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Wirtschaft
DAX: Anleger bleiben vorsichtig
Die Marktlage
Es ist ein Bild, das derzeit gerne von Analysten gezeichnet wird: Der "Schwarze Schwan" – nach dem Finanzkrisen-Bestseller von Nassim Nicholas Taleb. Es steht für die Macht, die von dem Eintreffen höchst unwahrscheinlicher Ereignisse ausgeht. Finstere Gedanken aus Angst vor dem Unbeherrschbaren. Erfahrungswerte im Umgang mit derartigen Katastrophen sind am Parkett in der Tat kaum vorhanden. Vergleichbar wäre allenfalls das Erdbeben im japanischen Kobe 1995. Die Auswirkungen auf die weltweiten Aktienmärkte waren damals vergleichsweise gering. Die Perspektive des Wiederaufbaus der zerstörten Gebiete wirkte beruhigend auf die Anleger. Oder Tschernobyl 1986. Bis zu 26 Prozent Kursverlust verursachte dieser atomare Gau – allerdings wohl eher wegen der damals restriktiven Geldpolitik der Notenbanken, argumentieren heute die Analysten. Das sei mit der heutigen Niedrigzinspolitik nicht vergleichbar. Außerdem habe Nippons träges Wirtschaftswachstum der letzten 20 Jahre dazu geführt, dass Japan für die Weltwirtschaft keine so große Rolle mehr spiele. Hie und da mag zwar die Lieferkette in der Automobil- und Halbleiterindustrie unterbrochen sein, das sei aber nur vorübergehender Natur. Und auch für die europäischen, chinesischen und amerikanischen Exporte spiele Japan kaum eine Rolle. Skeptiker sehen indes in der Japankrise den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte. In einer Weltwirtschaft, immer noch geschwächt durch die Finanzkrise, durch überbordende Staatsverschuldung und inflationäre Ölpreise, gäbe es keinen Spielraum mehr für noch niedrigere Zinsen oder fiskalpolitische Hilfsmaßnahmen. Diese Munition sei schon während der letzten Krise verschossen worden. Stattdessen ertränken die Märkte im billigen Geld.
Dennoch kommt die Mehrheit der Experten zu dem Schluss: Neue Kursrückschläge seien möglich, aber ein Börsencrash drohe nicht. Der antizyklische Investor solle jetzt zugreifen, die Niedrigzinspolitik der Notenbanken und das attraktive Bewertungsniveau sprächen für Aktien. Das gelte zumindest insoweit, als in Japan nicht der Super-GAU eintrete. Dieses Worst-Case-Szenario würde laut Experten rund 45% der gesamten Wirtschaftsleistung Japans kosten und würde damit die Weltbörsen nachhaltig unter Druck setzen. Bislang geht man für Nippon lediglich von Einbußen in Höhe von 0,3% vom BIP aus und erwartet durch die Wiederaufbauprogramme bis 2012 sogar einen Anstieg von 0,2 bis 0,4%.
Bulle & Bär
Aufatmen sei angesagt, meint man bei der Commerzbank, die unter dem Strich mit weiter positiven Kursbewegungen für Aktien rechnet. Die DZ Bank wertet das derzeitige Kursniveau sogar als "sehr gute Kaufmöglichkeit". Man werde am Parkett bald wieder zur Tagesordnung übergehen. Dagegen sieht die Weberbank die Wirtschaft Japans zu eng verflochten mit den übrigen asiatischen Volkswirtschaften, was am Ende sogar zu einem Abwürgen des deutschen Exportmotors führen könne. Die Investmentfonds reagierten unterdessen bislang kaum auf die Katastrophe in Fukushima. Die Aktienquoten blieben mit Blick auf das Wachstumspotenzial durch den Wiederaufbau weitgehend unangetastet. Allerdings beinhalte das Szenario keine Kernschmelze, so ist aus Fondskreisen zu hören. Und dennoch: Es bleibt ein Spiel mit vielen Unbekannten. Die Schnäppchenjäger bauen auf eine rasche Erholung der japanischen Wirtschaft und auf nur marginale Auswirkungen der Tragödie auf die Weltwirtschaft, Die Auswirkungen des Abzugs japanischen Vermögens werden dabei momentan ebenso ausgeklammert wie die Risiken durch einen Super-Gau. Die Rückkehr zum "Business als usual" ist eine mutige Aktion der institutionellen Anleger. Bleibt zu hoffen, dass die Rechnung aufgeht.
Zerstörung in Japan – und der Yen steigt
Auf den ersten Blick widerspricht es allen volkswirtschaftlichen Regeln: Da werden wichtige Teile der japanischen Wirtschaft durch Katastrophen lahmgelegt, im gleichen Moment aber steigt die Landeswährung Yen auf ein historisches Hoch. Ausgerechnet die Währung eines Landes, das mit stolzen 200 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes verschuldet ist und permanent von einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit bedroht ist, wird nachgefragt wie nie. Was ist passiert? Trotz horrender Staatsverschuldung ist Japan eine der wichtigsten Gläubigernationen. Nippon ist der zweitwichtigste Geldgeber für die USA hinter China. Japanische Firmen und Investoren verfügen über riesige Auslandsvermögen, die nun abgezogen werden, da das Geld zu Hause für den Wiederaufbau benötigt wird. Bei dem Rücktransfer werden somit ausländische Währungen – also meist Dollar und Euro – verkauft und in Yen umgetauscht. Durch die starke Nachfrage nach japanischen Yen stieg der Kurs der Währung derart stark, dass sich sogar die Japanische Notenbank zum Eingreifen gezwungen sah. Zusammen mit anderen Notenbanken intervenierte sie und verkaufte im großen Stil Yen, weil ansonsten durch den hohen Yen der Export japanischer Güter in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.
Obwohl die hohe Staatsverschuldung Japans seit Jahren zum Dauerproblem geworden ist, beurteilen Experten die Schuldenlast durchaus differenziert. Denn anders als beispielsweise in den USA sitzen in Japan die Gläubiger im eigenen Land. Es sind mehrheitlich japanische institutionelle Anleger und wohlhabende Bürger, die mit ihrem Vermögen japanische Staatsanleihen kaufen und somit das Defizit finanzieren.
Eckdaten zum 24. März 2011 (alle Angaben ohne Gewähr) | |
DAX (24. 3., 12.00 h) |
6880 Punkte |
Dow Jones (23. 3. Schluss) |
12.086 Punkte |
Gold (Feinunze) |
1439,52 Dollar |
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt) |
1,22% |
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
|
0,95%
1,30% (ING-DiBa)
|
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
|
1,60%
2,30% (ERGO Direct AG)
|
Hinweis zur Tabelle: Die inflationären Tendenzen üben auf die Renditen im mittelfristigen Bereich Druck aus, abzulesen an den Laufzeiten von 1 Jahr und mehr, während kürzere Fälligkeiten noch von der Niedrigzinspolitik der Notenbank beherrscht werden und entsprechend wenig Bewegung aufweisen. Diese Tendenz dürfte sich in den kommenden Monaten eher noch verstärken. Lange Laufzeiten sollten vom Anleger daher eher vermieden werden.
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