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Ärztevorwurf an Kassen: Wegen Sparzwang schlechtere Versorgung
Als Beispiel für Verschlechterungen nannte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am 16. September in Berlin die zurückhaltende Verordnung innovativer Medikamente für Demenzkranke.
Versorgung von Dementen
"800 000 Demenzkranke in Deutschland können wir nicht mehr richtig behandeln. Wir haben neue Medikamente, mit denen wir die Krankheit wirkungsvoll bremsen könnten. Aber wir sollen sie nicht verschreiben, um das Geld zu sparen", erklärte Dr. Manfred Richter-Reichhelm, Chef der KBV, die die rund 120 000 Ärzte vertritt. Die Folgen seien Einweisungen der Patienten in Pflegeheime.
Frage der Mehrkosten
Auf Nachfrage der Deutschen Apotheker Zeitung berichtete die KBV von erheblichen Mehrkosten, würden die niedergelassenen Ärzte evidenzbasiert und gestützt auf Leitlinien die Verschreibungen vornehmen. Von den 800 000 Demenzkranken litten 650 000 an der Alzheimer-Krankheit, von denen rund 390 000 Kranke nach den empfohlenen Leitlinien therapiert werden könnten, nämlich die mit der Indikation leichte bis mittelschwere (und nicht schwere) Demenz.
Von denen wiederum sprächen lediglich 234 000 Patienten (60 Prozent) auf die medikamentöse Therapie mit modernen Wirkstoffen wie Donepezil oder Rivastigmin an. Allein bei der evidenzbasierten Behandlung mit Donepezil ergäben sich Kosten von 530 Millionen Euro, beim Einsatz von Rivastigmin 410 Millionen Euro. Die Mediziner hielten sich jedoch mit der Verordnung der beiden Substanzen zurück, da zwar die Arzneibudgets weggefallen seien, der Druck auf die Ärzte durch die individuellen Richtgrößenprüfungen aber zugenommen habe. Verordnet würden stattdessen preiswerte Präparate mit einer vergleichsweise schlechteren Evidenz.
Gute Arzneiversorgung – aber wie?
Für die Ärzteschaft stellt sich demnach massiv die Frage nach der qualitativ guten Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln. Den Krankenkassen warf KBV-Chef Richter-Reichhelm vor, einen Schuldigen dafür zu suchen, "dass sie mit ihrem Geld nicht auskommen". Die jüngste Erklärung der Krankenkassen zum Anstieg der Arzneimittelausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 8,2 Prozent im Juli 2002 im Vergleich zum Vorjahresmonat relativierte er mit dem Hinweis auf den moderaten Zuwachs in Höhe von 3,9 Prozent im gesamten ersten Halbjahr 2002 (siehe AZ Nr. 38 vom 16. 9.).
Mit dem Anstieg nähmen die Medikamente den sechsten Platz bei den Ausgabensteigerungen in der GKV ein. Explizit nannte der Ärztevertreter im Zusammenhang mit beitragssatzsteigernden Faktoren die kletternden Verwaltungskosten der Kassen von vier Prozent im ersten Halbjahr.
Doppelmoral der Kassen
Dr. Manfred Richter-Reichhelm kritisierte insgesamt die Doppelmoral der Kassenökonomen und warf ihnen vor, die Bilanz sei wichtiger als der Patient. "Gegenüber ihren Mitgliedern versprechen sie die Leistungen vom Himmel herunter. Wenn wir Ärzte unseren Patienten aber Medikamente verschreiben, die ihnen Hoffnung auf eine Besserung ihrer Krankheit geben können, werfen sie uns Verschwendung vor" , sagte der KBV-Chef.
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