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Arzneimittelforschung - Perspektive 2009: VFA: Über 300 Innovationen bis 2009
"Der Schwerpunkt der Forschungsprogramme liegt auf schweren und lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Krebs, Herz-Kreislauf- oder Infektionskrankheiten", erläuterte der VFA-Vorstandsvorsitzende Dr. Dr. Andreas Barner anlässlich der Vorstellung der Umfrageergebnisse am 5. Oktober in Berlin. 60 Projekte (19 Prozent) betreffen Krebserkrankungen, 42 (13 Prozent) Infektionskrankheiten, 39 (12 Prozent) Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 37 (12 Prozent) entzündliche Erkrankungen, zu denen Allergien, Asthma, Gelenkrheuma, Multiple Sklerose und die Darmerkrankung Morbus Crohn zählen. 16 Projekte (5 Prozent) der Projekte entfallen auf eine einzige Krankheit: Diabetes Typ 2.
Volkskrankheit Diabetes im Visier der Forscher
Barner betonte, dass "hinter der Masse auch Klasse" stecke. So kommen in 70 Prozent der Projekte neue Wirkstoffe zum Einsatz, in 14 Prozent werden neue Darreichungsformen erprobt, 16 Prozent verfolgen eine Zulassungserweiterung für bereits erhältliche Arzneimittel. Von neuen Wirkmechanismen werden künftig beispielsweise Diabetiker profitieren können: Derzeit sind Arzneimittel in der Entwicklung, die den Blutzuckerspiegel nur dann senken, wenn er zu hoch ist - eine "Unterzuckerung" kann somit verhindert werden.
Auch Präparate, die nicht nur den Blutzucker, sondern auch verschiedene andere relevante Blutfettwerte normalisieren, stehen Barner zufolge kurz vor der Zulassung. Diese könnten helfen, das bei Diabetikern erhöhte Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls zu reduzieren. Auch eine neue Applikationsform steht Diabetikern voraussichtlich in Kürze zur Verfügung: Humaninsulin zum Inhalieren.
Neue Impfstoffe kurz vor der Zulassung
In der Impfstoffentwicklung geht es ebenfalls voran: Zwei Unternehmen erproben derzeit Impfstoffe gegen Gebärmutterhalskrebs. Barner vermutet, dass mit diesen langfristig 70 Prozent der neuen Fälle von Gebärmutterhalskrebs vermieden werden könnten. Gearbeitet wird zudem an Impfstoffen, die durch Rotaviren verursachten Durchfallerkrankungen vorbeugen sollen. Vor allem Entwicklungsländern soll diese Forschung zugute kommen - jedes Jahr sterben dort rund 500.000 unterernährte Kinder infolge dieser bakteriellen Infektion.
Für Barner sind diese Forschungsanstrengungen ein Beleg, dass die Unternehmen keinesfalls nur an der Entwicklung von "Blockbustern" interessiert sind, sondern sich auch um Krankheiten der dritten Welt kümmern. Dies zeigen auch die Projekte, in denen neue Arzneimittel gegen Tuberkulose, Malaria und HIV/AIDS entwickelt werden.
Keine Durchbrüche bei Demenzerkrankungen
Neue Medikamente gegen seltene Erkrankungen sollen in den kommenden vier Jahren ebenfalls verfügbar sein. 23 Projekte der VFA-Firmen haben den Orphan-Drug-Status, werden also von der Europäischen Union unterstützt. Darüber hinaus sind sechs neue Antibiotika gegen bakterielle Infektionen in der Entwicklung. Vier davon sollen ausdrücklich vorhandene Resistenzen überwinden. Keine Durchbrüche sind in den kommenden vier Jahren hingegen bei der Therapie von Alzheimer oder Parkinson zu erwarten. Barner verwies darauf, dass sich die präklinische Forschung in diesen Gebieten als sehr komplex erwiesen habe. Bisherige Projekte scheiterten - doch die Unternehmen geben nicht auf: "Geforscht wird kräftig", betonte Barmer, "nur noch nicht so erfolgreich, dass neue Arzneimittel dabei rauskommen würden."
Standort Deutschland noch nicht aufgegeben
Die Forschungsprojekte zeigen auch, dass die Unternehmen den Standort Deutschland noch nicht gänzlich abgeschrieben haben. Dank der guten wissenschaftlichen Vernetzung behalten viele Hersteller ein Standbein in Deutschland. 84 Prozent aller Arzneimittel, die bis 2009 auf den Markt gebracht werden sollen, werden unter Beteiligung deutscher Entwicklungsabteilungen und Kliniken erprobt.
Barner verwies darauf, dass 20 der 39 VFA-Mitgliedsfirmen hierzulande Labors für Forschung oder die vorklinische Entwicklung von Arzneimitteln unterhalten. Der VFA-Vorsitzende setzt darauf, dass Innovationen künftig stärker als solche anerkannt werden. Willkürliche Maßnahmen wie Herstellerrabatte oder Festbeträge für patentgeschützte Arzneimittel müssten künftig unterbleiben. Barner: "Was heute in den deutschen Labors und Entwicklungsabteilungen der VFA-Mitglieder erarbeitet wird, schafft die Grundlage für Präparate des kommenden Jahrzehnts, und für den Fortbestand der deutschen Pharmastandorte". Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen seien daher unverzichtbar.
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