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- AZ 44/2006
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Resolution der Leistungserbringer
Das deutsche Gesundheitswesen zeichne sich bislang durch Vielfalt und einen sich entwickelnden Wettbewerb aus. Die Unterzeichner sind deshalb der Auffassung, dass die Pluralität der Krankenversicherungssysteme erhalten bleiben soll. Im Wettbewerb stehende Krankenkassen und ihre Verbände verhandelten mit den Vertretern der Leistungserbringer in einem offenen Suchprozess über die besten Lösungen für die Versicherten. "Dieser Wettbewerb droht durch weitgehende Beseitigung der Vertragskompetenzen der Beteiligten und damit eine faktische Verstaatlichung ausgehebelt zu werden", fürchten die Unterzeichner. Beispiel für die Vereinheitlichung sei der geplante Kassendachverband auf Bundesebene.
An der Selbstverwaltung festhalten
Die Organisationen kritisieren, dass wesentliche Entscheidungen der Gesundheitsversorgung künftig nicht mehr von demokratisch gewählten Vertretern von Versicherten, Arbeitgebern und Leistungserbringern getroffen, sondern staatlich festgelegt würden. Sie fordern, "an der Selbstverwaltung als drittem Weg zwischen Markt und Staat" festzuhalten. Die Selbstverwaltung sei am besten geeignet, ein modernes und komplexes Gesundheitswesen mit entsprechenden Interessenkonflikten zu steuern. Auseinandersetzungen im Gesundheitswesen spiegeln reale Interessen wider, die sich nicht durch staatliche Regulierung aufheben lassen", heißt es.
Gefahren sehen die Unterzeichner auch für die Finanzierung des Gesundheitswesens, die bislang weitgehend unabhängig von öffentlicher Haushaltslage und politischem Kalkül auf Basis von Beitragszahlungen an die Krankenkassen erfolge: "Die Finanzhoheit der einzelnen Krankenkassen soll durch eine staatliche Beitragsfestsetzung und eine staatliche Zuweisung von Mitteln aus dem geplanten Gesundheitsfonds abgelöst werden. Die für die Versorgung zur Verfügung stehenden Finanzmittel wären damit dauerhaft Gegenstand der politischen Diskussion und von der öffentlichen Haushaltslage abhängig. Alle internationalen Erfahrungen zeigen, dass eine starke staatliche Steuerung zu einer Unterfinanzierung des Gesundheitswesens führt."
Überregulierung, Bürokratie und Zuteilungsmedizin
Die Unterzeichner kritisieren, dass die Beziehungen zwischen Patienten, Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenkassen staatsdirigistisch vorgeschrieben werden. "Statt gesellschaftliche Diskussionen und Suchprozesse der Partner im Gesundheitswesen zu Gunsten bestmöglicher Behandlung und Diagnostik zu ermöglichen, drohen durch staatliche Festlegungen Überregulierung, Bürokratie und Zuteilungsmedizin." In der Resolution wird gefordert, die "bislang an den individuellen Bedürfnissen der Menschen orientierte Versorgung" zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu müssten die Gestaltungsmöglichkeiten aller Beteiligten ausgeweitet und nicht - wie vorgesehen - eingeschränkt oder gar beseitigt werden.
Gesundheitspolitische Resolution: Gegen Verstaatlichung und Vereinheitlichung!
In tiefer Sorge um die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Land fordern Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheker sowie gesetzliche und private Krankenkassen einen Neuanfang bei der von der Bundesregierung geplanten Gesundheitsreform. Bei der Erarbeitung der Reformvorstellungen wurde die Einbeziehung des Expertenwissens der Beteiligten systematisch verweigert. Ergebnis ist ein Konglomerat sich zum Teil widersprechender Regelungen, das keines der identifizierten Probleme löst. Die Reform wird von der Wissenschaft, allen gesellschaftlich relevanten Gruppen und der überwältigenden Mehrheit der Versicherten und Bürger abgelehnt. Diese Reform würde das Gesundheitswesen nur in die Sackgasse einer Zentralverwaltungswirtschaft führen und seines besonderen Charakters eines durch die Beteiligten in Selbstverwaltung gesteuerten Systems berauben. Die Versorgung der Menschen im Land würde schlechter und wegen des höheren Bürokratieaufwandes teurer.
I. Für Vielfalt und Wettbewerb
Das deutsche Gesundheitswesen zeichnet sich durch Vielfalt und einen sich entwickelnden Wettbewerb aus. Im Wettbewerb stehende Krankenkassen und ihre Verbände verhandeln mit den Vertretern der Leistungserbringer in einem offenen Suchprozess über die besten Lösungen für die Versicherten. Dieser Wettbewerb droht durch weitgehende Beseitigung der Vertragskompetenzen der Beteiligten und damit eine faktische Verstaatlichung abgelöst zu werden. Lösungen werden dann in der Regel nicht mehr auf dem Verhandlungsweg gefunden: Stattdessen würden diese staatlich vorgegeben oder durch Vereinheitlichung auf Bundesebene festgelegt. Mittel hierfür wäre der neue "Einheitsverband" der Krankenkassen, dessen Behördencharakter eine Steuerung durch das Bundesministerium für Gesundheit ermöglicht.
Die unterzeichnenden Partner der Gesundheitsversorgung sind der Überzeugung, dass Pluralität und sinnvoller Wettbewerb effizientere Prozesse und bessere Ergebnisse bei der Versorgung der Menschen ermöglichen als ein staatliches Monopol mit zusätzlicher Bürokratie. Sie sind zudem der Auffassung, dass die Pluralität der Krankenversicherungssysteme erhalten bleiben soll.
II. Für ein demokratisches, selbstverwaltetes Gesundheitswesen
Das deutsche Gesundheitswesen zeichnete sich in der Vergangenheit durch seine staatsferne Organisation aus. Es wird durch demokratisch gewählte Vertreter von Versicherten, Arbeitgebern und Leistungserbringern unter Nutzung ihres Fachwissens in Selbstverwaltung gesteuert. Damit werden Interessenkonflikte transparent ausgetragen und es findet ein Ausgleich der Interessen statt.
Diese Selbstverwaltung wird ihrer Kompetenzen weitgehend beraubt. So sollen künftig nicht mehr die unmittelbar beteiligten Partner die gesetzlichen Vorgaben zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung konkretisieren, sondern hauptamtliche Funktionäre. Damit wird aus dem gemeinsamen Bundesausschuss eine staatliche Regulierungsbehörde.
Die Unterzeichner fordern, am Prinzip der Selbstverwaltung als drittem Weg zwischen Markt und Staat festzuhalten, weil dieses am besten geeignet ist, ein modernes und komplexes Gesundheitswesen mit entsprechenden Interessenkonflikten zu steuern. Auseinandersetzungen im Gesundheitswesen spiegeln reale Interessen wider, die sich nicht durch staatliche Regulierung aufheben lassen. Der Versuch, durch technokratische Lösungen zu mehr Effizienz zu gelangen, ist zum Scheitern verurteilt.
III. Für eine nachhaltige Finanzierung
Das deutsche Gesundheitswesen zeichnet sich durch eine Finanzierung aus, die weitgehend unabhängig von öffentlicher Haushaltslage und politischem Kalkül auf Basis von Beitragszahlungen an die Krankenkassen erfolgt.
Die Finanzhoheit der einzelnen Krankenkassen soll durch eine staatliche Beitragsfestsetzung und eine staatliche Zuweisung von Mitteln aus dem geplanten Gesundheitsfonds abgelöst werden. Die für die Versorgung zur Verfügung stehenden Finanzmittel wären damit dauerhaft Gegenstand der politischen Diskussion und von der öffentlichen Haushaltslage abhängig. Alle internationalen Erfahrungen zeigen, dass eine starke staatliche Steuerung zu einer Unterfinanzierung des Gesundheitswesens führt. Die Unterzeichner fordern deshalb eine von finanzpolitischen Entscheidungen unabhängige und nachhaltige Finanzierung der Gesundheitsversorgung. Diese Finanzierung muss dauerhaft Innovationen und medizinischen Fortschritt gewährleisten sowie die demographische Entwicklung berücksichtigen.
IV. Für Freiheit und Innovation
Das deutsche Gesundheitswesen zeichnet sich durch eine an den individuellen Bedürfnissen der Menschen orientierte Versorgung sowie durch Gestaltungsmöglichkeiten für alle Beteiligten aus. Jetzt soll das Gesundheitswesen mit dem Ziel umgewandelt werden, die Beziehungen zwischen Patienten, Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenkassen staatsdirigistisch vorzuschreiben. Statt gesellschaftliche Diskussionen und Suchprozesse der Partner im Gesundheitswesen zu Gunsten bestmöglicher Behandlung und Diagnostik zu ermöglichen, drohen durch staatliche Festlegungen Überregulierung, Bürokratie und Zuteilungsmedizin.
Die Unterzeichner fordern, die bislang an den individuellen Bedürfnissen der Menschen orientierte Versorgung zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu müssen die Gestaltungsmöglichkeiten aller Beteiligten ausgeweitet und nicht - wie vorgesehen - eingeschränkt oder gar beseitigt werden. Notwendig ist ein wirklicher Neuanfang bei der Gesundheitsreform, bei dem die Selbstverwaltung von Krankenkassen und Leistungserbringern ihren Sachverstand einbringen muss. Berlin, im Oktober 2006
ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Berlin Bundesärztekammer, Berlin Bundeszahnärztekammer, Berlin Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Berlin Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Berlin Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Köln Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen Verband der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV), Köln
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