Gesundheitspolitik

Kein kurzfristiges Spargesetz

BMG prüft Regelungen im Arzneimittelmarkt – ein Aus für Rabattverträge ist nicht in Sicht

Berlin (ks). Viele Generikahersteller hatten Hoffnung geschöpft: Im Koalitionsvertrag kündigten Union und FDP an, die Überregulierung im Arzneimittelmarkt abzubauen. Auch bei den Rabattverträgen wurde "Überprüfungsbedarf" angemeldet. Doch wer auf schnelle Taten der neuen Regierung setzte oder gar den Schluss zog, sie werde die Rabattverträge wieder abschaffen, dürfte sich zu früh gefreut haben. Zwar sollen die bestehenden Regulierungen in ihrer Gesamtheit auf den Prüfstand gestellt werden – aber Versprechungen zum Schicksal einzelner Instrumente macht Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (FDP) nicht.

Wolfgang Späth
Fotos: AZ/Sket

Die Stimmung war nicht die beste, als der Branchenverband Pro Generika am 28. Januar seine Gäste zum "Berliner Dialog am Mittag" empfing. Dafür sorgte das Interview mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, das an diesem Tag in der FAZ erschienen war. Dort hatte er erklärt, es sei eine "Tatsache", dass Rabattverträge "für die Versicherten Vorteile gebracht haben, weil Preise deutlich gesenkt und Ausgabenzuwächse reduziert wurden". Eine Aussage, die die "langsam ungeduldig" werdenden Pro Generika-Mitgliedsfirmen nicht ruhiger mache, erklärte der Vorstandschef des Verbandes, Wolfgang Späth.

Daniel Bahrs Eingangsstatement war ebenfalls nicht geeignet, die Hoffnung, die Rabattverträge könnten wieder eingestampft werden, zu nähren. Konkretes ist derzeit von der Führung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und aus der Regierungskoalition kaum zu erfahren. Vom "ergebnisoffenen Dialog" ist die Rede und von "Prüfungen". Bahr verwies auf den Koalitionsvertrag, demzufolge der Arzneimittelmarkt "unter patienten-, mittelstandsfreundlichen und wettbewerblichen Kriterien effizient neu geordnet" werden soll. Dazu müsse nun ein schlüssiges Konzept erarbeitet werden. Was die Rabattverträge betrifft, versicherte Bahr, im Ministerium sehe man die Probleme, die diese mit sich bringen: von der Gefährdung der Patienten-Compliance über die Schwierigkeiten des Pharmamittelstandes bis hin zur Mehrbelastung in den Apotheken. Letztere, so berichtete Bahr, erfuhr er im letzten Jahr leibhaftig, als er in einer Apotheke "hospitierte". Nun verspricht er: "Wir werden alle aufgeworfenen Fragen diskutieren und eine angemessene Lösung finden." Die Abschaffung der Verträge sei allerdings "nicht Beschlusslage" in der Koalition. Der Staatssekretär sicherte lediglich zu, dass das Kartell- und Wettbewerbsrecht zur Anwendung kommen soll. "Eine mittelstandsfreundliche Lösung liegt uns am Herzen", so Bahr. Überdies will sich die Koalition keine einzelnen Instrumente vorknöpfen, sondern sie "offen" in ihrer Gesamtheit prüfen.

Bahr für Mehrkostenregelung

Dafür hat Bahr bereits Vorschläge parat, wie man für eine größere Akzeptanz der Rabattverträge sorgen könnte: Eine Mehrkostenregelung würde aus seiner Sicht die Wahlfreiheit erhöhen und es Patienten ermöglichen, ihr gewohntes Arzneimittel beizubehalten, wenn ihre Kasse einen anderweitigen Rabattvertrag über den Wirkstoff geschlossen hat. "Wieso sollen Patienten nicht die Möglichkeit haben, die Mehrkosten selbst zu zahlen?", gab der Staatssekretär zu bedenken. Auch eine solche Regelung werde derzeit im BMG diskutiert. Biggi Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, hält von dem Vorschlag nichts: "Dieser Mehrkostenquatsch gehört in die Tonne." Sie zweifelt, dass eine solche Regelung auf Akzeptanz treffen würde. Entweder seien die Patienten nicht willens oder in der Lage die Mehrkosten zu tragen und die Rabattverträge lebten auf. Oder aber sie zahlten und die Rabattvertragspartner der Kassen verlören Marktanteile und müssten erkennen, sich verkalkuliert zu haben – dies führe die Rabattverträge ad absurdum, so Bender.

"Rasch" soll es vorangehen

Vorhaltungen, die Neuordnung im Arzneimittelsektor komme zu langsam in die Gänge, wies Bahr zurück. Er erinnerte an die letzte Legislaturperiode der Großen Koalition, die mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) als Vorschaltgesetz begann. Dieses wurde jedoch kurz darauf von der großen Gesundheitsreform überholt – bis dahin hatten die im AVWG beschlossenen Maßnahmen kaum Zeit, ihre Tauglichkeit und Wirkung zu zeigen. Die neue Regierung setze andere Schwerpunkte, so Bahr. Sie wolle die Arzneimittelversorgung im Zusammenhang mit der Finanzierung regeln. "Ein kurzfristiges Spargesetz wird es nicht geben." Auf der anderen Seite erklärte der Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU), dass es drei Projekte gebe, die besonders "rasch" angegangen werden sollen. Dazu zählten neben dem Arzneimittelmarkt die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen sowie Fragen des Versicherungsrechts und des Wettbewerbs – auch im Zusammenhang mit der privaten Krankenversicherung. Was allerdings "rasch" in Wochen oder Monaten bedeutet, ließ Singhammer offen.

Daniel Bahr

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