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DAV-Wirtschaftsforum: Experten kritisieren kurzfristige Denkweise der Politik un
Marlies Volkmer (SPD) und Wolf Bauer (CDU) rechtfertigten die Regelungen des AVWG. Bauer betonte, dass die Gründe für die steigenden Arzneimittelausgaben im vergangenen Jahr letztlich egal seien - was zählt, ist lediglich, dass sie enorm gestiegen sind. Daher habe die Politik handeln müssen, um den Krankenkassen bis zur nächsten Reform Luft zu verschaffen. Bei der Opposition geht man allerdings davon aus, dass das AVWG eigentlich einen ganz anderen Zweck verfolgt: "Vor allem soll es der Kompensation der beschlossenen Mehrwertsteuer-Erhöhung dienen", erklärte Daniel Bahr von der FDP - ähnliche Vermutungen äußerte auch Harald Terpe von den Grünen. Schließlich, so Bahr und Terpe, habe die Politik gewusst, dass die Arzneimittelausgaben 2005 wieder steigen würden, insbesondere da der erhöhte Herstellerrabatt auslief.
Beide Oppositionspolitiker warfen der Regierung zudem vor, mit ihren Spargesetzen nur kurzfristig etwas erreichen zu wollen. Was die Neujustierung des Festbetragssystems betrifft, so prognostiziert Bahr einen "heißen Sommer". Er hält es trotz der Möglichkeit von Rabattvereinbarungen für wahrscheinlich, dass viele Patienten künftig Aufzahlungen leisten müssen.
Dass dies vor allem für die Apotheker erheblichen Mehraufwand bedeutet, betonte der ABDA-Hauptgeschäftsführer Hans-Jürgen Seitz: Sie und die Ärzte würden die "Hauptlast der Versicherteninformation" tragen. "Auf die Patientengespräche freuen wir uns," sagte Seitz, "aber nicht über dieses Thema". Der DAV-Vorsitzende Hermann S. Keller ergänzte, dass die Apotheker schon in der Vergangenheit der Garant dafür gewesen seien, dass Gesetze umgesetzt werden konnten - so etwa als unter Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer die Zuzahlungen erhöht wurden und zuletzt im Fall Sortis. "Aber das können wir nicht dauernd machen. Wir brauchen Planungssicherheit", so Keller.
Krankenhausapotheken auf dem Prüfstand
Der DAV-Vorsitzende kritisierte weiterhin, dass Gesundheitsreformen immer wieder bei den Arzneimitteln ansetzen - obwohl diese beileibe nicht der einzige Kostentreiber sind. Volkmer entgegnete, dass man mit der Einführung der Fallpauschalen im Krankenhaus auch den größten Faktor im Gesundheitswesen angegangen sei. Auch die im AVWG bereits aufgegriffene Entlassmedikation werde die große Koalition sicherlich noch einmal beschäftigen.
Keller mahnte in diesem Zusammenhang an, dass die unterschiedlichen Arzneimittelpreise in Krankenhaus- und öffentlichen Apotheken angegangen werden müssten. Anderenfalls werde ein gestärkter ambulanter Bereich wieder zu steigenden Ausgaben führen. Auch Bauer betonte, dass gleiche Preise nötig seien. Dabei müssten sich die Preise von beiden Seiten angleichen. Seine persönliche Zukunftsvision ist es, Krankenhausapotheken in ihrer bisherigen Form ganz abzuschaffen. Statt dessen sollte in jeder Klinik eine normale mittelständische Apotheke organisiert sein.
Wenig Neues zur großen Reform
Was die große Gesundheitsreform betrifft, hielten sich Bauer und Volkmer bedeckt - zumal sie nicht zu den Gesundheitspolitikern der Arbeitsgruppe gehören, die sich derzeit um die Erarbeitung der Eckpunkte bemüht. Volkmer erläuterte den Zeitplan: Frühestens Anfang Juli, vor der Sommerpause, sollen die Eckpunkte vorliegen. Dann werde man im zweiten Halbjahr 2006 Teile der Reform beschließen - etwa die Änderung des Vertragsärzterechts. Es werde sicherlich auch Reformteile geben, die erst im kommenden Jahr umgesetzt werden können, räumte die SPD-Abgeordnete ein.
Was die Einnahmeseite betrifft, so wies es Volkmer zurück, dass die Verhandlungen "tabulos" geführt würden. So müsse eine Einkommensabhängigkeit der Beiträge in jedem Fall gewahrt bleiben - Pauschalen seien dadurch ausgeschlossen. Zudem müsse die Reform zwingend auch die privaten Kassen einbeziehen. Bauer nannte als wichtige Ziel der Finanzreform die Abkoppelung von den Lohnnebenkosten sowie den Erhalt der Freiberuflichkeit. Er erklärte, auch auf die Apotheker würden sicherlich Änderungen zukommen. So seien im generikafähigen Markt noch Effizienzreserven vorhanden, die mobilisiert werden sollen.
Keller: Finanzreform geht vor Strukturreform
Zum derzeit diskutierten Fonds-Modell des Unions-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder äußerten sich die Vertreter der großen Koalition ebenfalls spärlich. Bahr lehnte es hingegen entschieden ab. Der Gesundheitspool sei eine "bloße Geldsammelstelle" und behebe nicht das eigentliche Problem. Dieses bestehe darin, dass mit steigenden Gesundheitsausgaben auch die Lohnnebenkosten in die Höhe gingen. Um diese Spirale zu beenden, müsse der Arbeitgeberanteil festgeschrieben und schrittweise auf Prämien umgestiegen werden.
Zudem hielt der FDP-Politiker der Regierung vor, die demographisch Entwicklung bislang noch nicht ausreichend zu beachten. Keller kritisierte, dass die große Koalition nun beschlossen hat, sich zunächst Gedanken über die Strukturreform zu machen. Das sei ein "Spielchen": Erst wolle man sehen, was aus der Ausgabenseite rauszuholen ist - wenn dies schon ein paar Milliarden sind, so müsse man bei der Einnahmenreform nicht mehr so viel machen. Es sei unumgänglich zunächst, die Finanzreform anzugehen - "wenn da nichts passiert, kann man bei den Ausgaben ewig rumdrehen", so Keller.
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