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- AZ 7/2006
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Kommentar
Tiefes Misstrauen
Die wohl größte Kuriosität des AVWG ist die Ungleichbehandlung zweier ökonomisch identischer Vorgänge - Bar- und Naturalrabatt. Entgegen allen Rufen nach Entbürokratisierung wird dies zu vielen umständlichen Rechnungsstellungen führen. Doch welches Motiv kann hinter einer solchen Absurdität stecken? - Die Rabattgegner bemühen stets den vermuteten Anreiz zur Substitution als Argument.
Abgesehen von den sachlichen Irrtümern über vermeintlich vielfältige Auswahlmöglichkeiten und zusätzliche Erträge scheint mir dies einen viel tiefer liegenden Hintergrund zu haben: tiefes Misstrauen gegenüber der Institution des freien Heilberuflers. Denn auch ein anders gestaltetes Rabattverbot wäre höchstens dann logisch, wenn der Apotheker als ein windiger Händler betrachtet wird, der den kurzfristigen Profit maximiert - und nicht als verantwortungsbewusster Heilberufler, der seine Patienten schnell und zweckmäßig versorgen möchte.
Ein solches Freiberuflerbild würde zugleich den schwelenden Disput mit den Verbraucherschützern erklären. Nach der Logik der Verbraucherschützer ist der Apotheker allein deshalb kein unabhängiger Berater, weil er von der Abgabe der Arzneimittel lebt, wie auch immer die Honorierung aussieht - neue Preisbildung hin oder her. So sehen sich die Verbraucherschützer selbst als Gralshüter der Unabhängigkeit, allein weil sie nicht an den Produkten verdienen. Dass sie auch Interessen haben, etwa im Wettbewerb verschiedener Verbraucherschützer untereinander um die Meinungshoheit, wird dabei verschwiegen.
Sowohl in der Rabattdiskussion als auch bei der Aufgabenverteilung zwischen Verbraucherschützern und Heilberuflern wird das Selbstverständnis des Freiberuflers ignoriert. Er definiert sich selbst als Vertreter der Interessen seiner Patienten oder Kunden. An diese uralte Idee eines unabhängigen Sachwalters, der durch eine Gebührenordnung geschützt wird, erinnern sich offenbar nicht einmal in einer großen Koalition genügend Politiker. Auch die Logik des ehrenhaften Kaufmanns, der seine Kunden morgen noch behalten möchte, scheint sie nicht zu überzeugen. Stattdessen gilt: Wer an einer Sache verdient, ist per se verdächtig. So sind die Verbraucherschützer entstanden, die eine Aufgabe wahrnehmen, die schon an die unabhängigen Freiberufler vergeben war. Vielleicht sind die vielen Apothekentests auch eine Form des Wettbewerbs. Denn wenn die unabhängige Beratung in der Apotheke unumstritten bliebe, wären die Verbraucherschützer auf diesem Gebiet überflüssig.
Thomas Müller-Bohn
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