Kommentar
"Apothekenpreise? Nein danke!"
Tschechische Versandapotheke greift an
Mit einem 32-seitigen Prospekt voll mit reduzierten Arzneimitteln ("bis zu 50%"), verteilt an die Haushalte, geht die VfG-Versandapotheke in die Offensive. Sie will damit sichtlich den DocMorris-Aktivitäten Paroli bieten.
Dem Kunden erschließt sich erst auf den zweiten Blick, dass die VfG-Versandapotheke eigentlich eine Apotheke mit Sitz in Tschechien ist. Auf der Internetseite heißt es dazu: "Die VfG Versandapotheke liegt direkt hinter der deutschen Grenze (bei Dresden) und ist eine ganz normale Apotheke in Tschechien mit allen rechtlichen Zulassungen und strengen Auflagen. Bereits heute nutzen tausende von deutschen Kunden unsere günstigen Preise. Profitieren auch Sie von unserem Motto: Apothekenpreise? Nein Danke! Preiswerte, gute Arzneimittel. Das ist die Aufgabe der VfG Versandapotheke." Als Geschäftsführer fungiert Dr. Christian Schleuning.
Der Kunde, der nicht online bestellt, erhält allerdings den Eindruck, die Apotheke befinde sich in Leipzig. Denn schriftliche Bestellungen oder das Einsenden der Rezepte erfolgt an die Leipziger Adresse.
Der kunterbunte Prospekt ist im Stil der Prospekte von Elektronikversandhäusern gehalten, er erinnert an alles andere als an einen seriösen Arzneimittelverkauf – es geht um Billigstpreise. Die Produkte werden in kleinen Bildchen vorgestellt und einem Kurztext, der die Anwendungsgebiete erläutert (das müsste man mal überprüfen, inwieweit dies rechtens ist). Auf jeder Seite wird zweimal der Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie …" abgedruckt.
Die kommerzielle Krönung findet sich in der Mitte des Prospekts: ein Hinweis darauf, dass der Kunde einen 5 Euro-Einkaufsgutschein erhält pro eingesandtem Rezept mit mindestens zwei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Die Gutscheine können für "frei verkäufliche Artikel" aus dem VfG-Sortiment eingelöst werden. Dem Kunden wird plakativ vorgerechnet, was er an Gutscheinen erstattet bekommt, z. B.: "Sie reichen 2 Rezepte jeden Monat ein. Dann erhalten Sie 12 x 10 € = 120 € pro Jahr." Nach meiner Auffassung muss hier dringend hinterfragt werden, ob dies nicht zum Mehrkonsum von Arzneimitteln anregt oder dazu, sich bei Ärzten Rezepte auf Kosten der GKV zu besorgen, um damit Einkaufsgutscheine zu kassieren. Interessanterweise wird auch ein Hinweis auf die Zur-Rose-Versandapotheke veröffentlicht – da scheint es Verbindungen zu geben.
Da stellt sich für uns Pharmazeuten die Frage: Woher bekommt die tschechische Apotheke ihre deutsche Originalware?
Außerdem: Hat man hier überhaupt eine Zugriffsmöglichkeit, um dieses Rabattgebaren zu stoppen? Nachdem erst in dieser Woche das DocMorris-Urteil rechtskräftig geworden ist, wonach die Arzneimittelpreisverordnung für die niederländische Apotheke nicht gilt, und es auch nicht angreifbar ist, wenn sie auf Zuzahlungen verzichtet, habe ich wenig Hoffnung, dass man diesem Treiben aus dem Ausland Einhalt gebieten kann.
Die Politiker wurden immer wieder auf die Nachteile hingewiesen, die vom Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausgehen. Aber sie haben sich für den Versandhandel entschieden. Die Konsequenzen tragen jetzt die heimischen niedergelassenen Apotheken.
Geht die seriöse Pharmazie in der Billigpreisschlacht unter?
Peter Ditzel
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