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Feuilleton
Ausstellung: Safran – eine alte Kulturpflanze
Der spanische Künstler José Brun Albinana dokumentierte im 19.Jahrhundert die Safranernte in Spanien: Der Tisch im Patio (Innenhof) eines Bauernhauses ist mit Tausenden Krokusblüten übersät. Frauen zupfen emsig die braunroten Narbenschenkel aus den blauvioletten Kelchen heraus. Verwelken sie, sind sie wertlos. Bis heute hat sich an der Safranernte nur wenig verändert. Viel Handarbeit ist erforderlich, um das teuerste Gewürz der Welt zu gewinnen. Für ein Kilogramm der Droge Croci stigma müssen die Narben aus über 100000 Infloreszenzen herausgezupft werden.
Die spanischen Provinzen Alicante, Albacete, Murcia und La Mancha sind heute die Hauptlieferanten des Safrans. Darüber hinaus wird die Droge in größerem Umfang noch in der Türkei angebaut. Kenner behaupten indessen, dass deren Qualität kaum mit der Ware von der Iberischen Halbinsel zu vergleichen sei.
Wertvoller Farbstoff
Die Blütennarben von Crocus sativus waren schon im Altertum begehrt. In der Ilias wird diese Spezies mehrfach erwähnt. Die griechischen Mythologie berichtet, dass Pallas Athene ein buntgewirktes Krokusgewand trug. Herakles, der Sohn von Zeus und Alkmene, wurde als Säugling in safrangelbe Windeln gewickelt, und Plinius d.Ä. berichtet in seiner Naturalis Historia, dass der Putz für den Athene-Tempel in Elis mit Krokusnarben und Milch gefärbt worden sei.
Auch in den mittelalterlichen Skriptorien durfte Safran nicht fehlen. Mit Zusätzen wie Auripigment (Arsen-Schwefel-Verbindung) vermengt, wurde er als Goldfarbe für kunstvolle Initialien und Miniaturen auf Papier und Pergament verwendet. So steht es jedenfalls in den Mappae Clavicula, einer Rezeptsammlung für die Buchmalerei. In einem Malerbuch des Bamberger Karmeliterklosters wiederum wird die Vermischung mit Rinder- oder Ziegengalle empfohlen, um eine "gulden farb" herzustellen.
Seit der Antike geschätzte Arzneidroge
Auch als Pharmazeutikum wurde Safran verwendet, wenngleich nicht in gleichem Maße wie als Farbstoff. Plinius d.Ä. beschreibt ihn als Universalmittel, das unter anderem bei Entzündungen der Augen, Mutterweh, Magengeschwüren und anderen Erkrankungen eingesetzt werden kann. Wer vor dem Weingenuss Safran als Getränk nehme, bekomme keinen Rausch. Auch habe die Droge eine aphrodisische Wirkung, behauptete der römische Schriftsteller.
Erst im Mittelalter kam das seit mehreren tausend Jahren bekannte Gewürz zu seinem heutigen Namen: Er stammt aus dem Arabischen und ist von "za'far" (=gelb) abgeleitet. In der frühen Neuzeit war Croci stigma so begehrt, dass J. F. Hertodt 1670 in Jena ein 300 Seiten starkes Buch publizierte: die "Crocologia", in der alles Wissenswerte über diese Iridacee mit den kostbaren Narbenschenkeln erläutert wird.
Anbau in Mitteleuropa
Kein Wunder, dass man Crocus sativus, der ursprünglich in Kleinasien endemisch ist und im 10. Jahrhundert durch die Mauren in Spanien verbreitet wurde, auch in Mitteleuropa zu kultivieren begann. Die Sage berichtet, dass im 14. Jahrhundert ein Pilger eine Krokusknolle aus dem Heiligen Land nach Südengland geschmuggelt habe.
Die Pflanze wird nur vegetativ vermehrt, weil sie steril ist. Vermutlich stammt die Spezies von Crocus cartwrightianus, einer heute noch auf den griechischen Inseln verbreiteten Wildform, ab: Durch Reduktionsteilung in den Elternpflanzen entstanden vor langer Zeit triploide Nachkommen, eben der Safran-Krokus.
Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts gab es auch in Frankreich, Italien, Ungarn und Persien Anbaugebiete. Wegen seiner hervorragenden Qualität wurde insbesondere Safran aus dem niederösterreichischen Maißau sehr geschätzt. Er wurde regelmäßig auf dem Simonismarkt in Krems feilgeboten.
Im pfälzischen Ilbesheim bei Landau wurde schon vor über 550 Jahren Crocus sativus angebaut. Seit Beginn der 90er-Jahre wird die alte Tradition auf einem aufgelassenen Weinberg fortgesetzt, und die Kommune wirbt nun als "Wein- und Safranstadt" um Touristen. In dem Dorf Mund im Kanton Wallis wurde das letzte schweizerische Anbaugebiet durch das Engagement der Munder Safranzunft für künftige Generationen gerettet.
Verfälschungen
Der hohe Preis, aber auch die aufwendige Gewinnung von Croci stigma inspirierten immer wieder zu Betrügereien. Schon Plinius d.Ä. wusste, dass nichts so häufig verfälscht wird wie der Safran. In Nürnberg wurde 1441 eine Schauanstalt für die Prüfung der kostbaren Substanz eröffnet. Händlern, die unreine Ware lieferten, drohte der Tod auf dem Scheiterhaufen.
Häufig wurde Safran mit gelben Pflanzenteilen wie etwa Blüten von Färberdistel, Tagetes oder Calendula "gestreckt". Mitunter wurde auch das spezifische Gewicht der Droge mit Ziegelmehl erhöht, um die Gewinnspanne zu verbessern.
Heute noch wird Safran eher in Ausnahmefällen pur angeboten. Von 151 Proben aus dem Einzel- und Großhandel bestanden nur etwa zehn Prozent eine mikroskopische und chemische Überprüfung am Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie der Universität Würzburg. Die übrigen Produkte enthielten fremde Substanzen und entsprachen somit nicht den Kriterien der Reinheit.
Am besten lässt sich reines Croci stigma als Ganzdroge identifizieren. Die Narbenschenkel sind ungefähr 20 bis 30 mm lang, trichterförmig eingerollt und oben geschlitzt. In Wasser verlängern sie sich auf etwa 30 bis 40 mm und färben die Flüssigkeit dunkelgelb. Der Geruch von echtem Safran erinnert an Iodoform. Die Droge schmeckt würzig, etwas scharf und leicht bitter, und der Speichel färbt sich beim Genuss stark gelb bis orangegelb.
Medizinisch obsolet
In der Medizin des 21.Jahrhunderts hat Safran keinerlei Bedeutung mehr. Allenfalls in der Volksheilkunde wird er gelegentlich noch als Sedativum, Spasmolytikum oder Stomachikum appliziert. In hohen Dosierungen (10 g) kann Croci stigma als Abortivum missbraucht werden. Dabei kommt es indessen zu schweren Intoxikationen, unter Umständen mit tödlichem Ausgang.
Kastentext: Ausstellungsdaten
Bis zum 25. Februar 2001 im Naturkundemuseum Leipzig, Lortzingstraße 3, 04105 Leipzig, Tel. (0341) 982210, Fax 9822122. Geöffnet: Dienstags bis donnerstags 9.00 bis 18.00 Uhr, freitags 9.00 bis 13.00 Uhr, samstags und sonntags 10.00 bis 16.00 Uhr Ab März 2001 ist die Ausstellung in der Bibliothek der Freien Universität Berlin zu sehen.
1 Kommentar
Safran
von Asef Asefi am 09.10.2019 um 10:11 Uhr
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