Kommentar

Teufelskreis

Bundeskabinett und Regierungsfraktionen scheinen wild entschlossen, den Referentenentwurf des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) ohne Korrekturen an den apothekenrelevanten Regelungen durchzuwinken. Wenn sich die Apotheken, wie von der Politik erwartet und im Finanztableau des GKV-WSG vorgesehen, mit Spannen- und Zuzahlungsverzichten gegenseitig zerfleischen, wird es zu dramatischen finanziellen Einbrüchen kommen. Ohne massive Kostenreduktion werden der Durchschnittsapotheke 40.000 bis 60.000 Euro an Ertrag entzogen - nicht eingerechnet sind dabei die Auswirkungen der Rabatteinschränkungen bzw. -verbote durch das AVWG.

Noch einschneidender als die finanziellen Einbußen sind aber die strukturellen Effekte. Beide Aspekte zusammen zielen darauf ab, Apotheken heutiger Prägung den Garaus zu machen. Ein Drittel der Apotheken werden - verdeckt - als überflüssig eingestuft. Für die übrigen sollen sich durch die Einführung von Höchstpreisen die Spielregeln im Wettbewerb nachhaltig verändern. Der heutige Qualitäts- und Servicewettbewerb wird (und soll wohl auch) weitgehend durch kruden Preiswettbewerb abgelöst werden - letztlich zum Schaden der Patienten.

Denn einen Verzicht auf Honorierung kann die Apotheke letztlich nur durch Leistungsabbau gegenfinanzieren. Der Kontrahierungszwang wird zum Papiertiger. Schlimmer noch: Es entsteht Druck, qualifizierte Mitarbeiter durch möglichst preiswerte zu ersetzen. Dadurch sinkt die Qualität der pharmazeutischen Betreuung - das wiederum liefert die Alibis für weitere strukturelle und finanzielle Einschnitte.

Können wir uns diesem Teufelskreis entziehen? Theoretisch wohl. Alle könnten den vielen impliziten Korruptionsversuchungen radikal widerstehen, mit denen das WSG den Weg zu selektiven Verträgen mit Krankenkassen (Zuleitung von Patienten oder Praxisbedarf) gepflastert hat.

Die Apotheken könnten (wie vor 1980) die Höchstpreise wie Festpreise behandeln, um Leistungsabbau vermeiden oder zumindest begrenzen zu können. Aber: können wir wirklich, was wir könnten? Skepsis ist angebracht. Auch deshalb dürfen wir alle den Kampf gegen die zerstörerischen und - paradoxerweise - wettbewerbsfeindlichen Auswirkungen des GKV-"WSG" erst aufgeben, wenn er wirklich verloren ist.

Klaus G. Brauer

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.