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- AZ 29/2009
- Verkehrsdelikte "light
Recht
Verkehrsdelikte "light"
Alltag an deutschen Ampeln: Bei "Gelb" wird oft versucht, noch schnell vor dem Wechsel auf Rot "rüberzuhuschen". Das ist allerdings nicht erlaubt. Bei "Gelb" darf nicht noch mal Gas gegeben werden. Ausnahme: Ist zum Anhalten vor der Rotphase eine Notbremsung erforderlich und könnten dadurch andere (insbesondere die nachfolgenden) Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, so darf weitergefahren werden. Ansonsten kostet ein "unnötiges" Gasgeben vor der Rotphase zehn Euro Verwarnungsgeld.
Eine Notbremsung wurde in folgendem Fall vom Landgericht München I nicht erkannt – wohl aber eine Unaufmerksamkeit des Nachfahrenden. Ein Autofahrer fuhr an einer Ampel auf den Vordermann auf, weil dieser bei Gelblicht abgebremst hatte. "Zu abrupt", meinte der Aufgefahrene, und forderte vom Vordermann die Hälfte des Schadens ersetzt, da er der Meinung war, dass die Gelbphase sogar für ihn auch noch ausgereicht hätte, um über die Kreuzung zu fahren. Das wertete das Gericht jedoch als Schutzbehauptung. Ihn treffe die volle Schuld, "da der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass er die erforderliche Sorgfalt im Straßenverkehr nicht eingehalten hat". Entweder sei er zu schnell, zu unaufmerksam oder zu dicht aufgefahren, so das Gericht. Dieses grobe Verschulden ließe die Betriebsgefahr des "Bremsers" auf Null sinken. (Az.: 17 S 3311/05)
Den Grundsatz bestätigte der Bundesgerichtshof. Dort ging es zudem um eine "Vorampel", die 150 Meter vor der Ampelkreuzung per Blinklicht das folgende Rotlicht ankündigt. Es stand zur Diskussion, ob Autofahrer bereits wegen dieses Blinklichts ihre (zulässige) Geschwindigkeit zu mindern haben. "Nein", so der BGH. Autofahrer müssten nur dann anhalten, wenn die Ampel auf "Gelb" umspringe und ihnen "dies mit normaler Betriebsbremsung noch möglich" sei. Reiche dagegen der Bremsweg bei mittlerem Bremsen nicht aus, sei vielmehr "starkes oder gar gewaltsames Bremsen mit Blockierspur nötig", so entfalle grundsätzlich die Wartepflicht. (Az.: VI ZR 228/03)
Probleme beim (nicht) Blinken – und (nicht) Abbiegen
Wenn ein aus einer Nebenstraße kommender Autofahrer nach links auf eine Hauptstraße abbiegen will, muss er unmittelbar zuvor noch mal nach links sehen, um festzustellen, ob er tatsächlich ungefährdet einbiegen kann. Unterlässt er das und kommt es zu einem Crash, weil ein Vorfahrtsberechtigter angezeigt hatte, rechts einbiegen zu wollen, kurz vor der Kreuzung den Blinker aber wieder ausschaltete, so haftet für den Schaden der Einbiegende zu 75 Prozent, der "Gläubige" zu 25 Prozent. Die dreimal so hohe Schadenquote begründete das Saarländische Oberlandesgericht damit, niemand dürfe sich "blind" darauf verlassen, dass ein vom Autofahrer gesetzter Richtungsanzeiger von ihm auch wirklich befolgt werde. (Az: 4 U 228/07-78)
Erweckt eine Autofahrerin dadurch den Eindruck, sie wolle nach rechts abbiegen, dass sie die Geradeausspur verlässt und langsam auf die Rechtsabbiegerspur wechselt – ohne allerdings den Blinker zu betätigen –, so teilt sie sich mit einem überholenden Fahrzeugführer den Schaden, wenn sie ruckartig auf den ursprünglichen Fahrstreifen zurückkehrt und es zur Kollision kommt. Der nachfolgende Autofahrer kann nicht den vollen Schadenersatz verlangen, weil er seinen Überholvorgang in einer unklaren Verkehrslage begonnen hat. (Saarländisches Oberlandesgericht, 4 U 47/05)
Vertraut eine Autofahrerin, die an einer Kreuzung links abbiegen will, darauf, dass ein ihr entgegenkommender Lieferwagen rechts abbiegt, weil der rechts geblinkt hatte, so muss sie 35 Prozent des Schadens tragen, wenn sie mit dem – schließlich geradeaus weiter fahrenden – Lieferwagen zusammenstößt. Die Frau hätte auch das "offensichtliche Verhalten" des nicht auf die Rechtsabbiegerspur wechselnden, sondern auf der mittleren Spur weiter fahrenden Lieferwagenfahrers beachten müssen. (Landgericht Duisburg, 1 O 55/04)
Parkschein
Stellt ein Autofahrer seinen Wagen auf einem öffentlichen Stellplatz ab und will er am Parkscheinautomaten ein Ticket ziehen, so kann er sich nicht gegen ein Bußgeld von 5 Euro wehren, wenn sein 50-Cent-Stück vom – erkennbar funktionstüchtigen – Automaten nicht akzeptiert wird und er lediglich seine Parkscheibe auslegt. Er hätte sich anderes Kleingeld besorgen oder seinen Pkw anderswo unterbringen müssen. Autofahrer sind "gehalten, so viele Versuche mit verschiedenen Münzen zu tätigen, bis der Lauf der Parkuhr beziehungsweise die Produktion des Parkscheins ausgelöst worden ist" – soweit das Gerät funktionsfähig ist. Derjenige, der nur nicht akzeptierte Münzen einwerfe, stehe demjenigen gleich, der keine Münze einwerfe, so das Oberlandesgericht Hamm. (Az.: 3 Ss OWi 576/05)
Parken zwei Autofahrer mit ihren Kleinwagen in einer Parkbox und lösen sie am Parkscheinautomaten nur ein Ticket, so kann einer von ihnen mit einem Bußgeld (das hier vom Amtsrichter von 5 auf 10 Euro erhöht worden war) belegt werden. Die Parkgebühr ist nicht pro Abstellplatz, sondern pro Pkw zu entrichten; in jedem Wagen ist ein Parkschein auszulegen. (Oberlandesgericht Koblenz, 1 Ss 117/03)
Grüner Pfeil
Ist das Rechtsabbiegen an einer Ampelkreuzung durch einen "grünen Pfeil" erlaubt, so begeht eine Autofahrerin einen Rotlichtverstoß, wenn sie abbiegt, ohne an der Haltelinie zu stoppen, um den Querverkehr zu beobachten. Ein grüner Pfeil ist wie ein Stopp-Schild zu behandeln. (Hier fuhr die Autofahrerin ihrem Vordermann, der sich vorschriftsmäßig verhielt, direkt hinterher, ohne noch einmal anzuhalten.) (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 2 Ss 45/04)
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