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- AZ 38/2004
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Pflegeversicherung: Höhere Pflegebeiträge für Kinderlose
Mit der Erhöhung des Beitragssatzes für Kinderlose reagiert die Regierung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001. Dieses hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2004 eine Neuregelung bei der Bemessung des Pflichtbeitrages zur sozialen Pflegeversicherung zu treffen. Die bisherige Regelung, nach der kinderbetreuende und kinderlose Mitglieder gleich hohe Beiträge zahlen, berücksichtige die Betreuung und Erziehung von Kindern nicht angemessen.
Eigentlich Beiträge für alle erhöhen
Die rot-grüne Lösung des Problems ist die Anhebung der Beiträge für Kinderlose. Ausgenommen sind Versicherte, die im kommenden Jahr 65 Jahre und älter sind. "Die momentane finanzielle Situation der Pflegeversicherung zwingt uns eigentlich, für alle die Beitragssätze anzuheben", erklärte Schmidt im Bundestag. Sie rechtfertigte auch die Ausnahme für über 65-Jährige: Das Bundesverfassungsgericht, so die Ministerin, habe gesagt, dass der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Kindererziehenden und Nicht-Erziehenden vernachlässigen kann, wenn eine Generation dafür gesorgt hat, dass genügend Kinder geboren wurden. Genau dies habe die Generation der über 65-Jährigen getan. Schmidt erklärte weiter: "Mit dem von uns eingeschlagenen Weg werden wir die Lohnnebenkosten stabilisieren und dazu beitragen, dass Beschäftigung in Deutschland wieder attraktiv wird und Arbeit geschaffen werden kann". Über die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils hinaus forderte die Ministerin "in Deutschland eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir die Pflegeversicherung weiterentwickeln wollen".
CDU: "Konzeptioneller Dilettantismus"
Die Union lehnt den Gesetzentwurf der Regierungskoalition ab. Der CDU-Sozialpolitiker Andreas Storm kritisierte, dass Rot-Grün beim Thema Pflege "keinerlei Berechenbarkeit und Verlässlichkeit" zeige. "Vielmehr glänzen Sie mit konzeptionellem Dilettantismus". Dreieinhalb Jahre habe die Regierung Zeit gehabt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, erklärte Storm. Doch erst "vier Monate vor Torschluss" werde ein Vorschlag vorgelegt, "der familienpolitisch falsch, verfassungsrechtlich bedenklich und handwerklich mangelhaft ist". Er beinhalte einen "Strafbeitrag für Kinderlose" und gehe damit "meilenweit an den Anforderungen des Verfassungsgerichts vorbei".
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat demgegenüber einen Antrag in den Bundestag eingebracht, nach dem Versicherte, die Kinder unter 18 Jahren erziehen, durch einen Beitragsbonus von 5 Euro pro Kind und Monat entlastet werden sollen. Dafür soll für alle Mitglieder der Beitragssatz um 0,1 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze ohne Beteiligung des Arbeitgebers angehoben werden. Zudem fordert die Union die Regierung in ihrem Antrag auf, noch in dieser Wahlperiode einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem eine umfassende und grundlegende, über das bestehende System hinausgehende Struktur- und Finanzierungsreform der Pflegeversicherung eingeleitet wird.
FDP: "Kinderlosen- belastungsgesetz"
Der FDP-Sozialpolitiker Daniel Bahr hielt Schmidt vor, lediglich ein "Kinderlosenbelastungsgesetz" vorgelegt zu haben. Die Regierung wolle damit "nur ein paar Jahre Zeit gewinnen und die Reform auf die Zeit nach der Wahl schieben". Sie selbst habe "nicht mehr die Kraft" für die Reform der Pflegeversicherung. Auch die FDP brachte einen eigenen Antrag zur Pflege ein: Sie fordert ein Gesetz, nach dem Erziehenden aus Steuermitteln jährlich 150 Euro pro gesetzlich pflegeversichertem Kind in den ersten drei Lebensjahren des Kindes erhalten. Danach sollen Erziehende und Nicht-Erziehende wieder gleich behandelt werden. Zudem müsse eine grundlegende Reform der sozialen Pflegeversicherung, verbunden mit dem Aufbau eines Kapitalstocks, erfolgen.
Schmidt: Vorschläge nicht finanzierbar
Ministerin Schmidt hat für die Vorschläge der Opposition wenig übrig: Der Union gab sie zu bedenken, dass der Pflegekasse bei ihrem Vorschlag 760 Mio. Euro fehlen würden. Darüber hinaus müsse sie berücksichtigen, dass eine allgemeine Beitragssatzanhebung zu einer Erhöhung der Lohnnebenkosten führen wird. An die FDP gerichtet sagte Schmidt: "Man muss schon Butter bei die Fische geben und deutlich sagen, wie eine Reform finanziert werden soll".
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