Kommentar

Tag der freien Berufe: Keine Zukunft ohne freie Berufe

BERLIN (ks). Die freien Berufe sind unverzichtbar für die Zukunft - darüber sind sich Freiberufler und Spitzenpolitiker einig. Obgleich ein Rechtsanwalt und ein Apotheker auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben -selbständige Freiberufler verbindet dennoch einiges. Dies wurde am "Tag der freien Berufe, der am 24. April in der Berliner Kongresshalle stattfand, deutlich. Auch die Situation der freien Heilberufe und des Gesundheitswesens stand bei der Veranstaltung zur Diskussion.

Das vom Bundesverband der Freien Berufe (BFB) initiierte Treffen startete mit einer Podiumsdiskussion mit den Fraktionsspitzen der Bundestagsparteien. "Gibt es eine Zukunft ohne freie Berufe?" lautete die Einstiegsfrage. Trotz unterschiedlicher Betrachtungsweisen im Detail, waren sich hier die Politiker aller Parteien einig. Insbesondere für die Zukunft der freiheitlichen Gesellschaft seien die freien Berufe von nicht zu unterschätzender Bedeutung, so der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt. Allerdings: Das hiesige Gesundheitswesen, das die "Leistungserbringer stranguliere", entspreche keinesfalls seinen Vorstellungen einer freiheitlichen Gesellschaft. Die Einführung von Wettbewerbsmechanismen statt staatlicher Regulierung lautet daher die Forderung der FDP. Die Berufskammern mahnte Gerhardt an, "dienstleistungsfähiger" zu werden. Der in letzter Zeit viel gescholtenen Selbstverwaltung signalisierte er, unverzichtbar zu sein. Würden die Selbstverwaltungen der Ärzte und Krankenkassen nicht so viele Aufgaben übernehmen, müsste der Staat noch mehr regeln, so der FDP-Fraktionsvorsitzende.

Merz: Mehr Anreize für den sparsamen Umgang mit dem Gesundheitssystem

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz schloss sich den Ausführungen Gerhards weitgehend an. Freie Berufe seien durch nichts zu ersetzen - zumal sie einen bemerkenswerten Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leisten. Das Gesundheitswesen, so Merz, sei ein "extrem schwieriges Thema"-eine Gesundheitsreform sei voraussichtlich noch schwerer als die Rentenreform. Das zentrale Problem sieht er in der Finanzierung des Systems: "Wenn wir weitermachen wie bisher, wird der Weg in die Zwei-Klassen-Medizin irreversibel" prognostizierte der Unionspolitiker. Er schlug vor, den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen ökonomische Anreize zu einem sparsamen Umgang mit dem Gesundheitswesen zu setzten. Statt über Erweiterungen der Einnahmebasis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu diskutieren, sollte über besser strukturierte Ausgaben nachgedacht werden. So erteilte der CDU-Fraktionschef dem SPD-Vorhaben, die Versicherungspflichtgrenze heraufzusetzen, eine klare Absage: "Die Abschaffung der Friedensgrenze bedeutet das Ende der Privaten Krankenversicherung". Hingegen spreche nichts dagegen, Ideen wie Selbstbehalte oder Beitragsrückerstattungen in das Sozialgesetzbuch aufzunehmen.

Medizinisch Notwendiges muss GKV-Leistung bleiben

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck hat seine Zweifel an der zunächst wohlklingenden Forderung nach "mehr Wahlfreiheit": Was passiere, wenn man sich als 25-Jähriger mit einer Grundversorgung begnüge und ihm oder seinem Kind Jahre später eine Krankheit widerfahre, die hiervon nicht abgedeckt ist? Wichtig sei, dass die GKV alles "medizinisch Notwendige" umfassen muss - letztlich gebe es jedoch kein Modell, mit dem alle zufrieden seien. Dem entgegnete Gerhardt, dass auch nach seiner Vorstellung die GKV die Grundversorgung gewährleisten müsse und damit alles medizinisch Notwendige abdecke - lediglich Leistungen, die hierüber hinausgingen, sollten dem Wettbewerb eröffnet werden. Der FDP-Fraktionschef sprach sich zudem für die Einführung einer Eigenbeteiligung aus.

Workshops: Freiberufler sorgen für Ausbildungsplätze

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion fanden moderierte Workshops zu unterschiedlichen Themen statt. Im Workshop "Verantwortung in Ausbildung und Arbeitsmarkt" kamen auch die Apotheker zu Wort: Neben Dr. Christiane Eckert-Lill von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände machten Vertreter der Ingenieure, Anwaltschaft, Steuerberater deutlich, dass die freien Berufe eine Reihe von Ausbildungsplätzen bieten. Nicht nur in Apotheken hat man Nachwuchssorgen. Eckert-Lill erläuterte die Neuordnung der Ausbildung der pharmazeutisch kaufmännischen Angestellten (PKA), die einstmals den wenig inspirierenden Titel "Apothekenhelferin" trug. Diese Umbenennung hat durchaus Vorbildcharakter: Auch in Steuerberaterkreisen will man nun vom Begriff des "Steuergehilfen" wegkommen. Die umstrukturierte PKA-Lehre war nicht unumstritten, vor allem wegen der verlängerten Ausbildungszeit von drei Jahren.

Eckert-Lill ist dennoch der Auffassung, die Neuordnung habe sich bewährt. Probleme bei der Ausbildung in der Apotheke ergäben sich zuweilen daraus, dass die meisten Beschäftigten Frauen seien. Doch seitens der ABDA setze man sich dafür ein, Frauen, die zeitweilig ausgeschieden sind, wieder in ihren Beruf hineinzubringen. Eine anderes Problem sei zuweilen die schulische Vorbildung und das Schwinden von Kulturtechniken, so Eckardt-Lill.

BFB-Präsident zufrieden

Zum Abschluss der Veranstaltung hatte auch Bundeskanzler Gerhard Schröder noch einige Worte für die Feiberufler übrig. Fragen des Gesundheitssystems sprach er dabei nicht an. Doch an der Wichtigkeit der Freiberufler für die deutsche Wirtschaft hat auch der Kanzler keine Zweifel. Schröder nahm zur Kenntnis, dass viele Freiberufler, eine Anpassung ihre Gebührenordnungen fordern - ein Thema dem sich der Kanzler anzunehmen versprach. Dr. Ulrich Oesingmann, BFB-Präsident, zeigte sich im Anschluss an die Veranstaltung zufrieden. Es sei deutlich geworden, dass Freiberufler gemeinsame Anliegen haben, die sie gemeinsam besser, effizienter und mit höherer Durchsetzungskraft vertreten können. Oesingmann ist zuversichtlich, dass sich die Zusammenarbeit der freiberuflichen Organisationen, Kammern und Verbände in Deutschland und Europa weiter verbessern wird.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.