Gesundheitspolitik

SPD: "Gigantische Nettolüge"

Opposition und Kassen kritisieren Reform

Berlin (az/dpa). Die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) treffen auf harsche Kritik. Angesichts der Zusatzbelastungen für die rund 50 Millionen zahlenden Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen warf SPD-Chef Sigmar Gabriel der schwarz-gelben Regierungskoalition eine "gigantische Nettolüge" vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle hätten den Wählern mehr Netto vom Brutto versprochen, sagte Gabriel der "Berliner Zeitung": "Jetzt kommt es genau umgekehrt."

Gabriel hielt Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) "dreisten Wortbruch" vor. Der versprochene Sozialausgleich für die steigende Zusatzprämie der Versicherten sei "ein Witz". Er komme nicht einmal Geringverdienern mit einem Einkommen von 400 bis 800 Euro zugute. Zudem sei völlig unklar, wie der Ausgleich finanziert und abgewickelt werden solle: "Die angebliche Koalition der Mitte greift eben dieser Mittelschicht in Deutschland einmal mehr tief in die Tasche und entlässt die wirtschaftlichen Lobbyisten des Gesundheitswesens aus der Verantwortung", wetterte Gabriel.

Kritische Töne kommen auch aus der CSU: "Ich kann nicht erkennen, wie das umgesetzt werden soll", sagte der sozialpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, mit Blick auf den Sozialausgleich. "Hier ist der Bundesgesundheitsminister in der Pflicht." Um überprüfen zu können, ob im Einzelfall die Zwei-Prozent-Grenze des Einkommens durch Zusatzbeiträge überschritten wird und Anspruch auf Sozialausgleich besteht, seien umfangreiche Datenzusammenführungen nötig. "Bei Rentnern müssten etwa die Daten für Betriebsrenten und gesetzliche Renten zusammengeführt werden, die bisher getrennt erfasst sind", sagte Straubinger.

Die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, kritisierte, dass die Bundesregierung mit ihren Einsparplänen deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben sei: "Insgesamt wäre mehr drin gewesen." Pfeiffer verwies darauf, dass die Einnahmen der Ärzte und der Krankenhäuser "so hoch wie noch nie" seien. "Daher wäre zumindest in diesen Bereichen eine echte Nullrunde angemessen gewesen." Der Chef der Techniker-Krankenkasse, Norbert Klusen, forderte auch künftig eine Beteiligung der Arbeitgeber an den Kostensteigerungen: "Wenn die Konjunktur gut läuft, wäre auch eine Erhöhung des Arbeitgeberanteils zur GKV angemessen", sagte er. Die Betriebe schätzten zu wenig, welchen Nutzen das Gesundheitssystem auch für sie habe.

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