinitis aufzutun. Die zusätzliche Gabe dieses Antikörpers erlaubte in einer Studie eine Reduktion von oralen bzw. inhalativen Glucocorticoiden. Intensiv wird auch an der Einführung von Phosphodiesterase-4-Inhibitoren (PDE4-Hemmer) gearbeitet. Gegenwärtig befinden sich einige Substanzen in der klinischen Testung bzw. stehen kurz davor.
Erst am Anfang steht die Forschung und Entwicklung von neuartigen selektiven Adenosinrezeptorliganden. Einige Verbindungen zeigten in tierexperimentellen Studien eine bronchodilatatorische Wirkung und hemmten die Freisetzung von Entzündungsmediatoren. Ob die Entwicklung von nicht-peptidischen Antagonisten der Neurokinin-Rezeptoren ein tragbares Konzept für die Entwicklung antiasthmatischer Wirkstoffe ist, bleibt abzuwarten.
Zusammenfassend wurde festgestellt, dass es in der Behandlung des Asthma bronchiale neue Therapieansätze gibt und dass sich interessante Konzepte in der Entwicklung befinden. Mit neuen Medikamenten ist in den nächsten Jahren zu rechnen. Ihr Stellenwert im Therapieschema ist heute noch nicht abzuschätzen. Vor übertriebenen Hoffnungen muss gewarnt werden. Sicherlich werden in den nächsten Jahren nach wie vor die Glucocorticoide die Basis der Asthmatherapie bleiben.
Sinn des Dickdarm-Targetings
Im Gegensatz zum Dünndarm-Targeting erscheint die gezielte Freisetzung von Arzneistoffen im Dickdarm zunächst nicht sinnvoll, bedenkt man die relativ kleine Resorptionsfläche und die starken Barriereeigenschaften dieses unteren Darmabschnittes. Der Dickdarm hat aber einige Eigenschaften, die ihn als Zielorgan für eine Wirkstofffreisetzung interessant erscheinen lassen. Dort ist die Transitzeit deutlich höher und die Peptidasenaktivität geringer als im oberen GI-Trakt, was es sinnvoll erscheinen lässt, empfindliche Peptidarzneistoffe in dieser Region freizusetzen. Davon abgesehen kann bei Erkrankungen des Dickdarms eine topische Wirkstoffapplikation die Dosis und die Nebenwirkungen verringern.
Während das Dünndarm-Targeting durch Verwendung von magensaftresistenten, sauren Polymerüberzügen, die sich im neutralen Milieu des Dünndarms auflösen, relativ leicht realisierbar ist, stellt das Dickdarm-Targeting mit oralen Arzneimitteln eine technologische Herausforderung dar, da letztere sowohl den Magen als auch den Dünndarm intakt passieren müssen, bevor sie dann im Dickdarm den Wirkstoff freigeben.
Galenische Konzepte
Galenisch betrachtet werden zurzeit vier Ansätze verfolgt, um dieses Ziel zu erreichen: Die Freisetzungssteuerung
- über den luminalen pH-Wert,
- über die Dünndarmtransitzeit,
- über die Aktivität der bakteriellen Enzyme im Colon sowie
- über den durch peristaltische Wellen entstehenden Druck im distalen Colon.
Die pH-Wert-kontrollierte Freisetzung und die zeitkontrollierte Freisetzung finden auch beim Dünndarm-Targeting Einsatz. Letztere stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, da der Dünndarmtransit anscheinend nur wenig von pathologischen Veränderungen im GI-Trakt beeinflusst wird. Beispiele sind die Systeme Time-Clock, Time-controlled explosion system (TES) und Chronotopic, die auf einer verzögerten Wirkstofffreisetzung durch langsame Auflösung, Erosion oder Quellung von Überzugsschichten basieren.
pH-Wert-kontrollierte Systeme sind nur dann als verlässlich anzusehen, wenn der pH-Sprung zwischen Dünn- und Dickdarm genügend stark ausgeprägt ist; dies ist unter physiologischen Bedingungen häufig nicht der Fall, wohl aber bei bestimmten Krankheiten wie z.B. Colitis ulcerosa, bei der eine deutliche Erniedrigung des pH-Wertes im Colon beobachtet wird.
Enzymkontrollierte Systeme wie die Prodrugs Sulfasalazin, Olsalazin und Natriumpicosulfat und die Systeme Colal und Codes mit enzymatisch abbaubaren Überzugsschichten sind abhängig von der Aktivität der mikrobiellen Enzyme im Dickdarm; diese kann sich aber durch Umwelteinflüsse, Änderungen in der Diät oder bei pathologischen Prozessen verändern.
Auch bei druckkontrollierten Systemen ist zu erwarten, dass sie aufgrund von Schwankungen der Peristaltik nicht genügend verlässlich sind.
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