Arzneimittel und Therapie

Rheumatoide Arthritis: Toll-like-Rezeptoren und Chaperone

Das zunehmende Verständnis der immunpathologischen Prozesse, die einer rheumatoiden Arthritis zugrunde liegen, hat zur Entwicklung zielgerichteter Therapeutika geführt. Ein ganz neuer Therapieansatz ist die Blockade der Toll-like-Rezeptoren durch Chaperone. Erste Ergebnisse einer kleinen Phase-II-Studie sind positiv.

Bei der rheumatoiden Arthritis bestehen immunologische Fehlregulationen, die unter anderem zu einer vermehrten Freisetzung pro-inflammatorischer Zytokine (z. B. Tumornekrosefaktor α, Interleukin-1 und Interleukin-6) in der Synovialmembran führen. In den vergangenen Jahren wurden zunehmend Therapeutika entwickelt, die gezielt in den pathogenetischen Prozess eingreifen. Eine Möglichkeit besteht in der Blockade der Wirkungen des Tumornekrosefaktors. Auf diesem Weg wirken Etanercept, Infliximab und Adalimumab. Eine weitere Möglichkeit ist die Blockade anderer Zytokine, so die Hemmung von Interleukin-1 durch den Rezeptorantagonisten Anakinara. Ein ganz neuer Weg ist die Hemmung der durch so genannte Toll-like-Rezeptoren (TLR) aktivierten Vorgänge.

Blockade der Toll-like-Rezeptoren Toll-like-Rezeptoren gehören zum angeborenen Immunsystem und werden von immunen und nicht immunen Zellen exprimiert. Die Aktivierung von TLRs führt über eine Signalkaskade zu Entzündungsreaktionen, was bei fehlender Gegenregulation zu chronisch entzündlichen, pathologischen Prozessen führen kann. Dies ist bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen – so auch bei der rheumatoiden Arthritis – der Fall. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis werden im Synovialgewebe, in Fibroblasten und Lymphozyten einige Toll-like-Rezeptoren überexprimiert, was unter anderem zu einer verstärkten Bildung des Tumornekrosefaktors alpha und Interleukin-6 sowie zu einer Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB führt. Ein eleganter Therapieansatz ist daher die Blockade der TLRs. Dies erfolgt z. B. mit dem Hitzeschockpro–tein Chaperonin 10 (XTollTM). Dieses Protein gehört zu den Chaperonen und weist antiinflammatorische und immunmodulatorische Eigenschaften auf, die über die Hemmung der TRL-Rezeptoren zustande kommen. In einer kleineren Studie wurde seine Wirkung bei Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis untersucht.

Kleine Phase-II-Studie Für diese multizentrische und doppelblinde Studie wurden 23 Patienten mit moderater bis schwerer Arthritis randomisiert und drei Behandlungsarmen zugeteilt. Sie erhielten während drei Monaten zweimal wöchentlich intravenös Chaperonin 10 und zwar 5 mg, 7,5 mg oder 10 mg. Der primäre Studienendpunkt waren Veränderungen bei verschiedenen Scores, die zur Charakterisierung der Krankheitsstärke herangezogen werden (Disease Activity Score, American College of Rheumatology Response Score). Ein Vergleich mit einem Placebo fand nicht statt.

Von Tag 14 an setzte bei allen Probanden eine Besserung ein, die bis zu Tag 84 anhielt. Die hohe Dosis (10 mg) von Chaperonin 10 hatte am Ende der Studie bei sechs Teilnehmern zu einer 20%igen Verbesserung, bei vier Probanden zu einer 50%igen Verbesserung und bei zwei Patienten zu einer 70%igen Verbesserung geführt. Eine klinische Remission war bei 13% der Studienteilnehmer feststellbar. Drei Probanden beendeten die Studie nicht. Die häufigsten Nebenwirkungen waren eine Verschlechterung der rheumatoiden Symptomatik und Infektionen des oberen Respirationstrakts.

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

Toll-like-Rezeptoren

Toll-like-Rezeptoren (TLR) spielen eine wichtige Rolle in der angeborenen, unspezifischen Immunität und können als Sensoren für Krankheitserreger betrachtet werden. Sie erkennen bestimmte endogene Liganden und krankheitsassoziierte Bestandteile von Viren, Pilzen oder Bakterien und reagieren darauf mit Entzündungsreaktionen. Mit "Toll" wurde ursprünglich ein Rezeptor bei der Fruchtfliege Drosophila melanogaster bezeichnet, den ein Forscherteam um die Tübinger Medizin-Nobelpreisträgerin von 1995 Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Vollhard geklont hatte. Später wurden ähnliche Strukturen auch beim Menschen entdeckt (daher die Bezeichnung Toll-like-Rezeptor). Bisher sind rund zehn verschiedene Arten von Toll-like-Rezeptoren identifiziert.

Chaperone

Chaperone (vom engl. Chaperone "Anstandsdamen") sind Proteine, die die Faltung anderer Proteine kontrollieren. Unter Stressbedingungen (z. B. bei Temperaturerhöhung) wird in der Zelle die Expression einiger Chaperone verstärkt, weshalb diese Proteine aus historischen Gründen den Namen Hitzeschockproteine (HSP) tragen. Unter extremen Bedingungen sorgen diese Hitzeschockproteine für eine Rückfaltung der denaturierten Proteine und erhöhen dadurch das Überleben des betroffenen Organismus. Viele dieser Hitzeschockproteine spielen auch bei normalen Zellprozessen eine wichtige Rolle und "assistieren" bei der Faltung und Zusammenlagerung anderer Proteine.

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