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- AZ 14/2006
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Glaeske und Hess gegen freie Preise bei Neuzulassungen
Glaeske stellte seine Vorschläge am 30. März im Rahmen einer Pressekonferenz der Gmünder Ersatzkasse in Berlin vor. Vor allem müsse die wettbewerbliche Situation unter den Arzneimittelherstellern gestärkt werden, erklärte der Arzneimittelversorgungsforscher von der Universität Bremen. Dies könnte so geschehen, dass von den großen Kassenverbänden Vertragslisten mit "gesetzten" Arzneimitteln erstellt werden. Diese für "notwendig" befundenen Arzneimittel könnten jederzeit zu Lasten der GKV verordnet werden. Für den Arzt soll das ganz einfach sein: Die Praxissoftware könnte auf einen Mausklick die jeweiligen Arzneimittellisten der einzelnen Kassenverbände anzeigen. Dort nicht gelistete Medikamente können die Kassen ebenfalls anbieten - hierfür müssten die Versicherten aber Zusatzversicherungen abschließen. Daneben spricht sich Glaeske für einen Ausbau der Möglichkeiten für Preisverhandlungen aus. Mit dem GMG wurde Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern erstmals eingeräumt, Rabatte zu vereinbaren. Für Glaeske war dies ein "geglückter Anfang" für weitere Preisverhandlungsoptionen.
Keine freien Preise für neue Arzneimittel
Darüber hinaus hält es der Bremer Pharmaexperte für nötig, sich von der bloßen Nutzenbewertung von Arzneimitteln an eine Kosten-Nutzen-Bewertung heranzutasten. Bereits unmittelbar nach der Zulassung eines neuen Medikamentes will er Preisverhandlungen möglich machen. Er betonte, dass Deutschland das einzige Land in Europa sei, in dem der Hersteller nach der Zulassung eines neuen Arzneimittels jeden beliebigen Preis für sein Präparat verlangen könne und die GKV diesen in jedem Fall zahlen müsse. Ein hoher Preis sei aber nur gerechtfertigt, wenn das neue Arzneimittel einen besonderen therapeutischen Nutzen gegenüber bereits eingeführten Präparaten habe.
Soweit es den Unternehmen nicht möglich sein sollte, zum Zeitpunkt der Zulassung bereits Studien vorzulegen, die diesen besonderen Nutzen belegen, so will Glaeske ihnen drei bis fünf Jahre Zeit einräumen, um eine an patientenrelevanten Endpunkten ausgerichtete Versorgungsforschung zu betreiben. Bis dahin müsse das Unternehmen allerdings hinnehmen, dass nicht jeder beliebige Preis für das Präparat gezahlt werden kann. Einen ähnlichen Vorschlag hatte auch schon der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Rainer Hess, unterbreitet.
Lob für das AVWG
Glaeske verteidigte zudem das Arzneimittel-Spargesetz (AVWG). Insbesondere kann er die Aufregung der Ärzteschaft über die Bonus-Malus-Regelung nicht verstehen. Für ihn ist klar: Wer unnötigerweise zu teuer verordnet, muss dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden. Jeder Euro im System könne nur einmal ausgegeben werden, so Glaeske. Was in überteuerte Arzneimittel fließe, könne nicht mehr an die Stellen gelangen, wo es wirklich gebraucht werde. Die GKV müsse aber "Innovationsorganisation" bleiben und dürfe sich nicht vom therapeutischen Fortschritt abkoppeln.
"Ganz wichtig" findet Glaeske zudem, dass das AVWG den Patienten erstmals einen Anreiz setzt, sich für ein günstiges, bewährtes Arzneimittel zu entscheiden. Wer sich ein Präparat verordnen lässt, dessen Preis 30 Prozent unter Festbetrag liegt, kann von der Zuzahlung befreit werden. Kein Verständnis hat der Arzneimittelexperte für die Befürchtung des BKK-Bundesverbandes, die Absenkung der Festbeträge könne für einige Patienten zu erheblichen Aufzahlungen führen: Eine solche Äußerung mache das Versagen einer Kasse deutlich - denn ihre Aufgabe sei es, für eine gute und bezahlbare Versorgung ihrer Versicherten zu sorgen.
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