Kommentar

Durchmarsch gestoppt

Der Rechtsstaat funktioniert: Wider allen Befürchtungen haben die drei Verwaltungsrichter in Saarlouis dem im Vorfeld eindeutig zum Ausdruck gebrachten Erwartungsdruck ihres Justizministers widerstanden. Die ausführliche und überzeugend begründete Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist eine schallende Ohrfeige für das Duo Hecken/Däinghaus. Sicherlich: Noch ist nichts endgültig entschieden. Aber der rechtstaatswidrige Durchmarsch Heckens ist gestoppt. Allein mit einem selbst in Auftrag gegebenen Parteigutachten unter dem Arm lässt sich geltendes Recht bei uns nicht biegen und brechen. Richter sind empfindlich, wenn sich Angehörige von Regierung oder Exekutive anmaßen, Gesetze, die ihren politischen Ambitionen zuwiderlaufen, nicht "zur Anwendung zu bringen".

Hinzu kommt, und auch darauf hat das Gericht hingewiesen, dass das Hecken-Rechtsgutachten in der Sache reichlich dünn ist. Die schlichte Übertragung eines EuGH-Urteils zu Optiker-Geschäften auf Apotheken ("Pille = Brille") ist dann doch etwas zu schlicht. "Nicht zu Unrecht" würden dagegen erhebliche Bedenken geäußert stellen die drei Verwaltungsrichter süffisant fest. Und es blieb von Anfang an das Geheimnis des Gutachterduos Streinz/Hermann, warum sie in ihrer Expertise erst seitenlang die herrschende Meinung ihrer Professorenkollegen zitieren, die von einer rechtlichen Unbedenklichkeit des geltenden Approbationsgebot für Apothekeninhaber ("Fremdbesitzverbot") ausgehen, um dann - schwuppdiwupp - zu dem kühnen Schluss zu kommen, dass die bestehende Gesetzeslage in Deutschland so evident und offensichtlich europarechtswidrig sei, dass sie von jeder Behörde (!) ignoriert werden dürfe.

Aber Hecken/DocMorris geben nicht klein bei. Schließlich will der eine nach Berlin und der andere an die Börse. Im Gegenteil. Sie reagieren gereizt und rüffeln die Richter. Von einer "fehlerhaften" und "falschen" Entscheidung spricht der Herr Minister und sein Schützling Däinghaus sekundiert: "Dies ist die einsame Entscheidung eines Verwaltungsgerichts." Nun denn, wir werden sehen. Jetzt, so viel steht fest, muss die erste DocMorris-Vor-Ort-Fremdbesitzapotheke in Deutschland erst einmal ihre Pforten schließen. Hecken/Däinghaus haben schon angekündigt, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde einzulegen. Das ist ihr gutes Recht. Bleibt zu hoffen, dass die Richter beim Oberverwaltungsgericht ebenso unabhängig, argumentationsstark und erwartungsresistent Recht sprechen wie ihre Kollegen erster Instanz.

Christian Rotta

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