Kommentar

Nicht ohne Alternative

Engpässe bei der Versorgung mit einzelnen Arzneimitteln - weil sie von bestimmten Großhandlungen und/oder einigen Apothekern ins höherpreisige Ausland verscherbelt werden - müssen nicht sein. Sie lassen sich verhindern - ebenso wie Fälschungen, die bei uns ohnehin, nicht zuletzt dank unseres Distributionssystems, kaum eine Rolle spielen. Um die vorhandenen Probleme zu lösen, bedarf es keiner Brachialmethoden à la Pfizer.

Pfizers Attacke auf Großhandel und Apotheken, die letztlich auch den Kassen, Ärzten und Patienten schadet, ist weder juristisch noch faktisch alternativlos. Daran kann auch die riesige Telefonaktion nichts ändern, mit der der Pharmamulti seit letzter Woche versucht, die zuweilen aufgebrachten Apotheker zu besänftigen und für sein inzwischen zum Diskussionsangebot abgeschwächtes Ultimatum zu erwärmen. Dabei wird fälschlich der Eindruck erweckt, es gebe schon Konsens zwischen den Beteiligten. Davon kann jedoch keine Rede sein.

Allerdings gibt es eine Lösung, die eingeübte Wege nutzt, sich auf die wirklichen Problemfälle beschränkt und die Versorgungsengpässe an ihrer ökonomischen Wurzel packt. Problemfälle sind einige verschreibungspflichtige Arzneimittel, die (über gesetzliche bzw. private Krankenkassen) erstattungsfähig sind und bei uns in Deutschland wesentlich preisgünstiger sind als im Ausland; das Set der dahinter stehenden Pharmazentralnummern ist überschaubar und klar definierbar.

Für die so definierten Packungen - wir wollen Pfizer helfen! - müsste der Hersteller seine Herstellerabgabepreise hier in Deutschland zunächst (formal) soweit anheben, dass ein Export für den Großhandel und auf der nächsten Stufe für Apotheken nicht mehr lohnt, weil der hiesige Einkaufspreis dafür zu nah am hohen Auslandspreis liegt. Damit gesetzliche und private Krankenkassen letztlich trotzdem nicht mehr zahlen müssen als derzeit, erstattet ihnen Pfizer über einen Sonderrabatt auf Antrag direkt die Differenz zum bisherigen Preis (Rückerstattungsverfahren). Die Kassen müssen dazu nachweisen, wie viel Packungen der einschlägigen Arzneimittel sie für ihre Versicherten abgerechnet haben. Im GKV-Bereich ist das Verfahren im Grundsatz über die Rabatte der Hersteller zugunsten der Krankenkassen (§130a SGB V) wohlbekannt. Die Rechenzentren können leicht die einschlägigen Pharmazentralnummern herauspicken und (ohne Angabe der Patienten) den jeweiligen Kassen melden. Diese fordern dann "ihre" Rückerstattung bei Pfizer ab. Zur Kontrolle werden die Rechenzentren autorisiert, für die einschlägigen Packungen ihre Abrechnungsdaten mit der jeweiligen Krankenkasse Pfizer zu offenbaren.

Für die Verordnungen zulasten privater Krankenkassen kann weitgehend analog verfahren werden. Die PZN müssen inzwischen ja generell, also auch auf Privatrezepten angegeben werden (§17 Abs. 6 Nr. 5 ApBetrO). Die Privatkassen können bei Pfizer durch Nachweis der für ihre Versicherten abgerechneten einschlägigen Packungen eine Rückerstattung zum Ausgleich der Preisdifferenz einfordern. Dem Datenschutz (keine Offenlegung von Patienten und Apotheken gegenüber Pfizer) kann durch ein notarielles Kontrollverfahren ohne Schwierigkeit Rechnung getragen werden.

Was zeigt uns das? Was Pfizer durchpauken will, ist keinesfalls alternativlos. Es gibt praktikable, bessere Lösungen. Wenn Pfizer sich dort verweigert, belegt dies einmal mehr, dass andere als die deklarierten Motive hinter dem Vorstoß stehen.

Klaus G. Brauer

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