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Großbritannien: Mehr Werbung für OTC möglich

(jr). Seit dem 30. Juni unterliegen Werbemaßnahmen für OTC-Produkte im Vereinigten Königreich nur noch wenigen Restriktionen. Die Apotheker begrüßen die Entscheidung der Regierung, zumal da als Sekundäreffekt die Verschiebung zahlreicher verschreibungspflichtiger Medikamente in den OTC-Bereich erwartet wird. Bereits im Jahr 2003 gab die britische Regierung bekannt, die unzähligen den OTC-Markt hemmenden Werberestriktionen zum Großteil aufheben zu wollen. Pharmaindustrie wie Apotheker begrüßten die Ankündigung, ohne ihre Skepsis an einer raschen Umsetzung der Pläne zu verbergen.

Die Entscheidung des Gesetzgebers, bereits ab dem 30. Juni diesen Jahres neue Werbebestimmungen in Kraft treten zu lassen, überraschte sowohl wegen der raschen Einführung als auch wegen des Umfangs der Reform. Diese bestimmt die Aufhebung des Werbeverbots für Arzneimittel zur Diagnose, Prävention oder Behandlung von Knochen- und Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie endokrinen oder psychiatrischen Erkrankungen. Erlaubt ist Werbung für OTC-Medikamente zur Behandlung von Rheuma, Erkrankungen der Leber, Bauchspeicheldrüse und Galle, schwere Erkrankungen der Augen und Ohren, des Magen-Darm-Traktes, der Nieren oder Atemwege, der Haut sowie neurologische wie muskuläre Störungen.

Helen Derracott vom Verband der Hersteller von OTC-Produkten Großbritanniens sieht für Apotheker eine potenziell "äußerst aufregende" Zeit anbrechen. Diese könnten nunmehr auf ein weitaus größeres Arsenal an beworbenen und somit gefragteren OTC-Medikamenten zurückgreifen, um ihren Kunden eine noch effektivere Selbstmedikation zu ermöglichen. Produkte wie Aspirin 75 mg könnten auch zur Behandlung von koronaren Herzerkrankungen angepriesen werden. Die Werbung für OTC-Simvastatin sei ein weiteres Beispiel, wie Kranken zukünftig die Behandlung erleichtert werden könne.

Vertreter der Königlichen Pharmazeutischen Gesellschaft Großbritanniens betonten, dass Apothekern neben der Aufklärungsarbeit durch Pharmafirmen eine unabhängige Beratung zu Teil werden sollte. Die Gesellschaft wird nach eigenen Angaben gezielt Informationsmaterialien zu Produkten herausgeben, die von den wesentlichen Rechtsänderungen betroffen sein werden.

Mehr Arzneimittel "switchen"

Marktbeobachter erwarten vor allem eine erhebliche Zunahme an Anträgen auf Umkategorisierung (Switch) vieler Medikamente durch die Pharmaindustrie. Unter den veränderten Werbebestimmungen bestünde größtes Interesse an der Ausweitung der werbetauglichen Produktpalette, und die werde durch die Verschiebung verschreibungspflichtiger Medikamente in den OTC-Bereich erzielt.

Die Bedeutung der neuen Werbebestimmungen macht ein Blick auf den OTC-Markt des letzten Jahres deutlich. Mit einem Wachstum von 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einem Gesamtvolumen von 1,973 Milliarden Pfund zählte dieser zu den Hoffnungsträgern britischer Apotheker. Der Verkauf von Allergiemedikamenten erhöhte sich um 13,5 Prozent, während OTC-Produkte zur Unterstützung der Aufgabe des Rauchens eine Wachstumsrate von 11,3 Prozent aufwiesen. Der Umsatz mit Medikamenten zur Behandlung von Hautirritationen wuchs um 7,8 Prozent, der mit Schmerzmitteln um 4,2 Prozent, während der Umsatz mit Produkten gegen Erkältungs- und Halserkrankungen um 3,9 Prozent anstieg.

Einige Beschränkungen bleiben

Trotz der großzügigen Erleichterungen zur Bewerbung von OTC-Produkten bleiben vereinzelte Beschränkungen für ausgewählte Medikamente auch in Zukunft bestehen. Hierbei handelt es sich vor allem um jene Produkte, die in Falle von Krebs, bei schweren Infektions- und Geschlechtskrankheiten, Diabetes und anderen Stoffwechselerkrankungen oder chronischen Schlafstörungen zur Anwendung gelangen. Allerdings, so eine Verlautbarung aus Regierungskreisen, könnten diese Beschränkungen möglicherweise im Rahmen der neuen EU-Gesetzgebung im Jahr 2005 fallen.

Vorerst, so hoffen viele Apotheker, wird die ohnehin stark auf Selbstmedikation ausgerichtete Bevölkerung durch die zusätzlichen Werbemaßnahmen einmal mehr auf Produkte aufmerksam, die bisher kaum oder gar nicht wahrgenommen wurden. In welchem Umfang die Verschiebung von verschreibungspflichtigen Medikamenten in den OTC-Bereich erfolgen wird, wagt indessen kaum jemand vorherzusagen.

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