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Bundessozialgericht: Kassen müssen bis 2003 für Viagra-Rezepte zahlen
Die Richter hatten über die Fälle zweier Patienten zu entscheiden, die an multipler Sklerose bzw. Diabetes erkrankt sind und in der Folge unter Erektionsstörungen leiden. Ihre Ärzte hatten ihnen daher Viagra verordnet. Die Kassen Barmer Ersatzkasse und DAK wollten das Medikament jedoch nicht bezahlen. Sie beriefen sich dabei auf die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassenen Arzneimittel-Richtlinien.
Bundesausschuss übertrat Spielraum
Das BSG stellte klar, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion im Falle der Kläger um eine Krankheit im Sinne des Rechts der GKV handle. Diese sei behandlungsbedürftig und mit dem Arzneimittel Viagra auch behandlungsfähig gewesen. Bis Ende 2003 war das Medikament auch nicht von der Versorgung in der GKV ausgeschlossen: Es gehörte bis dahin weder zu den Bagatellarzneimitteln noch war sein Wirkstoff Sildenafil in der Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums über unwirtschaftliche Arzneimittel in der GKV aufgeführt.
Dem Anspruch auf die Verordnung von Viagra auf Kosten der Krankenkasse standen auch die Arzneimittel-Richtlinien nicht entgegen, urteilten die Richter. Diese Regelung sei unwirksam gewesen, da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hier seinen ihm im Bereich des Wirtschaftlichkeitsgebotes zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten habe. Die Richter stellten klar, dass Viagra im Vergleich zu den älteren Möglichkeiten zur Behandlung der erektilen Dysfunktion einen wesentlichen medizinischen Fortschritt bedeute, der den Inhalt der Leistungsansprüche der Versicherten nach dem Sozialgesetzbuch mitbestimmt.
Gesetzlicher Ausschluss rechtens
Die Bundessozialrichter beanstandeten es jedoch nicht, dass der Gesetzgeber im Zuge der Gesundheitsreform zum 1. Januar 2004 all jene Arzneimittel aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen hat, die überwiegend der Behandlung der erektilen Dysfunktion oder der Steigerung der sexuellen Potenz dienen. Im Gegensatz zum Ausschluss durch den Bundesausschuss sei dies zulässig und verstoße nicht gegen das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsgebot, urteilte das BSG. Angesichts knapper Kassen dürfe der Gesetzgeber zumindest solche Leistungen begrenzen, die "in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen".
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