Kommentar

Importarzneimittel: Europäischen Gerichtshof beanstandet Umverpacken

(bi/az). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich am 23. April erneut für den Schutz der Markenrechte gegenüber Eingriffen beim Parallelimport von Arzneimitteln ausgesprochen (Aktenzeichen C 143/00)

Englische Parallelimporteure hatten Originalpackungen von Produkten von Boehringer Ingelheim und anderen Herstellern überklebt, die Faltschachteln durch eigene Packungen mit ihrem Design ersetzt und dabei teilweise auch noch die Originalmarken durch die Wirkstoffbezeichnungen ausgetauscht. Wie aus eienr Pressemitteilung von Boehringer Ingelheim hervorgeht, wies die Verpackung der Präparate dadurch häufig nur noch auf den Importeur hin, während Boehringer Ingelheim als Originalhersteller nur eingeschränkt oder gar nicht erkennbar war.

Der EuGH hat diesen Praktiken unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung nachdrücklich widersprochen. Manipulationen dieser Art berechtigten den Markeninhaber, gegen den Parallelimporteur vorzugehen, denn der Verbraucher solle sich sicher sein können, dass in die Arzneimittel nicht von Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers eingegriffen wurde, so der EuGH.

"Das Vertrauen der Patienten ist für uns als pharmazeutisches Unternehmen ein wichtiges Gut," erklärte Professor Rolf Krebs, Sprecher der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim. "Wir können keine Eingriffe durch Parallelimporteure hinnehmen, die den Originalzustand unserer Produkte beeinträchtigen oder das Image des Markenproduktes schädigen, an das der Patient gewöhnt ist und dem er aufgrund seiner guten Erfahrungen voll vertraut."

Die angebliche Abneigung seitens der Patienten und Apotheker beim Vertrieb etikettierter Originalpackungen, auf die sich Importeure gerne berufen, um ihr eigenes Warenzeichen am Markt zu etablieren, hat den Gerichtshof wenig überzeugt, heißt es in der Pressemeldung weiter. Nach wie vor gelte, dass ein Umverpacken, dem ausschließlich wirtschaftliche Motive zugrunde lägen, unzulässig bleibe. Lediglich dann, wenn die Abneigung zu einem tatsächlichen Hindernis für den Marktzugang des Importeurs würde, könnte das Umverpacken möglicherweise gerechtfertigt sein. Derartige tatsächliche Hindernisse haben die Gerichte in den meisten EU-Ländern bereits bislang stets als nicht relevant eingestuft. Die vom Gerichtshof angesprochene Ausnahme dürfte daher in der Praxis keine wesentliche Rolle spielen. Lediglich in Großbritannien ist diese Frage noch offen.

Ein Muster an den Originalhersteller

Das Gericht habe schließlich erneut die Verpflichtung des Importeurs bestätigt, den Markeninhaber vor der Vertriebsaufnahme des Importpräparats zu benachrichtigen und ihm ein Muster zu liefern. Diese Pflichten dienten dem Schutz der berechtigten Interessen der Markeninhaber. Sie sollten die Beeinträchtigung ihrer Ware vorab prüfen und sich vor Aktivitäten von Fälschern besser schützen können.

Vor allem einige englische Importeure befolgen diese Verpflichtung bislang nicht und vertreiben ohne Benachrichtigung oder Bemusterung. Der EuGH wies erneut daraufhin, dass die Vertriebsaufnahme ohne vorherige Benachrichtigung zwangsläufig dazu führt, dass das Umverpacken der Ware unberechtigt ist und zu einer Verletzung der Rechte des Markeninhabers führt. Die Benachrichtigung muss durch den Importeur erfolgen, und zwar mit einer angemessenen Frist vor Aufnahme des Vertriebs. Welche Frist angemessen ist, hat das Gericht offen gelassen; eine Frist von 15 Tagen wird vom Gericht jedoch in der Regel als ausreichend angesehen, wenn dem Markeninhaber gleichzeitig ein Muster übersandt wird.

Nachdem der EuGH die Rechtsauffassung der Kläger im wesentlichen bestätigt hat, wird der London High Court die Entscheidung jetzt umzusetzen haben. Eine erstinstanzliche Entscheidung des seit 1999 anhängigen Verfahrens wird dort für Ende 2002/Anfang 2003 erwartet.

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