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Wachsam sein: Kommentar
Für Apothekerinnen, Apotheker und ihre Mitarbeiter brachte das Gesundheits-Strukturgesetz überwiegend drastische Einschnitte. Das Gesetz bescherte 1993 vor allem staatliche Regulierung und bürokratische Kontrollen – mit den Arzneimittelbudgets oder gesetzlichen Preisdiktaten wie Preisabsenkung und -moratorium oder Preisabschlag Ost im Arzneisektor, daneben die grundlegende Umgestaltung der Zuzahlung der Patienten. Die Zeche dafür, dass die Krankenkassen kurz gesundeten, zahlten unter anderem die Pharmazeuten, die die restriktive Verschreibungspraxis der Ärzte spürten.
Und die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) blieb nur kurz in den schwarzen Zahlen, es wurde pausenlos weiter reformiert. Ein Knackpunkt ist, dass überholte Struktu-ren wie etwa das Sachleistungsprinzip, das Transparenz verhindert, festgezurrt blieben, auch das bisschen Wettbewerb auf Kassenseite reduzierte sich allein auf einen schnelleren Wechsel der Kasse, Bahnbrechendes wie private Zusatzangebote hat es nicht gegeben.
Jetzt wird wieder unter Hochdruck getüftelt. Für die Apotheken heißt das: Es wird an wichtigen Grundfesten des Berufsstands gerüttelt. Das Mehrbesitzverbot soll fallen – wenn Ministerin Ulla Schmidt (SPD) diesen Punkt in ihr "Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz" letztlich aufnimmt, was derzeit kursiert.
Im vertraulichen Entwurf der Fachabteilungen für Schmidt, aus dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 22. Februar berichtete, ist die Rede von bis zu fünf Apotheken, die Apotheker künftig führen dürften, aber nicht mehr als jede dritte öffentliche Apotheke einer Gemeinde. Käme das, wäre das ein Systemwechsel mit großem Sprengsatz. Dass ein bisschen Mehrbesitz nicht isoliert geht, sondern doch die Tür zum Fremdbesitz und somit den Kapitalgesellschaften öffnet, hat der ehemalige Hauptgeschäftsführer des Dachverbands ABDA Dr. Johannes Pieck in DAZ Nr. 8 beschrieben.
Da Schmidt offenkundig den Versandhandel propagiert, findet sich auch hierzu ein Konstrukt. Bestehende Offizinen sollen zusätzlich zum üblichen Betrieb auch Arzneimittel versenden dürfen, wenn sie eine qualifizierte Beratung, Lieferung innerhalb zweier Arbeitstage und kostenlose Transportversicherung abschließen und ein System zur Sendungsverfolgung aufbauen. Außerdem darf der Versand nicht Qualität und Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigen und das Arzneimittel nur an die Person ausgehändigt werden, der es verschrieben wurde.
Details muss die Gesundheitsministerin mit ihrer Fraktion abstimmen, hier gibt es zu anderen Punkten Murren und teilweise weitere Meinungen, etwa zur Festschreibung des Arbeitgeberanteils zur GKV, den Ulla Schmidt ablehnt. Berücksichtigen muss sie wohl auch, dass dem Bundeskanzleramt sehr an einer Senkung der Lohnnebenkosten gelegen ist.
Einigen muss sie sich im übrigen mit ihrem kleineren Koalitionspartner, den Grünen, die sich zwar den Mantel von Reformfreude umhängen, von Schmidt bisher aber nicht einbezogen wurden. Dann bleibt abzuwarten, was nach den Gesprächen mit der Union, die sie für ihre Reform braucht, definitiv kommt.
Für die Apothekerschaft heißt es: Mehr als bisher wachsam sein, Pflöcke gegen Systemveränderung einschlagen und offensiv moderne Weiterentwicklungen wie das niedersächsische Hausapothekermodell propagieren, um sich in den Reformprozess einzuklinken.
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