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Glaube kann Berge versetzen – oder eine Klinik darauf bauen

BERLIN (tw). Das Hospital Diospi Suyana ist eine hochmoderne Klinik. Es verfügt über vier mit modernster Technik ausgestattete Operationssäle, zwölf freundlich eingerichtete Sprechzimmer, ein großes Labor, einen Intensivbereich mit fünf Betten, eine Endoskopie-Abteilung mit sechs Videoendoskopen, einen radiologischen Bereich mit CT und digitalem Röntgen, ein Bettenhaus mit 60 Betten sowie eine gut sortierte Apotheke. Die Infrastruktur der Klinik erstreckt sich über eine Fläche von 3,5 Hektar Land, eine Dentalklinik ist gerade im Bau. Ein modernes Haus wie jedes andere könnte man denken – und doch ist das Hospital Diospi Suyana ganz anders.
Auf 3,5 Hektar Land erstreckt sich die Klinikinfrastruktur des Hospital ­Diospi ­Suyana.

Fotos: John

Das Krankenhaus, dessen Wert auf über zehn Millionen US-Dollar geschätzt wird, ist kein Universitätsklinikum einer westlichen Metropole oder eine luxuriöse Privatklinik für gut Betuchte. Es steht fernab der westlichen Zivilisation in den peruanischen Anden und seine Patienten sind die meist mittellosen Indianer aus den abgelegenen Bergregionen und die Armen aus dem Süden des Landes.

Schlechte Gesundheitsversorgung

Mit seiner einzigartig schönen Bergwelt, den grünen Tälern und den eindrucksvollen steinernen Zeugen des untergegangenen Inka-Imperiums wirkt Peru wie ein exotisches Paradies. Doch der Schein trügt, das Land ist arm. Die Lebensbedingungen sind hart, vor allem im Süden, dem Armenhaus des Landes, und in den abgelegenen Bergregionen, wo die Nachfahren der Inkas, die Quechua-Indianer, leben. Ihre Dörfer bestehen aus Lehmhütten, die kaum vor der rauen Witterung der Berge schützen, die hygienischen Verhältnisse sind schlecht, es mangelt an Nahrung, vorhandene Lebensmittel sind oft stark pestizitbelastet und die Gesundheitsversorgung ist dürftig. Der Andenstaat zählt nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) zu den Ländern mit der höchsten Kinder- und Müttersterblichkeit: alle acht Stunden stirbt eine Frau an den Komplikationen einer Geburt und beinahe die Hälfte aller Todesfälle sind Kinder unter fünf Jahren. Die schlechten Zukunftsaussichten treiben zahllose Menschen in die Alkoholabhängigkeit, die von der Regierung eingerichtete kostenfreie Gesundheitsversicherung für die Armen krankt an der grassierenden Korruption und erreicht dadurch gerade die Bedürftigsten nicht.

Vom Traum zur Realität

Durch dieses Land reisten 1991 der Chirurg Dr. Klaus-Dieter John und seine Frau, die Kinderärztin Dr. Martina John, als Rucksacktouristen. Ergriffen vom Elend der Indianer fasste das Wiesbadener Ärzteehepaar einen fantastisch erscheinenden Plan: Sie wollten hier in den Bergen ein Krankenhaus bauen und den Ärmsten der Armen Zugang zur modernen Medizin verschaffen. Was wie ein unerfüllbarer schöner Traum begann, ist heute Realität: Am 31. August 2007 wurde nach zwei Jahren Bauzeit die Einweihung des Krankenhauses im Beisein von 4500 Gästen gefeiert. Ermöglicht wurde Diospi Suyana, was in der Quechua-Sprache so viel heißt wie "wir vertrauen auf Gott", allein durch Geld- und Sachspenden von rund 40.000 Privatpersonen (6 Millionen US-Dollar) und 150 Firmen (4,5 Millionen US-Dollar). Um diese zu bekommen, haben die Johns 2002 mit anderen sozial engagierten Christen den überkonfessionellen Verein Diospi Suyana gegründet und wandten sich an die Öffentlichkeit. In weit über tausend Vorträgen haben sie ihre Idee und das Projekt in zehn Ländern vorgestellt und dafür gesorgt, dass das Vorhaben in gut 200 Presse- und Fernsehbeiträgen einem breiten Publikum bekannt gemacht wurde. Das Echo für das einzigartige Projekt war riesig: Geburtstage, Hochzeiten und andere Anlässe wurden zugunsten des Missionsspitals gefeiert, Pfadfinder verkauften Altpapier, Chöre veranstalteten Benefiz-Konzerte, Frauengruppen verkauften Kuchen und Geschenkartikel aber auch Rotarier und Firmen gehören zu den Geldgebern. Hinzu kommen Sachspenden vor allem von Pharmaunternehmen und Medizingeräteherstellern aber auch von Bau-, Elektronik- und anderen Firmen. So unterstützen etwa neben dem größten Pharmaunternehmen Perus Medifarma auch Sandoz, Kreussler Pharma und das Hilfsprojekt humedica aus Kaufbeuren das Krankenhaus mit Medikamenten.

Infos im Web

Mehr über das Projekt erfahren Sie im Internet unter:

www.diospi-suyana.com.

Hier finden Sie auch alle nötigen Informationen, wenn Sie für das Krankenhaus spenden möchten.

Der Traum geht weiter

"Ich komme selbst gar nicht mehr zum Operieren", sagt John mit leichtem Bedauern in der Stimme, als er sein Projekt im Hauptstadtbüro des Deutschen Apotheker Verlags vorstellt, "ich bin die meiste Zeit unterwegs". Denn soviel sie schon erreicht haben, die Initiatoren von Diospi Suyana wollen mehr. So wird das Krankenhaus derzeit um eine moderne Zahnklinik erweitert. Bei 110 Mitarbeitern, von denen 30 Freiwillige aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA sind, liegt die aktuelle Kapazität des Hospitals bei 300 Patienten pro Tag, 100.000 pro Jahr. Doch der Bedarf ist riesig – oft müssen Patienten weggeschickt werden, weil mit den zurzeit zehn in der Klinik tätigen Fachärzten nicht genug Mediziner da sind, um alle Patienten zu behandeln. Auch die auf Spenden angewiesene Apotheke kann nicht immer alle Bedürftigen hinreichend versorgen. Und nicht nur hinsichtlich der medizinischen Versorgung will das Team mehr. Ganz wichtig ist ihnen dabei die Rolle der Einrichtung als sozialer Anlaufpunkt, als Ort, an dem den Indianern neben der physischen Versorgung Respekt, Zuwendung und Hoffnung gegeben werden – eine "Kathedrale der Liebe", wie die First Lady Perus, Pilar Nores de García, das Hospital Diospi Suyana bei seiner Eröffnung beschrieb: "Das Leben in der Gemeinschaft, in Curahuasi, in Apurímac und in Peru wäre anders, wenn wir alle das Gemeinwohl vor das eigene Interesse stellen würden, so wie die Johns es getan haben." Worte, die wir alle uns zu Herzen nehmen sollten, denn das gilt ganz sicher nicht nur für Peru.

Gut sortiert ist die Apotheke der Klinik, die sich über drei Räume verteilt.
Alle Hände voll zu tun hat die Kinderärztin Martina John. Auf dem bislang Erreichten will sie sich nicht ausruhen.

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