Meinung

Wie bleibt die Apotheke konkurrenzfähig?

Von Kai G. Hutzenlaub und Matthias Henke | Die am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesundheitsreform hatte im Vorfeld zu einer grundlegenden Verunsicherung geführt. Dem ersten Schreck folgt nun teilweise eine Beruhigung. Doch es ist verfrüht, von einer Entwarnung zu sprechen. Eine Anpassung des Marktes an die veränderten Rahmenbedingungen ist, erst recht bei einer grundlegenden Umstrukturierung, ein Prozess, der sich nicht in Wochen oder wenigen Monaten vollzieht, sondern seine Wirkung erst über einen längeren Zeitraum voll entfalten kann. Aufschlussreich für die Zukunft ist dabei im Hinblick auf die Apotheken ein Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, in dem es u. a. zur vorherigen Situation heißt: "Es findet gegenüber den Versicherten weder ein Preiswettbewerb noch ein Wettbewerb im Bereich der Handelsspannen statt. Deutschland nimmt als Folge dieser starren Regulierung im OECD-Vergleich einen Spitzenplatz bei der Apothekendichte ein ..."[1] Welche Schlüsse müssen daraus gezogen werden, um den geänderten Rahmenbedingungen eines weniger stark regulierten Marktes bei stärkerem Wettbewerb und geringeren Handelsspannen Rechnung tragen zu können?

 

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Grundlage für eine Betrachtung der Problematik ist eine Bestandsaufnahme der bisherigen und eine Prognose der durch die Gesetzgebung zu erwartenden betriebswirtschaftlichen Situation der einzelnen Apotheken am Markt. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen ergeben sich Schlüsse auf das Selbstverständnis einer zukunftsfähigen Apotheke.

Alte Situation. Das Gesundheitssystem stellte in der Vergangenheit aus dem Blickwinkel des Apothekenwesens einen staatlich umfassend regulierten Markt dar, der konsequent an der Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln ausgerichtet war. Unter dieser Grundausrichtung des Marktes bot sich den Apothekern ein für das wirtschaftliche Überleben von ökonomischen Zwängen weitgehend gesicherter Markt, wenn auch nicht mehr den Apothekern das alleinige Verkaufsrecht über Zucker, Gewürze, alkoholische Getränke, Wein, Tabak, Kaffee und Schokolade aus vergangenen Zeiten zusteht.

Eine Preisbindung und damit einhergehend das Fehlen eines für den Verbraucher elementaren Entscheidungsfaktors und die Beschränkung des Distributionsweges von Arzneien über öffentliche Apotheken bereiteten – ergänzt durch das Fremd- und Mehrbesitzverbot – ein innovationsfeindliches Umfeld. Es schuf existenzsichernde Rahmenbedingungen, in denen die Bereitschaft zur strategischen Unternehmensplanung und damit zur deduktiven Neubestimmung des Selbstverständnisses der Apotheke und zur Neupositionierung der Apotheke in einem veränderten Markt zur Gewinnmaximierung zwar möglich, für das wirtschaftliche Überleben aber nicht erforderlich war.

Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen.

Bereits der Entwurf des "Eckpunktepapier(s) der Konsensverhandlungen zur Gesundheitsreform" indiziert einen gesundheitspolitischen Paradigmenwechsel in der Arzneimittelversorgung. Höchster Wert ist und bleibt selbstverständlich der Erhalt der "Volksgesundheit", relativiert wird er jedoch durch die grundlegende Aufwertung ökonomischer Erwägungen.

Neben der Gestattung von Versandhandel, der beschränkten Aufhebung des Mehrbesitzverbotes und der Preisfreigabe für alle von den Krankenkassen nicht erstatteten OTC-Produkte werden die Bevorzugung der Versorgung aus einer Hand und integrierte Versorgungsverträge im Zusammenhang mit der in weiten Bereichen gestärkten Aushandelbarkeit von Krankenkassenrabatten für die Weiterentwicklung des Arzneimittelmarktes von elementarer Bedeutung sein. Attraktive Großkunden werden stärker individualvertraglich an ausgesuchte Apotheken gebunden. Auch wenn am Fremdbesitzverbot festgehalten wird, so wird die strategische Bedeutung von Risikokapital und Unternehmensgröße eine Dynamisierung des Marktes bedingen. Die hierzu erforderliche Handlungserweiterung bewirkt der Gesetzgeber mit der beschränkten Zulassung von Mehrbesitz.

Neben der Konkurrenz mit auf diese Weise gestärkten Marktteilnehmern wird sich der Apotheker die Belastung durch den schattenhaften Internethandel zu gewärtigen haben. Eine gegenwärtig geringe Bereitschaft der Apotheker den neuen Vertriebsweg zu erschließen und eine geringe Akzeptanz der Verbraucher ist lediglich eine vorläufige Bestandsaufnahme, die noch nicht die spezifischen Wettbewerbsvorteile, die zu einer Diversifikation des Arzneimittelmarktes führen wird, wiedergibt.
 

"Es gilt sich zu vergegenwärtigen, dass mit der Reform des Gesundheitswesens eine Verdrängung von Apotheken vom Markt relativ unverblümt beabsichtigt ist."


Das Ergebnis ist ein wirtschaftliches Leistungsgefälle zu Lasten der durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlichen Apotheken. Augenfällig wird dies vor allem bei den zur Verfügung stehenden Ressourcen, nicht nur im finanziellen Bereich, sondern auch in Bezug auf die Angestelltenzahlen und deren Qualifikationen, die eine umfassende Kompetenz einer Apotheke gewährleisten könnte.

Das Ergebnis dieses Entwicklungsprozesses ist also eine Verschiebung der Wettbewerbsbedingungen. Von Bedeutung wird dieses uneinheitliche Apothekenbild einerseits in der unmittelbaren Konkurrenz untereinander, andererseits in Bezug auf besondere Versorgungseinrichtungen, die eine Arzneimittelversorgung durch Ausschreibung, teilweise mit Einbeziehung der Krankenkassen, sicherstellen. Größenbedingte Handlungsspielräume – sei es durch Apothekenmehrbesitz, sei es aber auch durch Kooperation mit anderen Apotheken – werden den Ausschlag in einem verdrängenden Wettbewerb geben. Plastisches Beispiel für verdrängenden Wettbewerb und eine Bündelung der Nachfrage nach einer Deregulierung ist die Entwicklung der Drogerien.

Ökonomisch stellen die beschlossenen Grundpfeiler einer neu verstandenen Arzneimittelversorgung nicht einmal das Radikale eines möglichen Apotheken- und Arzneimittelrechts dar. Der Tenor des von dem Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens vermittelt ein noch viel weiter reichendes, ein erschreckendes Bild. Alleine die maximalen Einsparpotenziale aus einer radikal verstandenen Veränderung der Marktstruktur – Fall des Fremdbesitzverbotes, Ausreizen von Wirtschaftlichkeitsreserven zugunsten der Krankenkassen – belaufen sich auf ein Vielfaches der tatsächlich angestrebten Ersparnis. Diese Einsparungen in Milliardenhöhe führen zwangsläufig zu Umsatzeinbußen für die einzelnen Apotheken – mit der drastischen Folge, dass gerade umsatzschwache Apotheken am Rande der Wirtschaftlichkeit unter diese Schwelle fallen.

Dieser Vergleich soll die anstehenden Veränderungen nicht relativieren und die zwangsnotwendig für einen großen Teil des Marktes einhergehenden Gewinneinbußen herunterspielen, sondern vielmehr für eine Neuausrichtung der Apotheke im 21. Jahrhundert sensibilisieren. Es gilt sich zu vergegenwärtigen, dass mit der Reform des Gesundheitswesens eine Verdrängung von Apotheken vom Markt relativ unverblümt beabsichtigt ist. Die Neuausrichtung muss daher über die Kompensation der oben angesprochenen Umsatzeinbußen hinaus die gesamten marktbezogenen Prozesse betreffen, denn ein Schlusspunkt wird diese Reform nicht sein.

Die zu erwartenden Veränderungen müssen den einzelnen Apotheker zu situationsangemessenen Überlegungen bringen.

Wo steht Ihre Apotheke?

Die skizzierte Umweltanalyse führt zwangsnotwendig zu einer Überprüfung der Positionierung der Apotheke auf dem Markt und zur Forcierung strategischer Unternehmensplanung zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen und zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition. Strategische Unternehmensplanung ist zu verstehen als eine Konzeption, die die Steuerung und Koordination der langfristigen Entwicklung des Unternehmens zum Ziel hat und bei der neben rational-ökonomischen Überlegungen auch soziologische stehen. Der Schwerpunkt liegt auf einer frühzeitigen dynamischen Prüfung von Chancen und Risiken, die sich aus veränderten Umweltbedingungen ergeben. Primär muss folglich die Vereinbarkeit der bestehenden unternehmerischen Leitbilder mit den Umfeldbedingungen kritisch hinterfragt werden.[2]

Als Grundlage für die Verschiebung der Wettbewerbsbedingungen wurden die Risikokapitalisierung und die strategische Unternehmensgröße ausgemacht, die ihren Ausdruck vor allem in der Preisgestaltung findet. Hieraus lässt sich das Erfordernis ableiten, kosteneffizient eine Apotheke zu leiten, Ressourcen zu bündeln und zu sparen. Ein Lösungsansatz hat diese aufzugreifen und einen Weg aufzuzeigen, diese Wettbewerbsvorteile in ihrer Bedeutung zu relativieren. In diesem Zuge müssen aber auch sämtliche anderen Prozesse einer Apotheke überprüft und möglicherweise einer einheitlichen Lösung zugeführt werden.

Kooperieren, aber wie und wie stark?

Ein Ausschnitt der Unternehmenskonzeption hat die Gestaltung von Lieferbeziehungen zum Gegenstand. Neben der Ausrichtung auf Konkurrenz – die offensichtlich schlechteste Strategie in einem Verdrängungswettbewerb bei unterlegener Marktposition – steht die Kooperation als mögliches Instrumentarium.[3] Auf der einen Seite stehen "Dachmarken" oder ähnliche Organisationen – nicht zu Unrecht kritisiert –, auf der anderen Seite – und das soll im Folgenden verfolgt werden – stehen individuelle Zusammenschlüsse, die auf der Eigeninitiative ihrer Mitglieder beruhen, deren eigene Identität wahren und einen zusätzlichen Handlungsspielraum gewähren.

Auch hierdurch kann eine Bündelung der Nachfragemacht größenbedingte relative Konditionsnachteile kompensieren. Bedenken, die gegen eine Kooperation sprechen, müssen im Rahmen der Umfeldanalyse festgestellt und bewertet werden. Hierbei wird der Schwerpunkt der Betrachtung unmittelbar auf die einer Kooperation immanenten Stärkung der Konkurrenz gelenkt. Die Folge ist eine Interessenkollision, die unter weitgehender Schonung der jeweiligen Interessen in einen Ausgleich zu bringen ist. Welche Bedeutung diesem Aspekt beizumessen ist, hängt von der Zielsetzung, der Zusammensetzung und der Ausgestaltung der Kooperation ab.

Für die Bestimmung der Zielsetzung der konzertierten Anstrengung muss sich der Kreis der Apotheker über die Ausrichtung der Aktivitäten verständigen und deduktiv von den gemeinsam festgestellten Unternehmensleitbildern die erforderlichen Maßnahmen ableiten. Diese im Vorfeld vorzunehmende Bestimmung dient u. a. der bewussten Auswahlentscheidung verschiedener Handlungsalternativen, der Ausrichtung sämtlicher Aktivitäten, der Bewertung und der Kontrolle[4].

Die notwendig über die bloße Verhaltenskoordination hinausgehende Bündelung der Warenbeschaffung ist als einfachste Form vorauszusetzen. Als zusätzliche Vertriebsdienstleistung ist die Einbeziehung der Kooperation in die Haftung zu nennen. Die durch die wirtschaftliche Abwicklung im Verhältnis zu den Lieferanten hervorgerufene Ökonomisierungswirkung mindert für den Lieferanten das Ausfallrisiko – das nach den implizierten Aussagen des vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens (Minderung der Apothekendichte) mit den Reformansätzen weiter steigen soll –, kann also Freiräume für weitere Preisnachlässe schaffen.

Darüber hinaus bieten sich den Einzelunternehmern jedoch auch noch weitere Schnittpunkte für den konkurrenzfähigen Betrieb der Apotheke. Überlegenswert, der traditionell individualistischen Betrachtungsweise aber zuwiderlaufend, ist eine Konzentration der Distribution oder der Warenlagerung.

Zu untersuchen wäre, ob sich nicht über eine Kumulierung der Nachfrage hinaus für jedes Mitglied anfallende Gemeinkosten auf eine Weise einsparen ließen bzw. Handlungsfreiräume geschaffen werden können, ohne nachteilige Effekte für die einzelne Apotheke generieren zu müssen. Denkbar ist dies z. B. im Bereich der Bindung von Personal mit der Bestellungsabwicklung und der Warenkontrolle. Daneben ließen sich auch Synergieeffekte im Bereich des Services erzielen.

Die gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfordern jedoch nicht eine straff geführte, aktiv in den Absatzmarkt eingreifende Kooperation, wie sie z. B. im Lebensmittelbereich erforderlich ist[5]. Je weiter die Zusammenarbeit führt, desto geringer werden die Unterschiede und damit möglicherweise die Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten.

Die Intensität des Einflusses wird wiederum wesentlich durch die Zusammensetzung des Kreises der Apotheker bestimmt. Welcher in Frage kommt, sollte aus der Zielbestimmung abgeleitet werden. Beschränkt sich die Zusammenarbeit auf die Kostenminderung im Wareneinkauf ist die räumliche Entfernung von geringerer Bedeutung, solange nicht ein Preisvorteil der unmittelbaren Konkurrenz gegenüber angestrebt wird. Je stärker aber auch über den Servicebereich die Identität der Apotheke betroffen ist, desto größer ist die Bedeutung im lokalen Markt, sodass die Bedeutung der räumlichen Entfernung steigt.

Eine Harmonisierung von Integrationsgrad und Zusammensetzung der Unternehmung lässt sich über die rechtliche Erfassung der Kooperation erzielen. Die bedeutsamste Fragestellung betrifft die Qualität der Bindung der Mitglieder an die Kooperation, die in ihrer Intensität die gesetzlich vorgegebenen Schranken der Wettbewerbsbeschränkung nicht überschreiten dürfen[6]. Welche Bindung darüber hinaus angestrebt werden soll, bedarf der individuellen und situationsspezifischen Feststellung der Beteiligten.

Als Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Betrachtung lässt sich daher festhalten, dass in einem Verdrängungswettbewerb mithilfe strategischer Nutzung von Kooperationen zwischen einer Mehrzahl gerade kleinerer und durchschnittlicher Apotheken ökonomische Freiräume geöffnet werden können. Diese müssen genutzt werden, um den grundsätzlich überlegenen großen Apotheken bzw. "Apothekenketten" und Internetapotheken Wettbewerbsvorteile zu nehmen und unter diesem Aspekt eine Verdrängung vom Markt zu verhindern.

Lösungsmöglichkeiten aus juristischem Blickwinkel

Aus den oben angeführten, betriebswirtschaftlichen Ansätzen ergeben sich verschiedene juristische Lösungsmöglichkeiten des Zusammenschlusses. Hier geht es zunächst – unabhängig von der individuellen Ausgestaltung – um die gesellschaftsrechtliche Erfassung.

Zunächst erhebt sich die Frage, welche juristischen Anforderungen an die Kooperation gestellt werden. Sinn der Kooperation ist eine möglichst effektive Erreichung der betriebswirtschaftlich als notwendig erkannten Ziele der einzelnen beteiligten Apotheker – nämlich der Kooperation mit anderen Berufskollegen zur Minderung der unternehmensgrößenbezogenen Wettbewerbsvorteile.


"Je weiter die Zusammenarbeit führt, desto geringer werden die Unterschiede und damit möglicherweise die Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten."
 

Zentraler Punkt für den beteiligten Apotheker sollte dabei zunächst ein möglichst weitgehender Ausschluss des Haftungsrisikos sein. Eventuelle wirtschaftliche Schwierigkeiten der Kooperation sollten sich nicht auch noch auf die finanzielle Situation des einzelnen Apothekers niederschlagen. Weiterhin sollte eine möglichst homogene Kooperation entstehen, an der weitgehend gleichberechtigte Apotheker teilnehmen – eine Dominanz einzelner "Großapotheken" würde dem eigentlichen Zweck zuwiderlaufen.

Die Zahl der Teilnehmer sollte möglichst variabel gestaltbar sein. Darüber hinaus sollte die einzelne Apotheke durch die Kooperation eher entlastet, nicht durch zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch die gleichzeitige Interessen- und Aufgabenwahrnehmung für die anderen Teilnehmer belastet werden; ideal wäre es, wenn der einzelne Bestellvorgang nicht aufwändiger ist, als das bisherige System. Gleichzeitig soll die individuelle Identität der einzelnen Apotheke gewahrt bleiben. Eine mögliche Lösung muss sich an diesen Kriterien messen und – möglichst ohne erheblichen vertraglichen Aufwand – realisieren lassen.

Personengesellschaften

Der juristische Laie wird bei einer Kooperation spontan daran denken, sich einfach mit Kollegen zusammenzutun und gemeinsam zu bestellen. Diese Möglichkeit realisiert die einfachste Form einer Gesellschaft, die BGB-Gesellschaft bzw. – sofern ein Handelsgewerbe vorliegt – die offene Handelsgesellschaft (oHG). Die vorgenannten Gesellschaftsformen werden – mit der Kommanditgesellschaft (KG) als Personengesellschaften bezeichnet.

Der Vorteil der Personengesellschaften ist die leichte Gründung ohne schriftliche Fixierung der vertraglichen Regelungen, zum Teil sogar nur konkludent. Das Fehlen bzw. die fehlende Fixierung einzelner vertraglicher Regelungen führt dann z.T. zu beträchtlichen rechtlichen Risiken, die der juristische Laie unterschätzt. Auch ergibt sich ein Manko bei der Sensibilisierung für entstehende Fallstricke. Umso wichtiger wären dann gesetzliche Regelungen, die den Einzelnen schützen. Dies ist aber gerade bei der scheinbar so einfachen Gesellschaftsform nicht der Fall. Sie sind vielmehr am Ziel des Gläubigerschutzes zu Lasten des Gesellschafterschutzes ausgerichtet.


"In einem Verdrängungswettbewerb können mit Hilfe strategischer Nutzung von Kooperationen zwischen einer Mehrzahl gerade kleinerer und durchschnittlicher Apotheken ökonomische Freiräume geöffnet werden."
 

Die Risiken einer Personengesellschaft sind dabei vielfältig. Nach den gesetzlichen Regeln haften die Gesellschafter jeweils persönlich für die gesamten Schulden der Gesellschaft. Ein möglicher Gläubiger kann sich aus dem Kreise der Gesellschafter den aus seiner Sicht solventesten aussuchen und für die gesamte Gesellschaft zahlen lassen. Dieser kann dann versuchen, sich bei den anderen Gesellschaftern deren Haftungsanteil zurückzuholen. Auch sind die Gesellschafter i. d. R. auch die Geschäftsführer. Die Willensbildung ist nur einstimmig möglich. Auch ist die Mitgliedschaft nicht frei übertragbar. Zwar sind die gesetzlichen Regelungen z. T. dispositiv, erfordern dann aber entsprechende Verträge.

Nimmt man das oben aufgestellte Anforderungsprofil zum Maßstab und stellt es dem Profil der Personengesellschaft gegenüber, zeigen sich einige mit dieser Rechtsform nicht abdeckbare Problempunkte[7]. Zunächst ist die Haftungseinschränkung praktisch nicht möglich. Durch die angestrebte Bedeutung, die die Kooperation für einen sinnvollen Nutzen am Markt erreichen muss, kann dies gerade bei einer immer größer werdenden Zahl von Mitgliedern zu einem unkalkulierbaren Risiko werden. Bereits dieses Risiko rechtfertigt, Personengesellschaften als geeignete Kooperationsform auszuschließen.

Darüber hinaus ist zwar eine Dominanzeinschränkung durch das Einstimmigkeitserfordernis gegeben; allerdings besteht hier die Gefahr einer Blockade bei der Beschlussfassung. Bedingt durch die Stellung der Gesellschafter als Geschäftsführer ist der persönliche Einsatz des einzelnen Apothekers bei der Entscheidungsfindung und Richtungsbestimmung der Personengesellschaft nicht unerheblich. Zwar lassen sich einige der angeführten Mängel durch entsprechende vertragliche Modifikationen der gesetzlichen Regelungen beheben; der fehlende Haftungsausschluss selbst bei Altverbindlichkeiten bleibt[8].

Eine Einschränkung der Haftung wäre im Bereich der Personengesellschaften nur durch die KG möglich. Hier haftet nur der Komplementär, der auch gleichzeitig Geschäftsführer ist und die Geschicke der KG bestimmt. Die Kommanditisten fungieren hier nur mehr als Geldgeber. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Kommanditisten selbst keinen unmittelbaren Einfluss auf den Geschäftsverlauf nehmen können und eine unmittelbare Ausrichtung an ihren Interessen nicht garantiert ist. Durch diese Ungleichbewertung wäre eine Homogenität im Rahmen der Kooperation nicht gewährleistet. Eine effektive Interessenwahrung ist mit der KG somit nicht zu erreichen, wodurch diese Gesellschaftsform ebenfalls ausgeschlossen ist.

Eine Mischform der KG, die so genannte GmbH & Co. KG, würde auch die Haftung des Komplementärs auf die Haftungssumme der GmbH begrenzen. Durch die Vereinigung der Personengesellschaft mit der Körperschaft – auf diese wird noch einzugehen sein – ist mit den Schwierigkeiten der GmbH behaftet und fügt diesen noch weitere hinzu; sie ist somit ebenfalls nicht praktikabel für die gestellte Aufgabe. Gemessen an den aufgestellten Kriterien sind somit die Personengesellschaften in der vom Gesetz vorgesehenen Form nicht geeignet, den aufgestellten Anforderungen der Apotheker zu genügen.

Körperschaften des Privatrechts

Neben den Personengesellschaften bestehen noch die so genannten Körperschaften. Genannt seien hier die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Aktiengesellschaft (AG) und die Genossenschaft (eG).[9]

Wesen einer Körperschaft ist es, dass sie eine eigene Rechtspersönlichkeit hat, die rechtlich unabhängig von den Mitgliedern ist. Daraus folgt eine vermögensrechtliche Verselbstständigung, die eine persönliche Haftung der Mitglieder über den Gesellschaftsanteil hinaus ausschließt. Weiterhin wird sie von einem Vorstand als Organ vertreten und tritt unter einem Gesamtnamen auf. Aufgrund ihrer rechtlichen Verselbstständigung können sie allerdings nicht so einfach wie Personengesellschaften gegründet werden, sondern bedürfen eines im Vergleich zu den Personengesellschaften umfangreicheren formalen Aufwandes bei Gründung und Veränderungen. Darüber hinaus unterwirft das Gesellschaftsrecht die Körperschaften einigen Reglementierungen, die zwischen den einzelnen Gesellschaftsformen differieren können.

Unter Zugrundelegung der oben aufgestellten Maßstäbe ergibt sich folgendes Bild: Die Haftung ist bei der Körperschaft auf den Gesellschaftsanteil beschränkt, womit ein wesentliches Kriterium der Kooperation erfüllt wäre. Über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheidet letztlich die Mitgliederversammlung, die damit für die Homogenität der Mitglieder sorgen und branchenfremde Gruppen ausschließen kann. Die Variabilität der Mitglieder ist jedoch bei einigen Arten von Körperschaften problematisch.

Gerade in der Anfangszeit ist die Kooperation darauf ausgelegt, sich möglichst ständig zu vergrößern. Da die Aufnahme neuer Gesellschafter in der Regel eine Änderung der Anteile am Stammkapital bedingt, sind hier immer wieder Änderungen des Vertrages – einhergehend mit relativ teuren Notar- und Gerichtskosten – zu befürchten. Diese sind darüber hinaus regelmäßig mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Gerade dieser soll aber vermieden werden.

Die Betrachtung ergibt, dass sich die Körperschaften als Kooperationsformen deutlich besser zur Verwirklichung der Ziele der Kooperation eignen als die Personengesellschaften.

Eine Gegenüberstellung der einzelnen Körperschaftsformen ergibt ein weiter differenziertes Bild.

Die GmbH. Die am weitesten verbreitete Körperschaft ist die GmbH. Von der gesetzlichen Konzeption her ist sie eine personalistisch ausgerichtete Gesellschaft. Die GmbH ist vom Gesetzgeber vor allem für einen kleinen Kreis an Gesellschaftern gedacht. Die Abstimmungsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung, die die Ziele und Ausrichtung der GmbH bestimmt, richtet sich nach dem Anteil am Stammkapital.

Nachteilig für den Zweck der Kooperation ist allerdings, dass die GmbH immer wieder eine intensive Auseinandersetzung mit den Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages verlangt. Einerseits ist das GmbH-Gesetz eine sehr breit gefasste Vorschrift, die einen sehr inhomogenen Kreis von Gesellschaftszwecken und -ausprägungen mit erfassen soll. Dies erfordert eine sehr spezifische, vertragliche Anpassung an den Zweck der angestrebten Kooperation. Andererseits erfordert die wechselnde Anzahl und Wert der Geschäftsanteile eine stetige Befassung mit dem Inhalt des Vertragswerkes.

Die Aufnahme neuer Gesellschafter bedingt immer wechselnde Anteile, wenn nicht die Gefahr bestehen soll, dass eine Majorisierung durch eine Minderheit möglich sein soll. Beide hier möglichen Anpassungsarten – die Neuaufteilung und die Kapitalerhöhung/-herabsetzung – bedingen dabei zusätzliche finanzielle Aufwendungen für das Registergericht und den Notar. Gerade in der Anfangsphase, wenn häufiger neue Gesellschafter aufgenommen werden müssen, ist dieser Aufwand am höchsten. Auch ist mit jedem Gesellschafterwechsel ein erheblicher Kostenaufwand durch Gerichts- und Notarkosten verbunden.

Die AG. Bei der Aktiengesellschaft tritt die Problematik auf, dass viele Regeln weitgehend zwingend vom Gesetzgeber vorgegeben werden.[10] Darüber hinaus sind diese Regeln mit Kosten verbunden. Gerade im mittelständischen Bereich ist die AG daher wenig attraktiv.

Die eG. Letztlich wäre noch an die Form der Genossenschaft zu denken. Genossenschaften beruhen auf dem Gedanken der verbandsmäßig organisierten Selbsthilfe. Die Genossenschaft war schon von den Ursprüngen her als klassische Einkaufskooperation einer Vielzahl kleiner und mittlerer Händler angelegt. Sie kann als bloße Bezugskonzentration oder als vollwertige vorgelagerte Wirtschaftsstufe (vergleichbar einem Großhändler) ausgestaltet sein. Zwar ist sie im heutigen Wirtschaftsleben mit einigen Nachteilen wie unflexibler Bindung an den Genossenschaftsgeist und stark beschränktem Zugang zum Kapitalmarkt verbunden. Im Bereich der Kooperation bilden diese Punkte allerdings keinen Nachteil, z.T. sogar Vorteile. So ist das genaue Ziel der Genossenschaft unveränderbar vorgegeben. Hierdurch wird eine Änderung des Gesellschaftszweckes – der auch nicht erwünscht ist – verhindert. Durch den Genossenschaftsgeist werden die Mitglieder zu einem kooperativen Verhalten geführt.

Nachteilig ist dabei, dass zunächst die Gründungsformalitäten bei einer Genossenschaft – wie auch bei den anderen Körperschaften – erfüllt werden müssen. Im Falle der Genossenschaft ist jedoch kein zusätzlicher Aufwand erforderlich, wenn neue Mitglieder aufgenommen werden sollen. Dabei ist die Aufnahme von neuen Genossenschaftsmitgliedern relativ einfach; die Liste der Mitglieder wird direkt vom Vorstand geführt, der auch über den Beitritt entscheidet. Vertragsänderungen o. ä. sind nicht erforderlich.


"Insgesamt kann man aus juristischer Sicht feststellen, dass die Genossenschaft – obwohl im allgemeinen Wirtschaftsleben im Rückgang begriffen – gerade im Bereich der Apotheken als Gesellschaftsform den aufgestellten Zielen am ehesten gerecht wird."
 

Neue Mitglieder werden aber dennoch verpflichtet, sich im Sinne der Genossenschaft zu verhalten. Durch den genossenschaftlichen Grundsatz der Gleichheit aller Mitglieder ist eine Majorisierung durch einzelne Mitglieder nicht möglich. Eine Veränderung des Unternehmenszweckes ist auch mit Mehrheit nicht möglich. Zwar verfügt auch eine Genossenschaft über einen Aufsichtsrat, doch sind die Anforderungen im Vergleich zur AG hier geringer.

Insgesamt kann man aus juristischer Sicht feststellen, dass die Genossenschaft – obwohl im allgemeinen Wirtschaftsleben im Rückgang begriffen – gerade im Bereich der Apotheken als Gesellschaftsform den aufgestellten Zielen am ehesten gerecht wird. Im Gegensatz zu dem traditionellen Einzelhandel wird nicht eine dynamisch-absatzorientierte Kooperationsform angestrebt, sondern eine reine Einkaufsgemeinschaft. Sie ermöglicht auf der einen Seite die Beibehaltung der Einzelapotheken, ohne ihnen die Vorteile eines größeren Unternehmens zu nehmen. Über die genaue Ausrichtung der Genossenschaft müssen sich die zusammenschließenden Apotheken letztlich bei der Satzungsfindung im Rahmen des dispositiven Rechts einig werden.

Aktiv-dynamisch bleiben

Die eingehende Auseinandersetzung mit dem Gutachten für das Bundesgesundheitsministerium und den immer wieder in der Presse geäußerten politischen Zielen zeigen, dass ein forcierender Verdrängungswettbewerb im Bereich der Apotheken auf längere Sicht unvermeidbar sein wird. Nur wenn sich der einzelne Apotheker rechtzeitig mit dieser Problematik auseinandersetzt und die vermehrte Ausrichtung der Apotheke in Richtung Wirtschaftsunternehmen erfasst, wird er an dem zunehmend deregulierten Markt sein Produkt mit Aussicht auf Gewinn verkaufen können.


"Größenbedingte Handlungsspielräume – sei es durch Apotheken Mehrbesitz, sei es aber auch durch Kooperation mit anderen Apotheken – werden den Ausschlag in einem verdrängenden Wettbewerb geben."
 

Eine Lösung im Bereich des Einkaufs bietet der Zusammenschluss zu einer eingetragenen Genossenschaft. Dies enthebt ihn allerdings nicht von der ökonomischen Anforderung, sich mit einer Öffnung des Arzneimittelmarktes zu befassen und weiter aktiv-dynamisch die Ausrichtung seiner Apotheke zu betreiben.

RA Kai G. Hutzenlaub, Matthais Henke

Fußnoten:

1 Glaeseke, Klauber, Lankers, Selke; Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung zur Steigerung von Konsumentennutzen, Effizienz und Qualität. 
2 Hahn, Stand und Entwicklungstendenzen der strategischen Planung. 
3 vgl. zur Klassifizierung von Kooperationen: DAZ Nr. 4 vom 22.01.2004, S. 66 f 
4 Welge / Al-Laham, Strategisches Management, S. 109 f. 
5 Kuhn, Entwicklung und Probleme der Kooperation im Handel. S. 3 ff.; zur Entwicklung, S.17 ff. Bsp.: Edeka- und Rewe-Gruppe, vgl. Ostler, Einkaufskooperation des Handels im Deutschen Kartellrecht, S. 55. 
6 vgl. Nowak, Einkaufskooperation zwischen Kartellrecht und Legalisierung. 
7 Hier und im Weiteren wird von der vom Gesetz vorgesehene Standardform der Gesellschaft ausgegangen, sofern diese nicht als Ausnahmen gekennzeichnet sind. Die Ausführung aller Einzelheiten würde den Rahmen des Aufsatzes sprengen. 
8 In der neuesten Rechtsprechung hat der BGH die Haftung von neuen Gesellschaftern sogar für Verbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Beitritt ausgedehnt, BGH, Urteil vom 07.04.2003 – II ZR 56/02. 
9 Weitere Formen der Körperschaften, z.B. der Verein des Bürgerlichen Rechts oder der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit bleiben hier mangels Eignung außer Betracht. 
10 Hier gilt das Prinzip der formellen Satzungsstrenge, § 23 V AktG

 

Zitate: 

 

 

In einem Verdrängungswettbewerb können mit Hilfe strategischer Nutzung von Kooperationen zwischen einer Mehrzahl gerade kleinerer und durchschnittlicher Apotheken ökonomische Freiräume geöffnet werden.

Insgesamt kann man aus juristischer Sicht feststellen, dass die Genossenschaft – obwohl im allgemeinen Wirtschaftsleben im Rückgang begriffen – gerade im Bereich der Apotheken als Gesellschaftsform den aufgestellten Zielen am ehesten gerecht wird.

Größenbedingte Handlungsspielräume – sei es durch Apothekenmehrbesitz, sei es aber auch durch Kooperation mit anderen Apotheken – werden den Ausschlag in einem verdrängenden Wettbewerb geben.

 

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