Wie Sie gutes Personal binden und halten

"Ich bin fest überzeugt davon, dass Internetapotheken die gut beratenden und gut aufgestellten Apotheken nicht gefährden werden." So äußerte sich Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse AOK Rheinland/Hamburg, nach dem DocMorris-Urteil. "Gut aufgestellt" – was heißt das? Zwei Aspekte sind wichtig: die Kundenorientierung – und leistungsstarke Mitarbeiter, die es als ihre Verpflichtung ansehen, das Beste für die Apotheke zu leisten.

Leistungsträger durch individuelle Mitarbeiterführung an die Apotheke binden

Leistungsstarke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ein Apotheker kann dies fordern und fördern. Eine Umfrage der Unternehmensberatung Towers Perrin unter 3200 deutschen Arbeitnehmern lässt Rückschlüsse auf die Stellschrauben zu, an denen sie drehen müssen. Die Motivationsstudie kommt zu dem Ergebnis: Mitarbeiter sind motiviert, wenn – dieser Punkt landete auf Platz 1 – der Vorgesetzte sich wahrhaft an ihnen interessiert zeigt. Und sie wollen, dass sie Entscheidungsfreiheit haben, ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten offen stehen und der Chef sie an konkreten Zielvorgaben misst.

Topmitarbeiter zeichnen sich dadurch aus, dass sie intrinsisch motiviert und voller Eigenengagement, stressresistent und durchsetzungsfähig, risikobereit und ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind.

Gerade dies verleitet so manchen Vorgesetzten zu der irrigen Annahme, sie müssten sich um ihre Höchstleister nicht weiter kümmern, nach dem Motto: "Die arbeiten auch ohne Unterstützung gut!" Bis sie von der Konkurrenz abgeworben werden. Wer seinen Leistungsträger an die Apotheke binden will, sollte sich zu den in der Studie genannten Motivationstreibern Maßnahmen einfallen lassen, die individuell auf sie zugeschnitten sind.

Individuell deshalb, weil jeder Mitarbeiter über eine individuelle Motivationsstruktur verfügt – die der Apotheker im persönlichen Gespräch herausfinden sollte. Weist der leistungsstarke Mitarbeiter das Motivationsmuster

  • "Leistung/Tätigkeit/Selbstverwirklichung" auf? Konsequenz: Der Apotheker bietet ihm Raum zur freien Entfaltung seiner Leistungsmöglichkeiten und zum Ausleben der Werte, die ihm wichtig sind.
  • "Wir-Gefühl/Kontaktbedürfnis"? Konsequenz: Er ermöglicht die Arbeit im Team und in Gruppen.
  • "Finanzielle Verstärkung"? Konsequenz: Er denkt über spezielle Ent- und Belohnungssysteme nach.
  • "Privatleben"? Konsequenz: Er beachtet, dass sich die Motivationsstruktur des Mitarbeiters nicht allein aus beruflichen Quellen speist.

Strategie I: Vertrauenskultur aufbauen

Wenn der Apotheker die Motivationsstruktur analysiert hat, kann er die angemessene Strategie einsetzen, die zur Mitarbeiterbindung führt – etwa die Strategie "Vertrauensaufbau": Der Apotheker baut Vertrauen auf, wenn er ehrlich und offen agiert, dem leistungsstarken Mitarbeiter Platz lässt für eigene Entscheidungen und ihm Möglichkeiten eröffnet, Arbeitsprozesse selbstständig zu beeinflussen. Eine Vertrauenskultur (s. AZ 2006, Nr. 30, S. 5) lässt ihn spüren, dass er dem Vorgesetzten wichtig ist – nicht nur als Leistungsträger, auch als Mensch.

Strategie II: "Beteiligung an Zielfestlegung"

Leistungsstarke Mitarbeiter lehnen es vehement ab, Anweisungen "von oben" erteilt zu bekommen. Sie möchten sich mit den Zielen des Apothekers identifizieren und aktiv zur Zielerreichung beitragen. Dazu ist es notwendig, dass sie diese Ziele nachvollziehen können und zugleich das Recht haben, sie kritisch zu hinterfragen.

Indem der Apotheker den Leistungsträger an der Zielformulierung, zumindest aber an der Frage, wie die Ziele konkret umgesetzt werden können, aktiv beteiligt, stellt er sicher, dass er sich engagiert – und vielleicht andere Mitarbeiter mitreißt.

Durch das Recht zur Mitbestimmung nimmt der Apotheker die Mitarbeiter hinsichtlich der Zielerreichung in die Pflicht und in die Verantwortung – und genau das ist es, was ein Leistungsträger wünscht. Ein Beispiel: Die Zielsetzung lautet "Kundenorientierung erhöhen". Apotheker und Mitarbeiter überlegen gemeinsam, was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen. Der Chef bittet den Angestellten darum, eigene Vorschläge zu unterbreiten – er soll spüren, dass ihm an seiner Meinung und seinen Ideen gelegen ist.

Dabei sollte der Apotheker die Zielvereinbarungen auf konkrete Aktivitäten herunterbrechen, die messbar, nachprüfbar und zeitlich und qualitativ klar beschrieben sind. Dazu vereinbart er mit dem Mitarbeiter genaue Maßnahmen und verknüpft sie mit Parametern, die an dessen individuelle Situation angepasst sind.

Strategie III: "Qualifizierung durch Coaching"

Leistungsträger zeigen im fachlich-pharmazeutischen Bereich kaum Schwächen – wenn es Verbesserungspotenzial gibt, so liegen sie zumeist im Verhaltensbereich. Darum sollte der Apotheker ein spezielles Weiterbildungskonzept auflegen, in dessen Mittelpunkt ein Vier-Augen-Coaching steht. Denn die Kompetenzen eines Leistungsträgers lassen sich nicht in einem klassischen Seminar oder Training steigern – dazu ist eine individuellere Vorgehensweise notwendig.

Die Stärke eines Coachings liegt in der intensiven persönlichen Beziehung zwischen dem Coach – also dem Apotheker oder einem externen Trainer und Coach – und dem Coachee, also dem Mitarbeiter. Das Konzept: Der Coachee lernt direkt vom Coach und setzt das Gelernte mit dessen Unterstützung in der Berufspraxis ein – also am Arbeitsplatz in der Apotheke.

Dabei tritt der Coach nicht als "allwissender" Experte auf, der den Coachee mit vorgefertigten Lösungen bedient. Vielmehr begleitet der Coach den Coachee auf dem Weg zu einem selbst gesteckten Ziel, er ist gleichberechtigter Gesprächspartner und Feedbackgeber. Das individuelle Vier-Augen-Coaching ist geeignet, gerade dem Leistungsträger mit hoher fachlicher Kompetenz im Verhaltensbereich Unterstützung zu geben.

Begleitung am Arbeitsplatz hilft

Vielen Mitarbeitern fällt es schwer, den Bewusstseinswandel vom "Rezepteinlöser" zum "beratenden Verkäufer", der aktiv Verkaufstechniken einsetzt, um Zusatzgeschäfte abzuschließen, zu vollziehen. Wenn der leistungsstarke Mitarbeiter Probleme damit hat, könnte ein Coach oder der Apotheker ihm bei seinen ersten "Verkaufsgesprächen" beobachtend zur Seite stehen und nach dem Kundenberatungsgespräch korrigierendes Feedback geben. Die Erfahrung zeigt: Leistungsträger lernen durch die arbeitsplatznahe Begleitung sehr schnell und sind rasch in der Lage, eigenständig zu handeln..

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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