Gesundheitspolitik

Prämie: Rösler-Konzept gescheitert

Jetzt muss gespart werden

Berlin (lk). Nach heftigem Streit hat die Koalition Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zurückgepfiffen: Die Zusatzprämie von 30 Euro kommt vorerst nicht. Stattdessen wird stärker gespart und der Steuerzuschuss erhöht. In den nächsten zwei Wochen will Rösler ein neues Konzept vorlegen.

Dabei muss der Minister auf einen Kernpunkt seines Konzeptes verzichten: Die vorgesehene Anhebung des Arbeitgeberbeitrags von 7,0 auf 7,3 Prozent wurde gestrichen. Damit wollte Rösler Mehreinnahmen in Höhe von drei Milliarden Euro erzielen. Der Arbeitgeberbeitrag wird jetzt auf 7,0 Prozent festgeschrieben.

Bei einem Treffen der Koalitionsspitze bei Rösler am 3. Juni wurde vereinbart, 2011 stattdessen mindestens vier Milliarden Euro im Gesundheitswesen einzusparen – gut zwei Milliarden Euro mehr als bisher vorgesehen. Geredet werden soll auch über Nullrunden für Ärzte und Krankenhäuser. Im kommenden Jahr droht der GKV ohne Gegensteuern ein Defizit von bis zu elf Milliarden Euro. Vereinbart wurde zudem, den Steuerzuschuss um zwei Milliarden Euro zu erhöhen.

In zwei Wochen will Rösler jetzt ein überarbeitetes Konzept vorlegen. Die fortlaufenden Verhandlungen sollen in einer Klausur der Gesundheitspolitiker der Koalition münden. Dabei ist jetzt wieder völlig offen, ob die vom Minister favorisierte Prämie von 30 Euro und das gestaffelte Beitragsmodell noch Bestand haben werden. Nach heftigem Widerstand aus der CSU muss Rösler damit sein Konzept zum größten Teil zurückziehen.

Der Gesundheitsminister zeigte sich "empört" über die Blockade seiner Vorschläge durch die CSU: Mit "politischen Statements" und "politischem Widerstand" seien die Probleme des Gesundheitssystems nicht zu bewältigen, sagte Rösler. "Ich bin empört, dass sich die CSU nicht der politischen Verantwortung stellt."

Rösler kündigte an, dass die heutige Zusatzprämie ausgebaut werden müsse, um das für 2011 erwartete Defizit aufzufangen. Neben den erhöhten Sparanstrengungen müssten sieben Milliarden Euro über die Zusatzprämie aufgebracht werden. Umgerechnet bedeute dies pro Kopf der Versicherten eine Prämie von 15 bis 20 Euro. Für den Sozialausgleich stünden jetzt zwei Milliarden Euro Steuergelder zusätzlich zur Verfügung. Auch sein gestaffeltes Beitragsmodell bleibe als "Option auf dem Tisch". Rösler: "Ich bin fest überzeugt, dass sich gute Ansätze durchsetzen." Die Frage, ob er in den letzten Tagen an einen Rücktritt gedacht habe, beantwortete er mit einer asiatischen Lebensweisheit: "Der Bambus biegt sich im Wind, aber er bricht nicht."

Vor dem Treffen hatte der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) noch einmal seine Ablehnung der Kopfpauschale bekräftigt. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärte in der Parteizeitung bereits, die CSU habe die Einführung einer Kopfpauschale im Gesundheitswesen verhindert. "Die Kopfpauschale ist jetzt endgültig in der Versenkung. Wir werden darüber wachen, dass sie da auch bleibt."

Ursprünglich hatte Rösler vorgeschlagen, die GKV-Finanzierung von einem einheitlichen Beitrag von derzeit 14,9 Prozent für alle GKV-Versicherten auf nach Einkommenshöhe gestaffelte Beiträge umzustellen und eine kleine Gesundheitsprämie von rund 30 Euro pro Versichertem einzufordern. Der Höchstbeitrag sollte zunächst für Arbeitnehmer und Rentner auf 7,3 Prozent sinken und für Arbeitgeber auf gleicher Höhe festgeschrieben werden. Heute beträgt der Beitrag für Arbeitnehmer 7,9 und für Arbeitgeber 7 Prozent. Für die Arbeitgeber hätten sich die Lohnnebenkosten durch Röslers Vorschlag um circa drei Milliarden Euro pro Jahr verteuert. Arbeitnehmer sollten neben dem Beitrag eine von den Kassen festzulegende Prämie zahlen. Das BMG kalkulierte dafür im Jahr 2011 einen Betrag von rund 30 Euro "mit nur geringer Spreizung". Dafür sollte der heute von einigen Kassen verlangte Zusatzbeitrag entfallen. Für Einkommensbezieher an der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 3750 Euro wären nach Angaben aus Regierungskreisen danach maximal monatliche Mehrkosten von 7,50 Euro entstanden.

Damit Versicherte mit niedrigem Einkommen unter 1000 Euro nicht mehr hätten zahlen müssen als heute, sollte der Beitrag im ersten Jahr 2011 automatisch auf fünf Prozent sinken. Zwischen 1000 Euro und 3750 Euro Monatseinkommen (Beitragsbemessungsgrenze) sollten sechs Beitragsstufen eingeführt werden. Die Versicherten sollten im ersten Jahr aufgrund ihres Arbeitseinkommens oder der Rente automatisch in die richtige Beitragsklasse eingestuft werden.

Im zweiten Jahr hätten alle Versicherten gegenüber ihrer Kasse angeben müssen, ob sie über zusätzliche Einkünfte, etwa aus Vermögen oder Vermietung, verfügen. Kämen andere Einkünfte hinzu, wäre eine Neuberechnung der Beitragshöhe erfolgt. Der zu zahlende Beitrag wäre danach entsprechend dem tatsächlichen Gesamteinkommen gestiegen. Noch komplizierter würde die Berechnung, weil der so ermittelte höhere Beitragssatz nicht – wie im Bürgerversicherungsmodell der SPD – auf das Gesamteinkommen erhoben worden wäre, sondern weiterhin nur auf den sozialversicherungspflichtigen Anteil, also auf das Arbeitseinkommen oder die Rente.

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