Kommentar

E-Commerce mit Arzneimitteln: "Kontrollierter und überwachter Versandhandel kom

Düsseldorf (cr). Dr. Gert H. Schorn, Ministerialrat und Leiter des Referats Arzneimittelverkehr, Apotheken und Pharmaberufe im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, ließ keinen Zweifel: Der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln kommt. Nicht mehr das "Ob" steht zur Debatte, sondern nur noch das "Wie". Grundlage hierfür sind der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung und die Empfehlungen des Runden Tisches . Auf einer Veranstaltung des Euroforums sprach sich Schorn für einen "kontrollierten und überwachten Versandhandel" aus.

Zurückhaltend äußerte sich Schorn zum Ausgang des DocMorris-Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshofs, in dem nach einem Vorlagebeschluss des Landgerichts Frankfurt/Main über die europarechtliche Zulässigkeit des bestehenden Versandhandel- und Werbeverbots bei Arzneimitteln entschieden wird. Eine mündliche Verhandlung findet am 10. Dezember in Luxemburg statt. Immerhin hat die Europäische Kommission in einer Stellungnahme an den Europäischen Gerichtshof die deutschen Regelungen als europarechtskonform bezeichnet, da sie für inländische und ausländische Apotheken gleichermaßen gelten. Eine diskriminierende Beschränkung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs liege deshalb nicht vor. Entsprechend hatte sich vor einigen Monaten auch die Bundesregierung geäußert. Dennoch: wie der Europäische Gerichtshof entscheiden wird, ist weiterhin offen. Mit seinem Urteil kann im Laufe des nächsten Jahres gerechnet werden.

"DocMorris ist kein Modell"

Allerdings sieht Schorn die gesetzgeberischen Aktivitäten in Richtung Versandhandel unabhängig von dem Luxemburger Gerichtsurteil: "Wir warten die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Landgerichts Frankfurt nicht ab. Falls nötig, werden wir sie jedoch angemessen berücksichtigen. Ich habe mich schon vor der Wahl mit vollem Herzen für den Versandhandel eingesetzt. Dabei bleibt es auch jetzt. Allerdings ist DocMorris für die deutsche Gesetzgebung kein Modell." Schorn kündigte ein Gesetzespaket mit Änderungen des Arzneimittelgesetzes, der Apothekenbetriebsordnung und des Sozialgesetzbuches an. Versandhandel und E-Commerce mit Arzneimitteln müssten unter folgenden Prämissen stehen:

  • Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz: Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels und Pharmakovigilanz haben sich nach deutschem Recht zu richten; die Patienteninformation muss in deutscher Sprache erfolgen; die Patientenrechte sind entsprechend dem deutschen Arzneimittel- und Apothekenrecht zu sichern.

  • Versorgungssicherheit: Die Apotheke muss ihrem gesetzlichen Versorgungsauftrag nachkommen können, d. h. dem Patient soll zeit- und ortsnah das volle Arzneimittelsortiment zur Verfügung stehen.

  • Faire Wettbewerbsbedingungen: Wettbewerbsverzerrungen, insbesondere "Rosinenpickerei", sind durch eine entsprechende Gestaltung der Vorschriften zu den Arzneimittelvertriebswegen des Apothekenrechts, des Sozialrechts und der Arzneimittelpreisbildung zu verhindern.

    Schorn rief die ABDA zu einer konstruktiven Mitarbeit auf: "Mit einer rückwärtsgewandten Strategie laufen die deutschen Leistungserbringer und ihre Verbände ansonsten Gefahr, auf einem relevanten Wettbewerbsfeld den internationalen Anschluss zu verlieren. Selbstverständlich nehmen wir bestehende Existenzängste ernst. Wir haben von Apothekern waschkörbeweise Post bekommen. Ich möchte die Apotheken fit für die Zukunft machen. Nehmen Sie die Vorgaben, die der Runde Tisch im Zusammenhang mit der Einführung des Versandhandels formuliert hat, ernst und fordern Sie die Politik auf, sie gesetzlich umzusetzen."

    Skeptisch äußerte sich Schorn zu dem Einsparpotenzial, das die Gesetzlichen Krankenkassen mit der Einführung eines europaweiten Versandhandels mit Arzneimitteln sehen, zumal bei der Selbstbeteiligung aus Wettbewerbsgründen eine Ungleichbehandlung in- und ausländischer Anbieter verhindert werden müsse. Schließlich wehrte sich Schorn auch gegen die in der Debatte oftmals geäußerte Verknüpfung eines euopaweiten Versandhandel mit der Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots bei Apotheken in Deutschland: "Diese behauptete Zwangsläufigkeit besteht meiner Ansicht nach nicht." Allerdings sei richtig, dass in Zukunft die (Berufs-)Politik verstärkt und klarer als bisher die gesundheitspolitische Legitimation des bestehenden Apothekensystems in Deutschland begründen müsse, z. B. gegenüber der OECD, die zurzeit eine Studie über den Arzneimittelvertrieb in Deutschland erarbeite.

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