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Elektronische Gesundheitskarte: IT-Firmen fürchten um planmäßigen Start
Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, gab sich in der vergangenen Woche dennoch zuversichtlich, dass der Zeitplan eingehalten werden kann. Wenn sich die Selbstverwaltung nicht einig werden sollte, will das Ministerium die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Bis Ende September wollen sich Kassen, Ärzte und Apotheker auf die Details der Karte einigen und den Herstellern die entsprechenden Vorgaben liefern - dazu hat sich die Selbstverwaltung selbst verpflichtet. Doch es gibt Streit darüber, wie die Daten transferiert werden sollen. Die Krankenkassen plädieren dafür, sie auf einem Server zu speichern. Diese Variante bedeute ein Mehr an Sicherheit, Aktualität und Qualität, so die Kassen. Mit dieser Lösung könnten die Daten auch eingesehen werden, wenn die Versichertenkarte nicht eingelesen wird.
Die Apothekerschaft setzt hingegen auf eine Speicherung auf der Karte selbst. Auf diese Weise "kommen und gehen die Daten letztlich mit dem Patienten", erklärte ABDA-Hauptgeschäftsführer Frank Diener. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Krankenkassen mit der Serverlösung dauerhaft Einblick in die Patientendaten erlangen können. Sie zeigen sich jedoch kompromissbereit: So könnte man den Patienten selbst entscheiden lassen, ob er seine Daten lieber auf seiner Versichertenkarte oder auf einem Server speichern lassen möchte. Auch in der Ärzteschaft findet sich Unterstützung für diesen Vorschlag. Hier ist die Diskussion ebenfalls noch im Gange.
Kartenhersteller zweifelt am Zeitplan
Willi Berchtold, Chef des Kartenspezialisten Giesecke & Devrient und Vorsitzender des IT-Branchenverbandes Bitkom, hält angesichts der noch offenen Fragen den Termin für die Einführung der Karte für ernsthaft gefährdet. "Wenn das Arbeits- und Entscheidungstempo der letzten neun Monate so weitergefahren wird, kann der Januar 2006 nicht gehalten werden", sagte er dem Handelsblatt (Ausgabe vom 15. September). Als Grund nannte er die "komplexen Strukturen des Gesundheitswesens" und die damit verbundenen schwierigen Entscheidungswege in der Selbstverwaltung. Doch auch Berchtold hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Karte doch noch pünktlich fertig wird und das dahinter steckende Know-how zu einem Exportschlager wird.
Ministerium lädt zum Gespräch
Das Bundesgesundheitsministerium hat die Beteiligten nun für den 22. September zu einem Gespräch eingeladen. Noch ist das Ministerium optimistisch, dass die Selbstverwaltung bis Ende des Monats eine Lösung findet. Staatssekretär Schröder forderte Krankenkassen, Ärzte und Apotheker am 14. September zu einer engeren Kooperation mit der Industrie auf. Diese sei nicht zuletzt angesichts des engen Zeitplans wünschenswert. Sollte die Selbstverwaltung der Industrie zum Monatsende noch immer keine Detailvorgaben vorlegen können, so könne das Ministerium per Ersatzvornahme tätig werden, bekräftigte Schröder. Auch wenn man auf eine Einigung der Selbstverwaltung setzt: Die Vorbereitungen für schnelles Handeln seien getroffen, hieß es.
Probephase im Herbst
Die Gesundheitskarte für die 70 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen war Ende vergangenen Jahres mit dem GKV-Modernisierungsgesetz beschlossen worden. Sie soll die heutigen Versicherten-Chipkarten ablösen und wesentlich mehr Daten enthalten. Die Erprobungsphase für das IT-Großprojekt, für das Kosten in Höhe von rund 1,8 Mrd. Euro veranschlagt sind, soll im Herbst beginnen. Mitte Oktober soll feststehen, in welchen Modellregionen die neue Karte zunächst getestet wird.
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