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Arzneimittel und Therapie
Atazanavir für therapienaive HIV-Patienten
Atazanavir ist ein azapeptidischer HIV-1-Proteasehemmer. Der Wirkstoff blockiert selektiv das virusspezifische Processing der viralen gag-pol Proteine in HIV-1-infizierten Zellen und verhütet auf diese Weise die Bildung reifer Virionen sowie die Infektion weiterer Zellen. Grundlage für diese Zulassungserweiterung war die Castle-Studie, in der Atazanavir gemeinsam mit Ritonavir bei therapienaiven HIV-1 infizierten, erwachsenen Patienten mit dem Ziel des Nachweises der Nicht-Unterlegenheit gegen Lopinavir/Ritonavir getestet wurde. An der offenen, 96-wöchigen multizentrischen Studie nahmen 883 mit HIV-1 infizierte bisher unbehandelte Patienten teil. 440 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Patienten erhielten einmal täglich 300 mg Atazanavir und 100 mg Ritonavir, während 443 Patienten zweimal täglich 400/100 mg Lopinavir/Ritonavir verabreicht wurde, jeweils mit einer einmal täglich eingenommenen Kombination einer Dosis von 200 mg Emtricitabin/300 mg Tenofovirdisoproxilfumarat. Alle Patienten hatten eine Ausgangsvirenlast von mindestens 5000 Kopien/ml. Für die Teilnahme an der Studie gab es keine Einschränkungen bezüglich der Anzahl an CD4+ -Zellen. Der primäre Endpunkt der Studie bestand darin herauszufinden, welcher Anteil von Patienten nach 48 Wochen eine Virenlast von weniger als 50 Kopien/ml aufweisen würde.
Besseres Magen-Darm- und Lipidprofil
Im Gegensatz zu anderen Protoneninhibitoren beeinflusst Atazanavir das Lipidprofil der Patienten nicht negativ. Allerdings treten unter Atazanavir bei mehr als der Hälfte der Patienten Bilirubin-Erhöhungen auf. Es kann sich sogar ein manifester Ikterus entwickeln. Als Ursache dafür wird ein ansonsten harmloser Gendefekt diskutiert. Obwohl die Hyperbilirubinämie harmlos sein soll und schwere hepatische Störungen bislang nur vereinzelt beschrieben wurden, sollten die Leberwerte unter Atazanavir kontrolliert und es bei Ikterus und erheblicher Bilirubinerhöhung abgesetzt werden.
Die Studienergebnisse zeigten, dass die Wirksamkeit bei beiden Studienarmen ähnlich war; 78% der Patienten (n = 343/440), die ein Mal täglich Atazanavir/Ritonavir einnahmen, erreichten den primären Endpunkt einer nicht nachweisbaren Viruslast (definiert als weniger als 50 Kopien/ml) nach 48 Wochen, verglichen mit 76% der Patienten (n = 338/443), die zweimal täglich Lopinavir/Ritonavir nahmen. Die sicherheitsrelevanten Vorfälle waren konsistent mit früheren Erfahrungen. Patienten, die Atazanavir/Ritonavir einnahmen, litten seltener an Grad-2- bis 4-Nebenwirkungen wie Diarrhö (2%) und Übelkeit (4%) als Studienteilnehmer, die mit Lopinavir/Ritonavir behandelt wurden (11% bzw. 8%).
Warum Proteasehemmer gemeinsam mit Ritonavir?
Ritonavir ist ein sehr potenter Inhibitor des Isoenzyms Cytochrom P4503A4. Durch die Hemmung dieser gastrointestinalen und hepatischen Enzymsysteme können die pharmakokinetischen Parameter fast aller Proteasehemmer deutlich gesteigert werden. Man spricht daher vom "boostern". Dieses Zusammenspiel zwischen Ritonavir und den Proteasehemmern ermöglicht eine Reduktion der Tablettenanzahl sowie der Häufigkeit der Einnahme, das tägliche Einnahmeschema wird wesentlich vereinfacht. Unter geboosterten Proteaseinhibitoren wurden zumindest bei therapienaiven Patienten so gut wie keine Resistenzen beobachtet. Sie werden deshalb insbesondere bei Patienten mit hoher Viruslast eingesetzt. Die Boosterung mit Ritonavir birgt jedoch auch Risiken. So ist die interindividuelle Schwankungsbreite der Plasmaspiegel sehr hoch. Neben den Talspiegeln werden auch die Spitzenspiegel angehoben, so dass auch vermehrt unerwünschte Wirkungen auftreten können. Bei jeder Boosterung müssen die Plasmaspiegel bestimmt werden, da das Ausmaß der Interaktionen im Einzelfall nicht vorhergesagt werden kann. Oft sind dann Dosisanpassungen erforderlich.
Zum WeiterlesenProteasehemmer Atazanavir Neue Arzneimittel 2004, Nr. 8, S. 76-79.
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Quelle
Europäische Kommission erteilt Zulassung für Atazanavirsulfat in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln für HIV-1-infizierte Erwachsene, die zuvor noch nicht behandelt worden waren; 24. Juni 2008.
Fachinformation Reyataz® Hartkapseln, Stand April 2008.
ck
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