Wettbewerbsrecht: Die Gesundheitsreform beschert den Hütern des Wettbewerbs vie

BAD HOMBURG (ks). Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat im vergangenen Jahr rund 1 700 Anfragen und Beschwerden aus dem Gesundheitsbereich bearbeitet. 329 davon betrafen Apotheken, 302 Ärzte und Kliniken, bei 94 Beschwerden ging es um Krankenkassen. Dies gab die Wettbewerbszentrale am 15. Februar in Bad Homburg bekannt.

Im Apothekenbereich haben die Eingaben erheblich um 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Abmahnungen fanden aber nur in 186 der 329 eingegangenen Fälle statt. "Diese Differenz zeigt, dass der Beratungsbedarf sehr hoch ist", erläuterte Christiane Köber, Rechtsanwältin bei der Wettbewerbszentrale. In den meisten Fällen gaben die Abgemahnten die geforderten Unterlassungserklärungen ab. Es wurden aber auch sechs einstweilige Verfügungen erwirkt und zehn Klagen durchgeführt.

Illegaler Versand

Insbesondere der neu zugelassene Arzneimittelversandhandel machte einige Geschäftsleute erfinderisch. Während in der Apothekerschaft selbst kaum Verstöße auszumachen waren, versuchten Trittbrettfahrer, aus der Neuregelung Profit zu schlagen. So berichtet die Wettbewerbszentrale von einem Leipziger Unternehmer, der für apothekenpflichtige Arzneimittel und deren Versand warb, ohne selbst Apotheker zu sein. Als er abgemahnt wurde, verteidigte er sich mit dem Argument, der Vertrieb der Medikamente erfolge über eine tschechische Apotheke. Ein Testkauf ergab jedoch, dass Bestellung, Lieferung und Zahlung direkt von dem Unternehmen abgewickelt wurden. Hinzu kam, dass dieses damit warb, die versendeten Präparate enthielten einen deutschen Beipackzettel. Tatsächlich war der tschechische Beipackzettel vom Unternehmen übersetzt worden - zusammen mit dem Hinweis, dass lediglich der Original-Beipackzettel verbindlich sei.

In einem anderen Fall betrieb ein Unternehmen ein Internet-Shopsystem, über das die Kunden Arzneimittel bestellen konnten. Diese wurden dann von dem Unternehmen an Partnerapotheken vor Ort weitergeleitet. Das Problem: Bei der Bestellung erhielt der Kunde keine Auskunft, von welcher Apotheke er beliefert würde - dies erfuhr er erst bei Erhalt der Ware. Dies ist laut Fernabsatzgesetz nicht zulässig.

Neue Werbung für OTC

Das Ende der OTC-Preisbindung warf vor allem zu Beginn des Jahres 2004 viele Fragen auf. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied etwa über einen Fall, in dem ein Apotheker in einer Zeitungsanzeige mit Coupons warb, bei deren Vorlage dem Kunden 10 Prozent Rabatt beim Kauf eines OTC-Präparats seiner Wahl versprochen wurde. Die Wettbewerbszentrale sah dadurch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verletzt: Demnach sind Zuwendungen im Heilmittelbereich unzulässig, soweit sie als produktbezogene Werbung, nicht als reine Unternehmenswerbung, anzusehen sind. Das Oberlandesgericht sah dieses Verbot im konkreten Fall nicht gegeben. Die Werbung beziehe sich abstrakt auf "ein OTC-Produkt Ihrer Wahl", ohne bestimmte Medikamente zu nennen. Eine HWG-relevante absatzbezogene Werbung liege daher nicht vor.

Umstrittene Taler

Auch die Versuche einiger Apotheken, mit "Talern", die gegen Prämien eingetauscht werden können, neue Marketing-Wege zu gehen, beschäftigten die Wettbewerbshüter. Das Landgericht Hanau untersagte einem Apotheker, Taler bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu gewähren. Zwar liege kein Verstoß gegen das HWG vor, die Abgabe von Talern unterlaufe aber die Preisbindung. Auch wenn das Medikament nicht unmittelbar günstiger abgegeben werde, werde indirekt ein Preisnachlass gewährt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, da der beklagte Apotheker Berufung eingelegt hat.

Streit um Praxisgebühr

Erfinderisch machte auch die neue Praxisgebühr: In ca. 40 Fällen musste die Wettbewerbszentrale vorgehen, weil die Rückerstattung der Praxisgebühr von Apotheken und Krankenkassen, aber auch von Möbelhäusern, Reisebüros und Kfz-Werkstätten beworben wurde. Doch die Gebühr wurde auch als Steuerungsinstrument eingeführt. Wird sie durch Dritte erstattet, so läuft dies dem gesetzgeberischen Ziel, Kostenbewusstsein bei den Versicherten zu wecken, zuwider, führt die Wettbewerbszentrale in ihrem Tätigkeitsbericht aus. So urteilte auch das Landgericht Rostock: Die Ankündigung einer Apotheke, die Gebühr gegen dort gesammelte Bonuspunkte zu erstatten, sei unzulässig.

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